Demonstration gegen Rechts auf dem Luisenplatz -SPD Kreisverband Neuwied und „Pulse Of Europe“ hatten eingeladen

„Morddrohungen sind nicht hinnehmbar“

Mehr als 300 Demonstranten bekräftigten ihre Solidarität mit Manfred Kirsch

22.07.2019 - 13:21

Neuwied. Manfred Kirsch, Mitglied von Amnesty International Neuwied und politisch engagierter Bürger der Deichstadt, wurde vor kurzem in einem anonymen Brief mit dem Tode bedroht. Diese Drohung nahm ausdrücklich Bezug auf die Ermordung von Regierungspräsident Walter Lübcke, der Opfer des rechten Terrors wurde. Die Wellen der Empörung schlugen hoch, quer durch alle demokratischen Parteien und Neuwieder Institutionen. Der SPD – Kreisverband Neuwied hatte jetzt unter Federführung seines Vorsitzenden Fredi Winter, des Stellvertreters Michael Mahlert und Martin Diedenhofen sowie in Zusammenarbeit mit „Pulse of Europe“ zur Kundgebung auf dem Luisenplatz eingeladen, um Solidarität mit Manfred Kirsch zu bezeugen und gleichzeitig ein Zeichen für die Demokratie zu setzen. Mehr als dreihundert Menschen waren dieser Aufforderung gefolgt und wurden von Fredi Winter begrüßt. Er zitierte aus dem Brief: „´Noch stehst du auf den hinteren Plätzen. Das kann sich schnell ändern, wenn die vorderen Plätze leer werden`. Drohung, Hass und Hetze von rechts dürfen nicht hingenommen werden“, so Winter.

Im Anschluss erklärten die Redner sich ebenfalls solidarisch mit Manfred Kirsch. Oberbürgermeister Jan Einig war sehr betroffen und sagte, die Geschichte habe gezeigt, es seien erst schrille Töne, verbale Entgleisungen, Sprache könne manipulieren und Hass erzeugen. „Auf Hass folgen Taten. Täglich kommt es zu Angriffen auf Politiker. Es geht um das soziale Klima in unserem Land, es geschieht mitten unter uns. Am Ende steht Mord. Dass Manfred Kirsch Morddrohungen erhalten hat, muss uns alle alarmieren.“ Peter Schwarz erinnerte für „Pulse Of Europe“ an die Zeit der Naziherrschaft. Nach dem Motto „Wehret den Anfängen“ berichtete er, dass es damals Deportationen auch von dieser Stelle, dem Luisenplatz in Neuwied gegeben habe. „Es gab aber auch die Trittbrettfahrer, Schadenfrohe, die dachten, ´es geschieht denen recht` ... Wie tief kann eine Gesellschaft sinken? Es gab aber auch die, die sich schämten.“ Als „Gutmenschen“ würden die heute beschimpft, die Demokratie und Weltoffenheit lebten. Landtagsabgeordneter Sven Lefkowitz (SPD): „Der Fall Lübke entsetzt uns. Manfred Kirsch wurde mit Mord bedroht. Die SPD Neuwied steht gemeinsam mit allen, auch anderen Parteien für Solidarität, Weltoffenheit und Toleranz in Neuwied und in unserem Land.“ Er begrüße ausdrücklich, dass das Land die Einrichtung einer Taskforce plane. Außerdem gebe es eine Hotline beim Landeskriminalamt. Man werde den oder die Täter ermitteln und bestrafen.

Michael Mang zeigte als Bürgermeister der Stadt Neuwied und Vorsitzender der SPD Innenstadt seine Betroffenheit, betonte aber auch: „Neuwied ist tolerant, aber intolerant gegenüber Intoleranz. Ich bin froh, Neuwieder zu sein.“

Alle Redner erhielten von den Demonstranten lang anhaltenden Applaus, weitere Grußworte von Amnesty International (Inge Rockenfeller) und dem DGB – Kreisverband Neuwied (Rüdiger Hof) folgten und erhielten ebenso die Zustimmung der Demonstranten wie die der Vertreter von Verdi und der Kirchen. Alle bekundeten ihre Solidarität mit Manfred Kirsch, der sich seinerseits mit einer schriftlichen Grußadresse an die Versammlung wandte:

„Ich danke allen, die diese Solidaritätsveranstaltung organisiert haben und heute daran teilnehmen. Wir leben in Zeiten, in denen es anscheinend wieder Mut kostet, sich politisch gegen rechts zu positionieren und zu engagieren. Doch dies darf in einer Demokratie keine Courage kosten. Denn politisches Engagement und das Eintreten für die Werte unserer freiheitlichen Republik muss der Normalfall sein. Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes, das am 23. Mai 70 Jahre alt wurde, haben diese Verfassung, die freiheitlichste und sozialste, die es jemals in Deutschland gab, als wehrhaft konzipiert. Doch unsere demokratische Gesellschaft wird in diesen Zeiten stärker denn je bedroht – und zwar von rechts. Rechtsextremisten haben sich bis in den Bundestag hinein breitgemacht. Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit finden ihr Publikum und ihre Anhänger in vielen Teilen dieses Landes. Manchmal, so scheint es mir, ist die Berliner Republik näher am Anfang vom Ende der Weimarer Republik als wir es uns in unseren schlimmsten Träumen vorstellen können. Und weil politisches Engagement in einer Demokratie kein Wagnis, keine Gefahr sein darf, sondern ein Bürgerrecht, sogar eine Bürgerpflicht ist, habe ich auch nichts Besonderes getan, vielmehr wollte ich und will weiterhin Demokratie leben und mich gegen deren braune Feinde zur Wehr setzen. Liebe Freunde, es wird auch in Zukunft mit mir und mit vielen Mitstreitern kein Zurückweichen vor den Rechten geben, sondern ich denke, wir werden gemeinsam für die Demokratie eintreten, und ich bedanke mich nochmals bei allen, die mir in den vergangenen Wochen ihre Solidarität bekundet haben. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Und wir sollten gemeinsam die Demokratie verteidigen und Demokratie leben.“

