Feier zur offiziellen Eröffnung des SAPV-Stützpunkts für den Kreis Ahrweiler mit Vortrag von Professor Lukas Radbruch

Multiprofessionelles Team hilft auch bei nächtlichen Krisensituationen zuhause

Start mit 17 Patienten

23.05.2022 - 16:19

Kreis Ahrweiler. Der Weg war steinig, aber nach sechs Monaten Vorlaufzeit hat die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) Rhein-Ahr-Eifel in Bad Neuenahr-Ahrweiler nun ihre Arbeit aufgenommen. „Seitdem nimmt die Zahl der Patienten-Anfragen stetig zu, und die Patienten-Betreuung nimmt Fahrt auf“, erklärte die Leitende Ärztin des hiesigen SAPV-Teams, Heide Brumhard, in der Landskroner Festhalle in Heimersheim bei der Feier zur offiziellen Eröffnung des SAPV-Stützpunkts.

„Palliativmedizin ist ganzheitliche Medizin, von Mensch zu Mensch. Im Zentrum steht hierbei nicht die Erkrankung an sich, sondern der gesamte Mensch, der an ihr leidet – mit allem, was er über sein Leiden hinaus mitbringt: seine Biografie, seine Familie und nahestehenden Menschen, seine Lebensinhalte, sowie sein soziokultureller und spiritueller Hintergrund, erklärte Brumhard. Die Palliativmedizin fokussiere auf die individuellen Bedürfnisse des Menschen, halte aus und trage mit. Konkret kümmert sich ein multiprofessionelles Team um die körperlichen, seelischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse und Fragestellungen und um den Erhalt der Autonomie des Patienten sowie um die An- und Zugehörigen als „für den Patienten so wichtigen, stabilisierenden und tragenden Menschen“, um sie zu stärken und vor Überforderung zu bewahren. Das SAPV-Team berät, koordiniert, tauscht sich mit den behandelnden Haus- und Fachärzten aus, ergänzt ambulante Pflegedienste etwa durch eine 24-Stunden-Rufbereitschaft an 365 Tagen im Jahr. Ein Hauptaugenmerk der SAPV liegt auf der Schmerztherapie und auf Symptomen wie Luftnot, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Angst, Unruhe oder Schlaflosigkeit. Es erstellt Behandlungs- und Medikamentenpläne sowie ein Konzept zur Krisen- und Notfallintervention, kann Verordnungen über Medikament - insbesondere Betäubungsmittel - ausstellen sowie für Hilfs- und Heilmittel.

Aktuell sind 17 Patienten in die SAPV-Versorgung eingeschrieben. „Eigentlich war ich darauf gefasst, überwiegend onkologische Patienten zu betreuen“, so Brumhard, aber es kämen auch viele Patienten mit internistischen Krankheitsbildern im Endstadium und mit neurologischen Erkrankungen: also nicht nur krebskranke, sondern auch Menschen mit Herzinsuffizienz und der Lungenkrankheit COPD sowie Multipler Sklerose (MS) und Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und das überwiegend aus der Grafschaft, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Remagen und Sinzig. Wichtig war Brumhard: „SAPV arbeitet in Ergänzung zu den bereits betreuenden Haus- oder Facharzt bzw. zu den ambulanten Pflegedienst und den anderen Diensten des Gesundheitswesens. Es besteht also keinerlei Grund zur Sorge, dass bereits in die Versorgung des Patienten involvierte Leistungserbringer in Frage gestellt oder verdrängt werden.“ Vier festangestellte Ärzte und sechs weitere Ärzte, die beim Bereitschaftsdienst unterstützen, sowie fünf speziell ausgebildete Pflegekräfte gehören zum Team, und es werden noch weitere Kräfte gesucht, sowohl Ärzte als auch Pflegende.

