Nachdenklicher Vortrag bei der Hospizbewegung Andernach-Pellenz e.V.
Euthanasie am Anfang und Ende des Lebens
Andernach. Die Euthanasie am Anfang und Endes des Lebens erhält, wenn auch in mehr oder weniger stillschweigender Art, zunehmend Akzeptanz in unseren westlich geprägten Gesellschaften. So haben die Niederlande in diesem Bereich seit zwölf Jahren eine „Vorreiterrolle“ übernommen. Im Falle einer nach medizinischen Erkenntnissen unheilbaren Krankheit, die der Patient als unerträglich und sinnlos empfindet, kann ein Arzt nach entsprechenden Kriterien im Einvernehmen mit einem ärztlichen Kollegen den Patienten töten, darf jedoch keinen Totenschein ausstellen, sondern muss den Leichenbeschauer informieren, der den Staatsanwalt einschaltet. Dieser überprüft, ob der Euthanasie-Arzt wirklich alle Sorgfaltskriterien eingehalten hat wie z.B. wiederholtes, ausdrückliches Verlangen, eventuell eine schriftliche Erklärung; der Patient muss über mögliche Alternativen aufgeklärt sein; und es darf keine Möglichkeit mehr geben, die Situation des Patienten wirksam zu verbessern.
Dieses niederländische Modell nahm die Pfarrerin, Philosophin und Ethikdozentin Dr. Heike Knops in ihrem Vortrag zum Thema „Euthanasie am Anfang und Ende des Lebens“ zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass im Denken der Menschen ein Aufbruch in Richtung Euthanasie erkennbar sei. Sie wies auf den Aufruf des Komitees für soziale, gesundheitliche und familiäre Angelegenheiten des Europarates an die Mitgliedstaaten im Jahre 2003 hin, mit dem die Sammlung und Analyse empirischer Daten zu allen Erscheinungsformen der Euthanasie gefordert wurde. Damit sollte eine öffentliche Diskussion angeregt und größtmögliche Transparenz in diesem Bereich erzielt werden. Das führte in Deutschland zur Patientenverfügung.
Verschiedene Erscheinungs- formen der Euthanasie
Sie stellte einige Bereiche des in Deutschland belasteten Begriffes Euthanasie vor: die pränatale (vorgeburtliche) Euthanasie im entsprechenden rechtlichen Rahmen, die in Deutschland zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialhilfe gehört; die Euthanasie ohne Lebensverkürzung, die den sterbenden Menschen begleitet und den Sterbeprozess durch schmerzstillende oder betäubende Medikamente erleichtert; die Euthanasie mit Lebensverkürzung durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen und die „Variante“ der bewussten Tötung eines kranken Menschen, um dessen Qualen zu beenden. Letzteres ist in Deutschland nicht erlaubt und steht als Mord unter Strafe.
Dr. Heike Knops führte weiterhin aus, dass der Euthanasie-Praxis ein Menschenbild zugrunde liegt, das sich an den gesellschaftlichen Maximen von Autonomie, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit orientiert. Dies sei eine zu einseitige Wahrnehmung von menschlichem Leben. Die „Beziehung zu anderen“ und das „Angewiesensein auf andere“ sei ein Grundwesen menschlicher Existenz, von der ausgehend Gesellschaft und Zusammenleben gestaltet werden müssten.
In der langen und angeregten Aussprache wurden die Fragen von Menschenwürde, der Wesenhaftigkeit des menschlichen Lebens, der Fürsorgeethik, der Rolle und Verantwortung des Arztes im Spannungsbogen von Heilen und Minderung von Leid teilweise kontrovers diskutiert. So war es nicht verwunderlich, dass die Zuhörer nachdenklich nach Hause gingen.