Bürgerinitiative BIN gegen Bahnlärm VG Linz e.V.

Es fährt (k)ein Zug nach nirgendwo

Klassischer Schwarzbau bei der Bahn?

08.10.2019 - 13:46

Linz. In der Jahreshauptversammlung der Bürgerinitiative BIN gegen Bahnlärm VG Linz e.V. im Hotel Weinstock berichtete der Vorstands-Vorsitzende Ewald A. Hoppen im Rahmen der anstehenden Vorstandsberichte ausführlich über die Erfahrungen mit Bahn und Politik seit Bestehen der Initiative. Und die waren nicht gerade erfreulich.

Im Fortkommen in den Bemühungen um Lärm- und Erschütterungs-Minderungen führe der sonstwo übliche Dialog mit zügigen Ergebnissen nicht zum Erfolg, sondern es müssten andere Wege beschritten werden, meinte Vorsitzender Ewald A. Hoppen. Die Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e.V. Hannover / Berlin, deren Mitglied die BI Linz sei, habe fünf Rechtsverfahren bis zum Bundesverfassungsgericht anhängig, u.a. wegen der Frage, wer für die Kosten des passiven Lärmschutzes (laufende Kosten Strom / Filter für Lüfter) und der Mehrkoten für Reparatur- und Ersatzbeschaffung aufzukommen hat.

Hoppen berichtete ausführlicher von einem sehr aktuellen und hochinteressanten Rechtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht, das die Kollegen-BI Initiative Angermund e.V. Düsseldorf unter dem Vorsitz von Elke Wagner eingeleitet hat. Der eingeschaltete auf Verwaltungs- und Bahnrecht spezialisierte Anwalt sei der Auffassung, dass es ein starke Rechtsposition gebe.

Die BI Linz sei für die hiesige rechtsrheinische Bahnstrecke dem gleichen Sachverhalt, der in Angermund vorliege, nachgegangen. In Preußen habe es bereits Planfeststellungsverfahren gegeben, die die Bahn aber offensichtlich ignoriert habe. Die Bahnstrecke Ehrenbreitstein / Lahnstein über Linz bis Troisdorf sei 1869 bis 1871 durch die Rheinische Eisenbahngesellschaft erbaut worden. Hoppen berichtete, wie Angermund alle in Frage kommenden Archive durchforstet und zuständige Ministerien auf Landes- und Bundesebene sowie die DB, die DB-Netze AG und das Eisenbahn-Bundesamt mit der Frage konfrontiert zu haben, ob für die Strecke eine Planrechts-Genehmigung vorliege. Das zuständige Eisenbahn-Bundesamt Frankfurt verweise darauf, dass es erst mit der Bahnreform 1993 / 94 gegründet worden sei, und daher existierten nur Verwaltungsvorgänge seit 1994. Die Stelle in Bonn übersende Planrechtsentscheidungen seit 1994, und die DB-Netze AG berufe sich auf nicht mitgesandte Handbücher von 1984 etc. Im Ergebnis könnten Planfeststellungsbeschlüsse und Genehmigungen aus der Bauzeit von der Bahn nicht vorgelegt werden. In dem Rechtsverfahren, das je nach Ausgang eine Signalwirkung für andere Regionen und auch Linz haben könne, unterstütze die BI Linz die Bemühungen in Angermund. Die BI Oberwesel habe die gleichen Sachverhalte festgestellt und die dortige Verbandsgemeindeverwaltung bereite eine Klage vor. Für Angermund spreche der beauftragte Anwalt vor diesem Hintergrund von einem „klassischen Schwarzbau“, über den u.a. auch „Der Spiegel 8 / 2018“ berichtete.

Nach den über Jahre gemachten Erfahrungen und gesammelten Informationen erscheine das Staats-Unternehmen Bahn als ein desolates Unternehmen, in dem nichts in Organisation, Struktur, Führung und Betrieb richtig funktioniere. Die über Jahre marketingbezogenen Ankündigungen für Verbesserungen (zuletzt Kampagne „Starke Schiene“) müsse man nicht mehr ernst nehmen.