Mit dem Lied „We shall overcome“ endete die eindrucksvolle Kundgebung.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
22.07.2019 18:39 Uhr
Uwe Klasen

Bei allem gebotenen Respekt, aber, wenn der Brief, mit den unsäglichen Drohungen, Anonym war, woher nehmen die Veranstalter ihr Wissen, das dieser von der rechten Seite des politischen Spektrums stammen könnte? Was, wenn sogenannte Trittbrettfahrer durch diese Art gesellschaftlichen Unfrieden stiften möchten? Bis zur Ermittlung eines oder mehrerer Schuldigen gilt immer noch die Unschuldsvermuttung! Das ständige Aufrufen zum sogenannten "Kampf gegen Rechts", durch die immer gleichen Leute und Institutionen, macht diesen in gänze Unglaubwürdig, schwächt die wirklich demokratischen Kräfte im Land und kehrt die erhoffte Wirkung solcher Veranstaltungen schlimmstenfalls ins Gegenteil!



Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Fassungslosigkeit und Entsetzen bei Angehörigen und Beobachtern

Ex-Landrat wird nicht angeklagt: Einstellung des Verfahrens schlägt hohe Wellen

Kreis Ahrweiler. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat am 17. April 2024 das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Landrat des Landkreises Ahrweiler und den Leiter der Technischen Einsatzleitung (TEL) während der Flutkatastrophe an der Ahr 2021 eingestellt. Die umfangreichen Ermittlungen ergaben keinen ausreichenden Tatverdacht, der eine strafrechtliche Verurteilung ermöglichen würde. Dem Leitenden... mehr...

Polizei bittet Verkehrsteilnehmer keine Anhalter mitzunehmen

Andernach: Fahndung nach flüchtigen Personen und dunklem BMW

Andernach. Seit Mittwochabend, 17. April, gegen 22.37 Uhr finden im Bereich Andernach umfangreiche polizeiliche Fahndungsmaßnahmen nach flüchtigen Personen statt. Gefahndet wird nach einem dunklen 5er BMW mit Mönchengladbacher Kennzeichen (MG). Bei Hinweisen auf das Fahrzeug wird gebeten, sich umgehend mit der Polizei Koblenz unter 0261/92156-0 in Verbindung zu setzen. Nach derzeitiger Einschätzung besteht keine Gefahr für die Bevölkerung. mehr...

Regional+
 

Unfallfahrer konnte sich nicht an Unfall erinnern

Neuwied: Sekundenschlaf führt zu 20.000 Euro-Schaden

Neuwied. Am Montag, 15. April ereignete sich gegen 16.35 Uhr ein Verkehrsunfall auf der Alteck. Ein PKW wurde im Seitengraben vorgefunden, während ein weiteres Fahrzeug auf der falschen Fahrbahnseite zum Stehen kam. mehr...

Die Veranstalter rechnen voraussichtlich mit 500 Teilnehmern

Demo in Ahrweiler: Wilhelmstraße wird gesperrt

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Am Sonntag, den 21. April 2024, findet in Bad Neuenahr-Ahrweiler eine Versammlung unter dem Titel „Sei ein Mensch. Demokratie. Wählen“ statt. Die Veranstalter erwarten etwa 500 Teilnehmer. Aufgrund des geplanten Demonstrationszuges wird die Wilhelmstraße zeitweise gesperrt sein. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Jürgen Schwarzmann :
Für alle Betroffenen im Ahrtal ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft schwer nachzuvollziehen. Ich hätte mir schon gewünscht, dass das Verfahren eröffnet worden wäre um so in einem rechtsstaatlichen Verfahren und einer ausführlichen Beweisaufnahme die Schuld bzw. Unschuld festzustellen. Die Entscheidung...
K. Schmidt:
Wenn ich das richtig sehe, gab es, bevor der Landkreis/Landrat die Einsatzleitung übernahm bzw. übernehmen musste, doch auch in den einzelnen Kommunen schon Leiter. Die staatsanwaltschaftlichen Arbeiten beziehen sich wohl nur auf Landrat bzw. dessen Kreisfeuerwehrleiter. Heißt das, darunter haben Herr...
K. Schmidt:
In der Pressekonferenz ging man auch auf die Warnungen und Hinweise dort, wo es sie gab, ausführlicher ein. So wurden Feuerwehrleute mancherorts belächelt, ignoriert, gar beschimpft. Dann frage ich mich, was soll dann irgendwer noch anderes tun? Wie will man denn jemanden regelrecht evakuieren, der...
Amir Samed:
Es sind nicht die Migranten, die Deutschland über Gebühr belasten, im Gegenteil, es sind die falschen, die mutwillig falsch hereingelassenen Migranten, und es sind die richtigen, die integren, fleißigen Migranten, die versuchen, mit den restlichen Deutschen dagegenzuhalten....
juergen mueller:
Liebe Frau Friedrich. Den werden weder Sie noch meine Wenigkeit überzeugen, ändern noch zum Schweigen bringen, einen, der doch fast nur von (vielleicht) klugen Sprüchen/Zitaten anderer lebt, das Internet auf der Suche nach Informationen durchforstet, die seine/r Meinung entsprechen/unterstützen u....
Amir Samed:
Zum Kommentar von Gabriele Friedrich einige (kluge) Worte von Margaret Thatcher: „Je lächerlicher, weit hergeholter und extremer ihre Versuche sind, uns zum Schweigen zu bringen, desto mehr freue ich mich darüber“...
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service