Hospiz-Verein Rhein-Ahr feierte 30-jähriges Bestehen mit Musik, Clownerien und ernsten Worten

„Unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Angebots in der Region“

Ehrenvorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands plädiert für „Sorgemut“

18.05.2022 - 15:49

Kreis Ahrweiler. Einer hatte eingeladen, und alle kamen zum 30. Geburtstag des Hospiz-Vereins Rhein-Ahr ins Ahrweiler Bürgerzentrum. Wenn an einem sonnigen Nachmittag die Landrätin und der Bürgermeister der Kreisstadt sowie aus allen Kommunen im Ahrweiler Kreisgebiet die Bürgermeister oder deren Beigeordneten zu einer Feier kämen, dann müsse schon eine Gruppierung ein Jubiläum begehen, „die, zum einen, im gesamten Kreis aktiv ist und, zum zweiten, bedeutend sein muss für alle Kommunen“, fand Horst Gies, Landtagsabgeordneter und Erster Beigeordneter des Kreises Ahrweiler. Und eben das sei der Hospiz-Verein Rhein-Ahr. Gies selbst erinnerte an seinen Erstkontakt mit der Hospizarbeit im Kreis beim Besuch in der Remagener Palliativstation vor rund zehn Jahren: „Als ich die Station verlassen habe, habe ich mich fast wohlgefühlt, weil ich gemerkt habe, was da für eine Atmosphäre herrscht, wie man sich kümmert, wie man da für andere da ist. Das war etwas, das mich für mein Leben geprägt hat.“

Eine durchaus entspannte Atmosphäre herrschte auch in und um das Bürgerzentrum bei Clownerien und Musik, wo es indes auch ums Kümmern respektive konkret das Thema „Sorge“ ging: Im Festvortrag, den die Ehrenvorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands (DHPV), Gerda Graf, hielt. Doch vorher noch gab es Grußworte und Gratulationen und einen Rückblick auf die vergangenen 30 Jahre des Hospiz-Vereins.

„Die allermeisten von uns wünschen sich, wenn es einmal soweit ist, unter vertrauten Menschen zu sterben. Mit dem Anspruch , dieses möglich zu machen und Angehörige in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, wurde 1992 der Hospiz-Verein gegründet. Seit dieser Zeit ist der Verein mehr und mehr unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Angebots hier in unserer Region geworden“, sagt Landrätin Cornelia Weigand. In persönlichen Worten durch das Beispiel der Begleitung ihres Vaters „auf seinem letzten Weg“ und bis zum letzten Atemzug durch sie selbst und ihre Familie beschrieb sie „welch unglaublich wertvolle Arbeit“ die Hospizbewegung leiste. Und ihr Dank galt nicht nur der Hospizarbeit, sondern auch dem Engagement des Vereins in Sachen Trauer und Trauma, insbesondere der „personellen Unterstützung in Zusammenarbeit mit dem Kreis bei der Planung und Koordinierung für Hilfen für die vielen Betroffenen der Flutkatastrophe, die unter psychischen Folgen und Belastungen dieses sehr traumatischen Ereignisses leiden“. Und Guido Orthen, Bürgermeister sah das Verdienst des Vereins so: „Nicht nur, dass Sterben und Tod in dieser Stadt, in diesem Kreis kein Tabuthema mehr ist, sondern Sie, die Haupt- und Ehrenamtlichen, geben dem Sterbeprozess etwas Besonderes, etwas Menschliches. Sie begleiten durch den Schmerz hindurch, und Sie halten mit ihrem Armen, mit einer Berührung, Sie halten mit Ihrem Dasein. Sie halten mit einem guten Wort. Und Sie halten aus. Ihr Tun ist ein Werk der Liebe. Sie geben den Sterbenden und dem Sterben Leben.“


Wert und Bedeutung der Zeit


Immer wieder angesprochen wurden der Wert und die Bedeutung der Zeit, die die Hospizbegleiter für andere opferten und die – so Gies – „das Wertvollste ist, das wir neben der Gesundheit haben“. Er verwies auch auf Auszeichnungen für den Verein wie den „Zukunftspreis Heimat der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel“ und die Landesverdienstmedaille für die Vorsitzende Ulrike Dobrowolny und deren Vize Hildegard Schneider.