Der Gesamtzustand sei schlicht eine Katastrophe. Von der Politik werde man gedrängt, auch in Zusammenhang mit dem St. Gotthard-Staatsvertrag, den Gütertransport-Anteil der Schiene von unter 18 % auf 25 % zu bringen oder den Gütertransport um 70 % zu steigern. Andererseits bestehe ein unglaublicher Investitions-Stau, so dass für die Rheinstrecke geplant werde, viel längere Züge als bisher (bis 1,5 km) einzusetzen und diese über elektronische Stellwerke im Abstand von 4 m (Bezeichnung Blockverdichtung) fahren zu lassen.

Nach einem Bericht des „Tagesspiegel“, dessen Redaktion sich auf vorliegende interne vertrauliche Unterlagen aus Aufsichtsratskreisen der DB beziehe, führen Züge seit Jahren über abrissreife Brücken. Mindestens 1250 Eisenbahn-Brücken seien so marode, dass nur der Abriss bliebe. Die DB fahre lt. Tagesspiegel trotzdem darüber, und beruhige die Passagiere. Bisher seien nach den vertraulichen Papieren mehr als die Hälfte aller Brücken mit falschem oder deutlich jüngerem Alter ausgewiesen. Das durchschnittliche Brückenalter sei nach Statistik-Korrektur um 16,4 Jahre gestiegen und liege Ende 2018 bei 73,5 Jahren. Auch die bisher falsch angegebene Nutzungsdauer bei 13.535 Bauwerken, wozu sicher auch die Viadukte in Linz gehören, sei richtigstellend drastisch korrigiert.

Nichts Gutes sei für den Mittelrhein zu erwarten, resümierte Hoppen. Die Umrüstung der Güterwaggons auf Komposit-Räder im Güterverkehr bis Ende 2020 sei zwar ein Aktivisten-Erfolg, aber ein unzureichendes Trostpflaster. Vorhandene Technologien würden nicht genutzt. Alle Mängel und Versäumnisse füllten inzwischen Bücher. Im Übrigen seien Aussagen über eine umweltfreundliche Bahn eine Mär, die auch nicht durch ständige Wiederholung zur Wahrheit gereiche. Tatsächlich sei die Güterbahn umweltfeindlich. Die Bahn sei der größte Glyphosat-Verwender des Landes, belaste die Umwelt mit erheblichen Flugstaubmengen, beschädige und entwerte durch Erschütterungen die Immobilien, und mache mit ihren Lärm die Menschen krank. Und die (Tunnel-) Alternativtrasse zwischen Troisdorf und Mainz-Bischofsheim sei nach Ausarbeitung des Ing. Büros Dr. Niemayer schon vor 10 Jahren von den BI vorgeschlagen worden. Über die Ankündigung einer Machbarkeitsstudie seien Ministerien und DB bisher aber nicht hinausgekommen. Eine Realisierung läge in weiter Ferne, zeigte sich der Vorsitzende Hoppen sicher. Mehr Druck könne auch nur über eine leider nicht bestehende Zusammenarbeit aller BI am Mittelrhein aufgebaut werden. Hoppen zog einen gedanklichen Vergleich: Eine Fußballmannschaft bringe auch keinen Ball ins Tor, wenn die Mannschaft in Gruppen mit unterschiedlichen egoistischen Profilierungsversuchen und strategischen Spielweisen arbeite. Die Kommunen hätten außer gelegentlichen internen Besprechungen trotz Ankündigungen bisher auch nichts an wirklichen Aktivitäten zustande gebracht, was auch für die VG Linz zutreffe.

In der Versammlung konnte Schatzmeister Rolf Geller eine saubere und solide Finanzbasis präsentieren. Die Beiträge werden für 2019 ausgesetzt. Die Mitgliederzahl sei seit Anbeginn stabil, aber die Mitwirkung von Mitgliedern lasse zu wünschen übrig. Der Vorstand werbe seit Jahren um Nachfolger, aber in dieser Versammlung fanden sich auch keine Kandidaten.

Da der seit Anbeginn amtierende Vorstand aus Hoppen, Martin und Geller schon vor drei Jahren angekündigt hatte, spätestens 2019 nicht mehr zur Verfügung zu stehen, bleibt dieser Vorstand mangels Kandidaten satzungsgemäß noch im Amt, sah aber ohne Vorstand keine andere Möglichkeit als die Auflösung des Vereins. Dieser wurde in einer zweiten Versammlung mit satzungsgemäßer Mehrheit beschlossen. Die behördlichen Formalien folgen.

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