Im Kunstjahr „Total surreal“ zeigt das Arp Museum Parallelen der Surrealisten Dali und Arp auf

Salvador Dali und Hans Arp: Unterschiede und erstaunliche Parallelen

Geöffnet sind die Ausstellungen von Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr, bis zum 16. August

27.02.2020 - 09:22

Rolandseck. Salvador Dali war nicht nur ein Maler, ein großartiger Pinselbezwinger im Reich des Fantastischen, sondern zugleich ein Könner auf vielen Gebieten, ein Meister der Inszenierung, auch der prahlerischen Selbstinszenierung. Man könnte ihn den „Überzampano“ des Surrealismus nennen, denn keiner läuft ihm den Rang ab, der bekannteste Surrealist zu sein. Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck zeigt bis zum 16. August Gemälde, Zeichnungen und Fotos des Künstlers Dali (1904-1989) im Dialog mit den Werken des Museumspatrons Hans Arp (1886-1966). Unter dem Titel „Salvador Dali und Hans Arp. Die Geburt der Erinnerung“ kommen im Obergeschoss des Neubaus die Unterschiede, aber auch erstaunliche Parallelen zur Anschauung. Erstmals stellt damit ein Museum Werkgruppen des deutsch-französischen Malers, Bildhauers und Lyrikers Arp und des katalanischen Künstlerkollegen Dali miteinander in Beziehung. Gelingen konnte dies nur dank der zahlreichen Leihgeber namhafter Institutionen aus Deutschland, England, Frankreich, Spanien, Italien, Japan und den USA.


Verbundene Leben der Künstler


„Lassen wir Picasso beiseite. Wir werden lernen müssen, uns besser mit Arp zu verstehen, der uns mit fast unmerklicher Natürlichkeit ein äußerst weites Feld von Verwirklichungsmöglichkeiten auftut.“ Diese Worte Dalis sprechen von der Kenntnis und Wertschätzung des Kollegen, noch bevor sie sich 1929 in Paris persönlich begegneten. Damals wurde Dali in den Kreis der Surrealisten aufgenommen, zu dem Arp bereits gehörte. Dass der 18 Jahre Jüngere mit Arbeiten von Hans Arp schon vorher vertraut war, offenbart die Museumsschau. Unverkennbar sind etwa in den Dali-Gemälden „Spektralkuh“ und „Einweihungs-Gänsehaut“, beide von 1928, die organischen, typischen Arp-Formen auszumachen. In der Einweihungs-Gänsehaut eiern sie über eine Art Sprungbrett, von dem aus sie entfesselt ins Himmelsblau abheben.


Traumwelten des Unbewussten


Solche Anleihen frappieren ungemein. Für verwandt, weich und gerundet, wie sie das Vokabular von Arp bereithält, mag man ebenso Formen halten, die in Dalis Bild „Die Metamorphose des Narziss“ von 1937 auftauchen. Aber da sind sie eingebunden in die gegenständliche Darstellung des Katalanen, mit der er in feinem Pinselstrich Traumwelten des Unbewussten heraufbeschwört. Längst hatte Dali seine eigene Ausdrucksweise gefunden, wie auch die rätselhafte, leuchtend helle Arbeit „Traum verursacht durch den Flug einer Biene um einen Granatapfel vor dem Erwachen“ (1944) vor Augen führt. Auch Arp schritt in Reliefs und Skulpturen fort auf seinen Weg der Abstraktion. Die surreale Denke blitzt in den Titeln seiner Arbeiten auf, etwa „Kopf mit lästigen Gegenständen (Fliege, Mandoline Schnurrbart)“ für eine Bronze mit Basisform und aufliegenden Elementen. Weitere Bezüge zwischen den Künstlern, die nach 1929 mit ihren künstlerischen Gesinnungsfreunden ein Jahrzehnt lang durch zahlreiche Ausstellungen verbunden sind, lassen sich jedoch aus beider den Surrealismus betreffenden Überzeugungen herleiten. So schlägt Kuratorin Astrid von Asten auch Brücken von Arps Lyrik zu Gemälden des Katalanen. Dalis ureigenem kreativem Kosmos entsprangen öffentlichkeitswirksame Auftritte, darunter der erotisch aufgeladene Pavillon „Traum der Venus“ mit lebenden Nymphen für die Weltausstellung in New York 1939. Der Pavillon und sein surreales Gepränge werden im Kabinett nachempfunden. In dessen Zentrum steht das riesige vierteilige Bild „Traum der Venus“ aus dem Hiroshima Prefectural Art Museum mit brennenden Giraffen, zerfließenden Uhren und Schubladenfigur. Außerhalb des Pavillons darf weiter gestaunt werden: Dali bewunderte Ludwig van Beethoven. Als Hommage von Genie zu Genie hielt Dali das musikalische Ausnahmetalent, dessen 250. Geburtstag 2020 weltweit gefeiert wird, in einem wilden Porträt fest. Mit der Tinte eines lebenden Tintenfischs und Mithilfe eines Assistenten entstand das ungewöhnliche Bildnis.