Dobrowolnys Rückblick galt Meilensteinen des Vereins, der heute 1360 Mitglieder sowie bis zu sieben hauptamtliche Palliativcareschwestern und 78 ehrenamtliche Hospizbegleiter zähle. Dazu gehörten die Gründung in Sinzig 1992, das seit Beginn verfolgte und 2015 erreichte Ziel des Baus eines stationären Hospizes im Ahrtal, 2017 die Gründung der Hospizstiftung Rhein-Ahr-Eifel, die Anfang 2020 begonnene Basisqualifikation in palliativer Praxis für Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen im Kreis Ahrweiler und die kürzlich gestartete „Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung“ (SAPV). Auch auf die Flutkatastrophe habe der Verein reagiert mit Angeboten zur Trauer- und Traumabewältigung reagiert und mit bald beginnenden Fahrten für flutbetroffene Senioren, die diese Gemeinschaft und neue Eindrücke erleben lassen sollen. Haltung, Helfen, Geduld und Fürsorge sind laut Dobrowolny wichtige Elemente im Wirken in der Hospizbewegung.

Der „sorgenden Haltung“ und dem „Sorgemut“, den der Hospiz-Verein zeige und für den sie plädierte, widmete sich auch Gerda Graf in ihrem Festvortrag: „Die Last für den anderen da zu sein, wenn seine Kräfte schwinden, und diese Last als eine Gnade anzunehmen: Das ist Sorgemut.“ Sorgemut, der sich auch in der Solidarität nach der Flut gezeigt habe und „Sorgemut, Versorgungslücken zu schließen, denn das Sterben kennt weder die originären Arbeitszeiten noch die Unfähigkeit, die wir zum Teil selbst herbeigeführt haben. Meine Erfahrung zeigt: Wir üben das Sterbenlernen nicht mehr ein.“

Graf lud ein zum Nachdenken ein darüber, „dass wir alle wissen, dass wir endlich sind, dass wir sterben müssen, und dass wir uns so wenig damit auseinandersetzen. Warum? Weil das Leben so funktional ist, weil es getaktet ist.“ Sie warnte vor den Folgen des Bundesverfassungsgerichts-Urteils zum assistierten Suizid, wonach jeder ab dem 18. Lebensjahr für sich selbst entscheiden könne, ob er assistiert suizidiert werden möchte, wenn ein aussichtsloses und untragbares Leiden vorherrscht. „Was aber ist aussichtslos und untragbar? Das wird nicht beschrieben. Ist es der unerträgliche Liebeskummer des Jugendlichen? Oder ist es die Sorge des alten Menschen, zur Last zu fallen und somit untragbar zu sein für die Gesellschaft?“ Das Urteil rationalisiere Suizid und stelle die Autonomie des Menschen an erster Stelle. Eine Autonomie, die sie als „Hyperliberalisierung der Selbstbestimmung in Zeitalter der hochgelobten Individualität“ sah. Einige ihrer Forderungen: Sorgemut zeigen, sich einmischen gegen Effizienzstreben in Kliniken und Pflegeheimen, sich einmischen zum Wohlsein des Menschen für eine Sorgekultur in der Hospizarbeit, und Versöhnung und Mitgefühl weiter ausbilden, um weitere Akzente für ein gutes Leben und ein gutes Sterben zu setzen.

Schon vor Programmbeginn waren die Gäste vor dem Bürgerzentrum von „Lilly“ und „Robert“, Klinikclowns von Eckart von Hirschhausens Stiftung „Humor hilft heilen“, begrüßt worden. Drinnen sorgte ein breites Spektrum musikalischer Darbietungen für Unterhaltung mit Christiane Parlings (Gesang) und Ilse Kösling (Piano) sowie mit Jonas Röser (Saxophon) und Joao Louis (Gitarre) auf der Bühne. Letztere jazzten am Ende sogar gemeinsam mit dem Klinikclowns, und die Gäste widmeten sich angeregten Gesprächen und erfreuten sich am Büchertisch einer örtlichen Buchhandlung und an einer Weinprobe lokaler Weingüter.

