Gewaltdelikte gegenüber Polizisten haben in ganz Deutschland zugenommen

Respekt lernt man in der Familie

Respekt lernt man in der Familie

Auch bei Routinekontrollen sind die Polizeibeamten nicht von Anfeindungen sicher. Foto: Polizei NRW / Jochen Tack

21.02.2017 - 16:47

Region. In der vergangenen Woche hatten wir bereits in unserer Ausgabe von BLICK aktuell über das Thema „Gewalt gegen Polizisten“ einen Einblick in den harten Berufsalltag der Gesetzeshüter gegeben. Ein Blick auf das Jahr 2016 zeigt, dass der schwindende Respekt gegenüber Polizeibeamten ein großes Thema war.

In einer Mitteilung des rheinland-pfälzischen Innenministeriums hieß es damals: „ Innenstaatssekretär Günter Kern hat sich für deutlich mehr Respekt gegenüber Polizistinnen und Polizisten ausgesprochen. „Zunehmende Gewalt gegen unsere Beamtinnen und Beamten werden wir nicht tolerieren“, sagte Kern bei einer Veranstaltung des Forums „Gewalt gegen die Polizei“ am Donnerstag in Mainz. Seit 2010 wird das Phänomen „Gewalt gegen Polizeibeamte“ auf Initiative des Innenministeriums mit einem eigenen Lagebild sehr detailliert analysiert und den dort registrierten Fälle im Sinne der Strafverfolgung konsequent nachgegangen.

„Unsere Polizistinnen und Polizisten sind für unsere Bürgerinnen und Bürger da, für ihre Sicherheut, für ihren Schutz. Sie tragen dafür Sorge, dass unsere Gesellschaft so gut funktioniert, wie sie funktioniert“, betonte Kern auch mit Blick auf eine konstant hohe Aufklärungsquote von mehr als 61 Prozent in Rheinland-Pfalz.

Der Staatssekretär kritisierte massiv, dass die Zahl der Gewaltdelikte gegenüber Polizisten in ganz Deutschland zugenommen habe. Rechne man die Beleidigungen raus sei für 2014 ein Anstieg von 14 Prozent auf 1.258 Fälle in Rheinland-Pfalz zu verzeichnen. „Diese Zahlen sind zu hoch. Wir müssen ein gesellschaftliches Klima schaffen, bei dem Gewalt gegen Beamte nicht toleriert werde“, so Kern.

Die Landesregierung habe das Thema in einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe zum Schwerpunkt gemacht. „Es wurde Maßnahmen bei der Aus- und Fortbildung aber auch der Ausstattung ergriffen. So tragen unsere Beamten beispielsweise maßangefertigte Schutzwesten und in diesem Jahr schaffen wir 450 weitere ballistische Unterziehschutzwesten an“, sagte Günter Kern. Zudem werde der Pilotversuch des offenkundig deeskalierenden Einsatzes von Bodycams ausgeweitet. Auch das „Forum Gewalt“ sei ein wichtiges Instrument, bei dem Experten verschiedene taktische Aspekte zur Reduzierung von Angriffen gegen Polizisten erörtern.“

Die Polizei in Andernach hatte unserer Redaktion in diesem Zusammenhang einen von zahlreichen Einsätzen geschildert, der die Problematik eindrucksvoll darstell.


Blaues Auge, Krankschreibung und eingeschränkte Dienstfähigkeit


„Eine Wirtin im Bereich der Stadt Andernach ruft die Polizei. Sie bittet um Unterstützung, da drei Gäste die Anwesenden belästigen und nicht das Lokal verlassen, als sie dazu aufgefordert werden. Ein Standardeinsatz. Vier Beamte fahren hin. Die drei betrunkenen Männer sind noch da. Auch gegenüber den Einsatzkräften verhalten sie sich provokant und aggressiv. Nach kurzer Erörterung steht fest: Die Polizei wird das Hausrecht der Wirtin durchsetzen müssen. Die Männer werden also ganz förmlich aufgefordert, die Kneipe zu verlassen. Sie weigern sich. Zwang wird angedroht. Die Männer sind davon aber wenig beeindruckt. Der erste Mann wird durch zwei Kollegen aus dem Raum geführt. Mit dem Zweiten soll es genau so geschehen. Sobald die Polizeibeamten ihn anfassen, stürzt er sich auf die Einsatzkräfte und nimmt einen in den Schwitzkasten. Der dritte Mann kommt dazu und boxt diesem Beamten auf die Nase. Es kommt zu Zwangsanwendungen durch die Einsatzkräfte und der Unterstützung weiterer Kollegen. Schließlich löst sich alles in einem Pulk auf und es gelingt, die drei Männer in Gewahrsam zu nehmen. Zitat der Männer: Derjenige, der dem Beamten, der im Schwitzkasten war, auf die Nase geboxt hat: „Das ist doch normal, wir sind schließlich Männer.“

Derjenige, der den Beamten im Schwitzkasten hatte fordert, ihm „gefälligst“ die Hand- und Fußfesseln abzunehmen. Er verabschiedet sich später mit den Worten: „Wir sind noch nicht fertig… wir sehen uns nochmal“

Bilanz: Ein blaues Auge, eine Schulterverletzung und zwei Monate Krankschreibung bzw. eingeschränkte Dienstfähigkeit“, so der Wortlaut einer Stellungnahme gegenüber BLICK aktuell. Wie bereits berichtet, handelt es sich bei solchen Vorkommnissen nicht um Einzelfälle. Dies zeigt auch eine Umfrage bei anderen Dienststellen im Bereich des Polizeipräsidiums Koblenz.


