Remagener setzten mit dem Tag der Demokratie ein deutliches Zeichen für Demokratie, Freiheit und kulturelle Vielfalt

Würde und Unantastbarkeit jedes Einzelnen aktiv gelebt

Vereine, Schulen, Einrichtungen und Organisationen stellten sich dem Rechtsextremismus entgegen

14.11.2016 - 14:39

Remagen. Zum fünften Mal wurde er am Samstag gefeiert: der Tag der Demokratie in Remagen. Damit setzte die Bevölkerung erneut ein ganz deutliches Zeichen gegen rechtes Gedankengut und den Aufmarsch der Neonazis. Zum ersten Mal war das Stadtsoldatenkorps Remagen um Vorsitzenden Marcel Möcking Veranstalter des Tages der Demokratie. Möcking übernahm auch die Moderation auf dem Marktplatz. Am Morgen nahmen gut drei Dutzend Menschen am Gottesdienst an der Friedenskapelle „Schwarze Madonna“ teil. Zelebriert wurde der Gottesdienst vom leitenden katholischen Pfarrer Frank Klupsch und der evangelischen Pfarrerin Elisabeth Reuter. Im Anschluss wurde die Kapelle verhüllt. Zeitgleich luden knapp zwei Dutzend Vereine, Schulen, Einrichtungen und Organisationen an ihre Infostände ein. Ob Rheingymnasium Sinzig, ob Inselgymnasium Nonnenwerth oder die Realschule Remagen, die Schüler setzten sich mit Wort und Tat für Demokratie und ein multikulturelles Miteinander einer großen Gemeinschaft ein. Die Schüler warben für Frieden, Freiheit, Toleranz, Integration und Menschenwürde. Die Realschüler hatten Friedenstauben an ihrem Stand vorbereitet und die Nonnenwerther Schüler gestalteten unter anderem den Brunnen auf dem Marktplatz zu einem Mahnmal für die Opfer der Kriege und Auseinandersetzungen in Syrien, Irak, Afghanistan und Jemen. Ein Herz aus Kerzen hatten sie symbolisch für die eine Welt entzündet. Die Sinziger Gymnasiasten setzten auf kulturelle Vielfalt mit „Brownies für Braunis“. Viele Informationen gab es an den weiteren Infoständen des Bündnisses für Frieden und Demokratie Remagen, des Gewerkschaftsbundes, der Flüchtlingsgruppe aus Waldorf, dem Jugendbahnhof Remagen und dem HOT Sinzig, des Caritasverbandes, der Kreisjugendfeuerwehr, der „Freiheiter“, des Kreis-Migrationsbeirates, des Asta Koblenz, des Hospizverein Rhein-Ahr, des Eine-Welt-Laden Remagen, der Schatzkammer Oberwinter, des Vereins „Merida“, von Amnesty International, der Offenen Kinder- und Jugendarbeit Bad Neuenahr-Ahrweiler, dem Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Rheinland-Pfalz, der Sozialistischen Jugend Deutschlands „Die Falken“, und weiteren mehr.

Der Seniorenbeirat Remagen lud ebenfalls an seinen Stand ein und bot Kaffee und Kuchen, und an einem Stand türkischer Mitbürger gab es türkische Spezialitäten, die großen Anklang fanden.


Nein zum Rechtsextremismus


Den Auftakt der Ansprachen gestalteten nach der Anmoderation von Marcel Möcking, der inzwischen rund 200 Gäste auf dem Marktplatz willkommen heißen konnte, die Vertreter der Kirchen. Gemeinsam sprachen der katholische Pfarrer Frank Klupsch, die evangelische Pfarrerin Lisa Reuter und der neue Imam der Türkisch-Islamischen Moscheegemeinde Remagen, Hüseyin, das Gebet „Oh Herr mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“.

Bürgermeister Herbert Georgi begann seine Ansprache mit: „Alle, die heute hier sind, empfinden Verantwortung. Verantwortung für uns selbst, für die Stadt, für den Kreis, für das Land und darüber hinaus, Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft. Dieser Verantwortung können wir nur gerecht werden, wenn wir immer wieder auch den Blick zurück richten“. Paradoxerweise verbinde dies mit den Ewiggestrigen, aber das sei zum Glück auch die einzige Parallele zu einer Gruppe von Verfassungsfeinden, die Geschichtsverfälschung betreibe, um daraus falsche Schlüsse für die Zukunft abzuleiten.

„Wir sind heute da, um „nein“ zu sagen zu dieser Geisteshaltung, um „nein“ zu sagen zum Rechtsextremismus und den Menschen, die diesen verbreiten. Wir befassen uns in unserem Rückblick mit der Wahrheit. Dazu gehören auch die ungeheuren Verbrechen des Nationalsozialismus, dazu gehört der verbrecherische Krieg und die Verfolgung von Juden und politisch Andersdenkenden“, betonte Georgi. Es sei das ungeheure Leid und Elend dieser Zeit, das in der Folge nach 1949 einen Staat ermöglicht habe, den „wir heute mit Stolz unser Land nennen können. Unsere Freiheit, unser Wohlstand, unser Frieden, aufgebaut auf den Lehren, die man aus dem Unrecht früherer Tage gezogen hat“, so Georgi. In den letzten beiden Jahren hätten die Menschen in Remagen unter Beweis gestellt, dass die Werte Würde und Unantastbarkeit des einzelnen Menschen in der Gesellschaft in Remagen aktiv gelebt würden.