Pressemitteilung des

Hospiz-Verein Rhein-Ahr f

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Eine Umleitung wird eingerichtet

Straßenschäden bei Neuwied: L 259 wird voll gesperrt

Neuwied. Im Zeitraum vom 02.04. bis voraussichtlich 19.04.2024 werden Instandsetzungsarbeiten am Überführungsbauwerk der L 259 über die B 42 zwischen Neuwied-Block und Heimbach-Weis durchgeführt. Die Fahrbahnbefestigung im Bereich des Überführungsbauwerks weist erhebliche Schäden in Form von Rissen und Belagsausbrüchen auf. mehr...

Die Betrüger wollten vermeintlich defekte Dachrinnen zu überhöhten Preisen reparieren

Bad Hönningen: Polizei unterbindet illegale Arbeiten

Bad Hönningen. Am gestrigen Nachmittag führten Beamte der Polizei Linz eine Kontrolle an einem Mercedes Vito durch. Dabei stellten sie fest, dass die beiden Insassen im Raum Bad Hönningen Hausbesitzern Reparaturarbeiten an Dachrinnen angeboten hatten, ohne über die erforderliche Reisegewerbekarte zu verfügen. Es kam zu keinem Vertragsabschluss an diesem Tag. mehr...

Regional+
 

- Anzeige -

Ei Ei Ei – Die BLICKaktuell Osterüberraschung

Vom 18. März bis 1. April verstecken sich tolle Gewinnspiele und attraktive Aktionen von Unternehmen aus der Region in unserem Osternest. Seid gespannt, was sich hinter dem nächsten Osterei versteckt. Abonniert auch unsere Kanäle auf Facebook und Instagram, um nichts zu verpassen. mehr...

Alter Vorstand ist neuer Vorstand

Sinzig. In Sinzig fand Ende März die turnusmäßige Jahreshauptversammlung der Theatergruppe im Gasthaus „Zur Post“ statt. Der erste Vorsitzende, Wolfgang Staus, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und ließ das vergangene Theaterjahr Revue passieren. Auch die Chronistin Christine Alfter und der Kassierer Dirk Hansen trugen zum Rückblick bei, indem sie über vergangene Ereignisse und den Kassenstand berichteten. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

Neulich im Kiosk

von Gregor Schürer

Gabriele Friedrich:
Ein echt blöder Artikel. ...
Thola2:
Sehr geehrter Herr Schürer, willkommen im Leben, willkommen in 2024! Und jetzt???? Was will mir der "Dichter" damit sagen?? Das Geschilderte ist ganz normal in Deutschland. Wollen Sie uns Belehren? Und: 8 Uhr "früh"?? Das können nur Studenten oder Arbeitslose behaupten. Ich "maloche" schon um...
K. Schmidt:
Danke für das Stichwort Weihnachtsmarkt. Zu diesen wurde, z.B. von der DUH, aber auch einigen Politikern, aufgefordert die Beleuchtung wegzulassen oder zu minimieren. Und am letzten Samstag wurde groß dazu aufgerufen, für eine Stunde soviele Lichter wie möglich abzuschalten, als Zeichen für Klimaschutz...
Julia Frericks:
Die Ramadan-Beleuchtungen in Köln und Frankfurt sind wegweisende Initiativen. Die Lichter sorgen für eine festliche Stimmung, egal welcher Religion ich angehöre. Eine Stimmung, die auch bei vielen Nicht-Christen aufkommt, wenn sie z.B. einen Weihnachtsmarkt besuchen. In Köln ging die Initiative für...
K. Schmidt:
Soviel Geld, wie der Steuerzahler für die kath. Kirchen Jahr für Jahr in die Hand nehmen darf (ich meine nicht den Kirchensteuerzahler, sondern wirklich jeden!), soviel Beleuchtung kann man für die anderen Glaubensrichtungen doch gar nicht aufstellen, sonst schaffen wir die Dunkelheit ja komplett a...

Kreishaushalte in der Krise

K. Schmidt:
Die meisten der Landrätinnen und Landräte gehören doch einer Partei an, die Fraktionen der Kreistage auch. Ein Apell des Landkreistages an die Landesregierung ist nett, aber doch nicht mehr als ein unnötiger Umweg. Die Parteien, die sich auf der Landkreisebene finden, sind am Ende die gleichen, die...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service