Die Marke „Dali“


Ergänzend zur Ausstellung im Neubau sollte man keineswegs verpassen, die Präsentation über Dali als Mythos, Marke und Multimediakünstler im Bahnhofsgebäude anzuschauen. Beleuchtet wird, dass der an Aufmerksamkeit nimmersatte Surrealist mit dem exzentrischen Schnurrbart es unzählige Male auf die Titelseiten von Magazinen brachte und er es als Künstler und Designer verstand, sowohl die Hoch- als auch die Banalkultur zu bedienen. Dali arbeitete in der Werbung, entwarf Parfumflacons, Seidentücher, Aschenbecher, Krawatten oder Möbel und sorgte, wann immer sich die Gelegenheit bot, für medienwirksame Auftritte, um die Produkte und seine eigene Persönlichkeit herauszustellen. Im Bahnhof sieht man einen Aschenbecher mit Schlange, zwei Elefanten und einen Schwan, den sich die Luftfahrtgesellschaft Air India 1967 für Erste-Klasse-Passagiere von Dali designen ließ. Die Veröffentlichung wurde groß inszeniert. Air India flog eigens ein indisches Elefantenbaby ins spanische Figueras ein, Dali taufte es „Surus“ nach Hannibals Elefant und es folgte ein „Triumphzug, der symbolisch Hannibals Pyrenäenüberquerung wiederholt“, so die Museumsinfo.


Vom Gemälde auf die Leinwand


Als früher Multimediakünstler drehte Dali zusammen mit Luis Buñuel 1929 den surrealen Film „Der andalusische Hund“. Die Ausstellung ermöglicht Einblick ins filmische Schaffen, zeigt Fotos von Philippe Halsman und Eric Schaal und nimmt Dalis Begeisterung für neue Technologien in einer „Augmented Reality-Präsentation“ auf: Auf dem kleinen Balkon neben dem Aufzug im Neubau eröffnet ein Touristenfernglas ganz neue Ausblicke auf die Rheinlandschaft, nun überlagert und besucht von Kreaturen aus Dalis Gemälden. Im Bahnhof erwartet die Gäste der 360°-Film „Dreams of Dali“ – ursprünglich für das Dali-Museum in St. Petersburg (Florida) kreiert. Wer die VR-Brille aufsetzt, fühlt sich alsbald mitten hineinkatapultiert in die suggestiven Traumillusionen des surrealen Meisters.

Parallel läuft die Ausstellung eines zeitgenössischen Surrealisten „Jonas Burgert. Sinn frisst“. Beide Schauen werden durch informative und aufwendig gestaltete Kataloge begleitet. Geöffnet sind die Ausstellungen von Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr.

HG

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