Der Personalnotstand im Gesundheitswesen war einer der Gründe, weshalb die Installierung der SAPV für den Kreis Ahrweiler nur zögernd realisiert wurde, erklärte Ulrike Dobrowolny, Vorsitzende des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr. Dieser hat gemeinsam mit der Marienhaus GmbH und den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel die Trägerschaft für die SAPV übernommen. Weitere Gründe für anfängliche Zurückhaltung seien gewesen, dass „wir uns als ehrenamtlich geführter Verein vor allem auch finanziell nicht überheben wollten, und es gab niemanden sonst im Kreis Ahrweiler, der das wirtschaftliche Risiko tragen wollte“. Darüber hinaus sei durch die Politik ein übermäßig großes Versorgungsgebiet vorgegeben worden, zu dem neben dem Kreis Ahrweiler auch Mayen und die Vordereifel gehören sollten. Dobrowolny: „Ein Dienst, der 24 Stunden sieben Tage tätig ist, hat weite Strecken zurückzulegen“ Wesentlich für die letztliche Realisierung sei gewesen, dass mit den beiden Hospiz-Vereine in Koblenz und Mayen einen Kooperationsvertrag zur Versorgung der Vordereifel und Mayens abgeschlossen wurde.

Dem Team und dem Hospiz-Verein Rhein-Ahr, sprach Maria Heine, Geschäftsführerin der Marienhaus GmbH, ihren Dank aus: „Ohne Sie wäre die Umsetzung nicht gelungen.“ An die Ärzte und Pflegekräfte gewandt konstatierte sie: „Sie haben sich da eine Aufgabe vorgenommen, die besonders ist: Ihre Mitmenschen in besonders unterstützenswürdigen und fragilen Lebenssituationen einfühlsam und kompetent zu begleiten. So ermöglichen Sie den betroffenen Menschen, in ihrer häuslichen Umgebung bis zuletzt verbleiben zu können.“ Heine stellte auch den Festredner vor: Lukas Radbruch ist Direktor der Klinik für Palliativmedizin an der Universitätsklinik Bonn und Leiter des Zentrums für Palliativmedizin am Krankenhaus Bonn/Rhein-Sieg. Er war bis 2021 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin und ist seit 2019 Mitglied in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Weil er positiv auf das Coronavirus getestet wurde, sprach er online zu seinen Zuhörern zum Thema „Bis zuletzt Zuhause - Ambulante Palliative Versorgung – Ausblick“. Er verwies zunächst auf die Zielgruppen für SAPV: „Es geht um die aktive und umfassende Versorgung von Menschen jeden Alters mit schwerem gesundheitsbezogenem Leid infolge schwerer Erkrankungen. Es geht nicht nur um sterbende Menschen mit Krebserkrankungen sondern allen schweren Erkrankungen, auch die, die vielleicht noch nicht unmittelbar im Sterbeprozess sind. Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität von PatientInnen, deren Zugehörigen und pflegenden Familien.“

Radbruch ging auf verschiedene Arten von Erkrankungen und die jeweils verschiedenen Bedürfnisse der Patienten ein. Bei Tumorkranken etwa seien der Abfall der Leistungsfähigkeit und die Notwendigkeit des SAPV-Einsatzes in der Regel gut zu erkennen. Bei Demenz- oder ALS-Kranken sei das oft schwieriger und zuweilen sei der SAPV-Einsatz auch nicht kontinuierlich sondern bloß phasenweise nötig, „wenn die nächste Krise kommt“. Er gab Beispiele aus dem Klinikalltag zum Umgang mit Symptomen wie Luftnot oder mit der Angst zu verhungern, weil ein Patient nicht mehr essen wollen, sowie genauso zum Umgang mit Todeswünschen und mit Sterben und Tod in Medizin und Gesellschaft. Klar stellte er, dass die SAPV sowohl in der Patienten-Wohnung als auch im Pflegeheim erfolgen könne. Und, dass vor dem Einsatz der SAPV – für die überdies die Krankenkassen und keineswegs die Betroffenen zahlen - eine entsprechende ärztliche Verordnung notwendig ist. „Die SAPV gibt Sicherheit“ sagte Radbruch, und sie respektiere die Wünsche der Patienten. Bei Todeswünschen gebe die Palliativmedizin keine Suizidhilfe, sondern versuche vielmehr herauszufinden, was dahinter stecke und reagiere dann: Wenn etwa ein Patient Angst habe, seinen Angehörigen zur Last zu fallen oder den Verlust von Kontrolle, Würde oder Lebenssinn fürchte. „Ich erlebe das nicht als Handlungs- sondern als Kommunikationsaufforderung“, sagte Radbruch. Das könne die auch die SAPV leisten und je nach Ursache dann für Abhilfe oder Linderung sorgen.

Kontakt zur SAPV Rhein-Ahr-Eifel: 02641/8939170, E-Mail: info@sapv-aw.de.

Pressemitteilung

Hospiz-Verein Rhein-Ahr e.V.

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