Mehrheit tritt für Freiheit und Demokratie ein


Damit sprach Georgi die hohe ehrenamtliche Leistung von Menschen in Remagen an in Bezug auf die Betreuung von Flüchtlingen. „Ich bin stolz und dankbar dafür, was unsere Bürgerinnen und Bürger in diesem Sinne bewegt haben“, galt der Dank allen, die hierzu beigetragen haben. Dank galt aber auch allen, die den Tag der Demokratie vorbereitet hätten und allen Gästen, die gemeinsam die Botschaft einer Stadt nach außen tragen und die in überwältigender Mehrheit für Freiheit und Demokratie eintreten würden. Eine beeindruckende Lesung gab es von neun Realschülern aus Remagen, darunter auch Flüchtlingskinder aus Syrien. Sie sprachen von Heimat, die man habe oder die verloren gegangen sei. Sie sprachen von Familien, die zurückgelassen wurden. Sie sprachen vom Fremdsein in der neuen Heimat. Sie sprachen ebenso von fremden Mitschülern, die helfen konnten, helfen bei der Sprache, helfen sich in die Gemeinschaft einzubringen. Inzwischen seien alle gemeinsam, die denen die Heimat selbstverständlich ist, und die, die ihre Heimat verloren haben, eine tolle Gemeinschaft. „Wir werden erwachsen, hoffentlich in Frieden. Wir erleben eine bunte Vielfalt und den Frieden in Weiß“, so die Realschüler.


Null Toleranz gegen Rechts


Landrat Dr. Jürgen Pföhler sprach an, dass die, die da gleich marschieren, nichts gelernt haben oder es nicht wollen. Dennoch würden sie Demokratie und Freiheit genießen und müssten geschützt werden. „Wir sind hier, um ein Zeichen zu setzten für Demokratie, Freiheit, Glaubensfreiheit, Toleranz, Pluralismus und Menschenwürde“, so Pföhler. Er bedauerte, dass es heute viel über soziale Medien gehe, die wirken würden wie Brandbeschleuniger und Intoleranz und Hass schüren würden. Im Netz gebe es Volksverhetzung und vieles mehr. Im Kreis Ahrweiler gebe es „Null Toleranz gegen Rechts“. Die Übergänge vom Rechts-Populismus über den Rechtsextremismus bis hin zum Rechtsterrorismus seien fließend. Der Landrat dankte abschließend allen Beteiligten am Tag der Demokratie und nicht zuletzt den Polizisten, „die unsere Freiheit schützen“.


Von Eritrea nach Waldorf


Eine beeindruckende Akrobatik präsentierte Kebrom Goytom, Flüchtling aus Eritrea, der in Waldorf eine neue Heimat gefunden hat und mit einer ganzen Gruppe von Waldorfer Flüchtlingen nach Remagen gekommen war. Inzwischen waren auch die studentischen Friedensläufer auf dem Marktplatz angekommen. 70 Läufer in 17 Gruppen waren für Frieden, Freiheit und Demokratie eineinhalb Stunden gelaufen. „Wir wollten ein politisches Zeichen setzen, ohne einer politischen Richtung anzugehören“, erläuterte Mitorganisator Marvin Stravs.


Die Würde des Menschen ist unantastbar


Im Namen der Landesregierung begrüßte Innenminister Roger Lewentz die Menschen und überbrachte die Grüße von Landeschefin Malu Dreyer. Es sei erfreulich, dass die Stadt Remagen eindeutig Haltung gegen Rechts, gegen alle, die das Land verändern und kaputtmachen wollen. Lewentz verlieh seiner Freude Ausdruck, dass hier Menschen zusammen gekommen seien, denen es nicht egal sei, dass Gruppen durch Remagen zögen, die die Stadt als Symbol gegen die Demokratie missbrauchen würden. „Ich hoffe sehr, dass wir in Karlsruhe gegen die NPD Erfolg haben. Wenn sich die Welt drastisch verändert hat, so liege dies auch an Flüchtlingen, die gerne in ihrer Heimat geblieben wären. „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass wir einwandfrei mit Flüchtlingen umgehen. Wir brauchen Menschen, die das Herz an der richtigen Stelle haben und die Flüchtlinge menschenwürdig unterbringen. Wenn man über Flüchtlinge spreche, dann spreche man über Mitbürger. Schon die Verfassung sage, dass die Würde des Menschen unantastbar sei. Und das gelte für jeden Menschen. Lewentz versprach abschließend, dass auch im kommenden Jahr wieder ein Vertreter der Landesregierung zum Tag der Demokratie nach Remagen komme. „Wir müssen hier auf den Marktplatz kommen, um uns deutlich gegen die „Rechten“ auszusprechen“, betonte der Innenminister.

Eine umfangreiche Ansprache hielt im Anschluss Klaus Neufang von der ökumenischen Flüchtlingshilfe Ahrweiler. Er erläuterte die Flüchtlingshilfe im Detail und dankten den vielen Menschen, die ehrenamtlich helfen. Den musikalischen Abschluss bot Bruce Kapusta an der Trompete. AB

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