Dr. Jürgen Haffke führte Gruppe des Sinziger Denkmalvereins durch Bad Bodendorf

Wie die Topografie die Ortsgeschichte bestimmt

Wie die Topografie die
Ortsgeschichte bestimmt

Eine große Gruppe hatte der Denkmalverein Sinzig zur Führung von Dr. Jürgen Haffke (zweiter von rechts) durch Bad Bodendorf versammelt – hier beim Start am Bahnhof. Foto: Denkmalverein

24.09.2018 - 15:33

Bad Bodendorf. Nicht Jahreszahlen oder konkrete Ereignisse standen im Mittelpunkt dieser Ortsführung durch das alte Bad Bodendorf, sondern die topografische Lage! Darauf allerdings waren die Teilnehmenden der Exkursion des Fördervereins Denkmalpflege und Heimatmuseum in Sinzig schon eingestimmt, dann sie hatten für die Führung Dr. Jürgen Haffke gewonnen. Der gebürtige Bad Bodendorfer hat nicht nur intensiv die Geschichte seines Heimatortes erforscht, sondern ist auch diplomierter Historischer Geograf. So greifen bei ihm historische Sicht und geografische Sicht ineinander. Etwa in der Frage, wo der Kern der Ansiedlung zu finden ist: Auf einer leichten Anhöhe in Richtung Hang, denn das Areal zur Ahr hin war feucht, sumpfig, ungesund und stark hochwassergefährdet. Dr. Haffke schärfte also die Sinne seiner Zuhörerschaft für Steigungen beim Fußweg durch den Ort, auch wenn sie scheinbar nur gering ausfallen.


„Autobahn des frühen Mittelalters“


Das half auch, den Verlauf der berühmten Aachen-Frankfurt-Heerstraße (AFH) in der Ortslage zu verfolgen. Direkt von Sinzig kommend und über die heutige Hauptstraße durch den Ortskern vor dem Hochwasser sicher geführt, durchschnitt die „Autobahn des frühen Mittelalters“ ab der Zeit um das Jahr 1000 den Ort. Eine sichere Ersterwähnung von Bodendorf datiert übrigens aus dem Jahr 893. Auch damals machten große Straßen nicht nur Freude, das Problem bildete unliebsames fahrendes Gesindel. Die Bodendorfer schützen sich mit Stadttoren und – in Ermangelung einer Stadtmauer – mit Brombeersträuchern. Die Standorte der Oberen und der Unteren Pforte sind heute noch benannt. Als im 13. Jahrhundert die Burg Landskrone gebaut war, gab es einen weiteren Weg der AFH, abzweigend in der Nähe der Bodendorfer Burg und heute noch Heerweg genannt.

Er liegt auf einem Damm und führt steil nach oben. Hier stand früher als eine Art Wegmarkierung eine Kapelle. Oben gibt es einen Platz namens „Kaiserkammer“. Hier war der Lagerplatz der Bodendorfer, die an den schweren Fuhrwerken Hand und Spanndienste leisteten und dort nach der Tour bergauf auf neue Kundschaft warteten, die hinab wollte.

Bekanntlich gab es in Bodendorf bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Wein. Der hatte Qualität, und die Bodendorfer Winzer zählten nicht zu armen Winzern.

Dank der fruchtbaren Lössböden waren sie, wie Haffke erläuterte, Ackerer und Winzer, sie hatten also per se den unverzichtbaren Dung für die Weinberge. Anderswo mussten die Winzer sich ihn kaufen. Der Weinbau ist heute Geschichte, daran ändern die rund 200 privat gepflegten Weinstöcke auch nichts mehr. Übrigens kennt Haffke keine Belege dafür, dass schon die Römer an der Ahr den Weinbau gestartet haben, wie es sie für die Mosel gibt. Der heimische Weinbau stammt wohl aus der fränkischen oder keltischen Zeit. Römisches hat Bad Bodendorf aber auch zu bieten. Funde eines Rohrsystems deuten auf eine Villa hin. Haffke hätte sie seinen Zuhörern gerne gezeigt, mehr als den vermuteten Standort im Bereich der Kirche konnte er aber nicht bieten. Als 1969 der Erweiterungsbau der Kirche entstand, war auf eine Grabung verzichtet worden.


Fachwerk trifft Moderne


Die hoch gelegene Kirche prägt das Ortsbild, auch wenn der heutige Bau mit seinem Entstehungsjahr 1870 nicht unbedingt alt ist. Schon 1642 war die ursprüngliche Kirche ersetzt worden. Das Ortsbild kann noch viel mehr erzählen: Die Fachwerkhäuser – die heutigen stammen meist aus dem 18. Jahrhundert - gehörten den Bodendorfern, die aus Stein gebauten Höfe verschiedenen Klöstern, die hier ihre Besitzungen verwalteten. Und wer wie Haffke in Bad Bodendorf groß geworden ist, vermerkt auch Änderungen aus jüngerer Zeit. Einzelne Neubauten in modernem Stil und Häuser mit „nachgeahmten“ Fachwerk haben Veränderungen bewirkt, wie überhaupt das typische Dorfleben von einst verschwunden ist. Die Parzellen rund um das Dorf haben keine wirtschaftliche Bedeutung mehr. Das Fazit: „Die Kulisse ist noch da, der Ortsgundriss erhalten, aber der Lebensstil hat sich verändert“. Aber die Topografie macht immer noch die Ortsentwicklung sichtbar.

Da konnte die diesmal sehr große Gruppe des Denkmalvereins nur zustimmen. Vorsitzender Hardy Rehmann dankte Dr. Haffke unter großem Beifall für seine einleuchtenden und spannend vorgetragenen Erklärungen. Bei der nächsten Veranstaltung des Denkmalvereins geht es in Teilen auch wieder um Bad Bodendorf. Am 18. Oktober spricht Paul Gieler im Schloss Sinzig zur Geschichte des Ahrweinbaus von Heimersheim bis Sinzig.

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