Respekt gegenüber Polizeibeamten gesunken


Eine Stimmungsabfrage in einer Dienstgruppe hat ebenfalls ergeben, dass die Achtung und der Respekt gegenüber den eingesetzten Polizeibeamten gesunken ist. „Dabei sind wir, leider, „gewohnt“ von betrunkenen Personen beleidigt oder anderweitig missachtet zu werden. Dem gegenüber wird allerdings auch bei alltäglichen Verkehrskontrollen von manchen Bürgern eine offensichtliche Missachtung ausgedrückt. Gerade diese Situationen werden ggf. eindrücklicher aufgenommen, da im Vorfeld mit diesem Verhalten gar nicht zu rechnen war. Es handelte sich um „normale“ Bürger, es lag keine Alkoholisierung vor…“, heißt es dazu schriftlich gegenüber unserer Redaktion.


„Hat die Polizei nichts Besseres zu tun?“


Ein weiteres Beispiel zeigt, dass selbst bei scheinbar „harmlosen“ Situationen, wie in diesem Fall bei einer Geschwindigkeitskontrolle, der schwindende Respekt merklich bei den eingesetzten Beamten registriert wird.

Wie uns mitgeteilt wurde, kam es vor einer Grundschule im Rahmen einer Geschwindigkeitsüberwachung, zu einem Zwischenfall mit einer 70-jährigen Autofahrerin. Diese war statt der erlaubten 30 km/h mit 48 km/h unterwegs. Aufgrund der Messung wurde die Fahrerin angehalten. „Noch bevor sie auf ihr Fehlverhalten angesprochen wurd, zeigte sie sich äußerst harsch und unfreundlich gegenüber dem eingesetzten Beamten. Auf ihr Fehlverhalten angesprochen sah sie den Fehler nicht bei sich, sondern bei den eingesetzten Beamten. „Ob man nichts Besseres zu tun habe“ und regte sich fortlaufend über den Sinn der Maßnahme auf“, berichtet man uns.


Besserer Schutz vor Übergriffen


Vielleicht nicht in diesem konkreten Fall, aber doch in vielen weiteren Alltagssituationen kann auch der Einsatz von sogenannten Body-Cams zum Schutz der eingesetzten Beamten beitragen. Im Februar diesen Jahres hatte Elisbeth Winkelmeier-Becker, Mitglied des Deutschen Bundestages, hierzu eine entsprechende Mitteilung veröffentlicht.

„Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte werden in zunehmendem Maße Opfer von Gewaltdelikten.

Die Hemmschwelle von Tätern ist stark gesunken, so dass gerade in den Großstädten Nordrhein-Westfalens sich die Fälle von Übergriffen auf Einsatzkräfte häufen.

Die Erfahrungen in einzelnen Ländern wie zum Beispiel Hessen oder Baden-Württemberg haben gezeigt, dass mobile Videotechnik erfolgreich zur Eindämmung von Gewaltdelikten gegen Polizistinnen und Polizisten eingesetzt werden kann.

Durch den Einsatz von körpernah getragenen Kameras, den sogenannten Body-Cams, werden auch die Möglichkeiten zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung verbessert.

Deswegen hat die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf in Bundestag und Bundesrat eingebracht, der vom Bundesrat positiv aufgenommen wird.

„Unsere Polizei- und Einsatzkräfte verdienen hohen Respekt und Wertschätzung. Sie halten im wahrsten Sinne des Wortes für unsere Sicherheit ihren Kopf hin

Dazu bringen wir im Bundestag einen Gesetzentwurf zum verbesserten strafrechtlichen Schutz von Polizisten und Rettungskräften auf den Weg.“, so die Siegburger CDU-Bundestagsabgeordnete. „Sicherheit braucht aber auch die nötige Ausstattung.

Der Bund geht da mit gutem Beispiel voran: allein für das Jahr 2017 haben wir der Bundespolizei rund 312 Mio. Euro mehr für Personal- und Sachmittel zur Verfügung gestellt als im Vorjahr – darunter 1.970 neue Stellen.“


Ihre Meinung ist uns wichtig


Ein Grund für die Respektlosigkeit gegenüber der Polizei sehen die Verantwortlichen darin, dass bereits in der Familie entsprechendes vorgelebt werden muss. „Respekt lernt man in der kleinsten Zelle der Gesellschaft, in der Familie. Wenn der Vater einen in der Baustelle langsam fahrenden Streifenwagen, womöglich mit entsprechender Bemerkungen, überholt, wie sollen die Kinder Respekt gegenüber der Polizei lernen“, heißt hierzu in einem Statement gegenüber unserer Zeitung.

Dies ist wahrscheinlich nur einer von mehreren Gründen, der letztendlich für diese Entwicklung verantwortlich ist.

Worin sehen Sie die Gründe für den schwindenden Respekt gegenüber der Polizei? Gibt es aus ihrer Sicht einen Weg, wie die Polizei zukünftig wieder mehr Respekt innerhalb der Bevölkerung erlangen kann?

Schreiben Sie uns ihre Meinung rund um das Thema „Gewalt gegen die Polizei“. Schicken Sie uns ihren Kommentar ganz einfach per Mail an: nachrichten@kruppverlag.de. Ausgewählte Lesermeinungen können ganz oder in Auszügen ohne gesondertes Einverständnis in einer der kommenden Ausgaben veröffentlicht werden.

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