Förderverein Wiege der Bundeswehr

Wintervortrag zum Thema 70 Jahre Himmeroder Denkschrift

Dr. Falko Heinz referierte über die "Magna Charta der Bundeswehr"

Wintervortrag zum Thema
70 Jahre Himmeroder Denkschrift

Unter vielen Besuchern konnte der Vorsitzende des Förderverein Wiege der Bundeswehr Andernach e.V. Oberst a.D. Fanz-Josef Dirksen (r) begrüßen: (v.l.n.r) MdL Marc Ruland, Dr. Falko Heinz, OArzt Dr. Richter, den Zeitzeugen Generalmajor a. D. Anton Steer und Bürgermeister Klaus Peitz,Foto: privat

23.01.2020 - 12:39

Andernach. Am Montag konnte der Vorsitzende des Fördervereins Wiege der Bundeswehr Andernach e. V., Oberst a.D. Franz-Josef Dirksen, viele Gäste zum traditionellen Wintervortrag in der Krahnenberg-Kaserne begrüßen. Genau an diesem Tag vor 64 Jahren, am 20. Januar 1956, wurden die neuen deutschen Streitkräfte, die spätere Bundeswehr, durch Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer in der Andernacher Kaserne in Dienst gestellt. Zur Tradition des Fördervereins gehört es, dass man sich an diesem Tag in der Traditionsbaracke, der sog. „Wiege“, versammelt und zu einem militärhistorischen Thema vorgetragen wird. Die „Magna Charta der Bundeswehr“, 70 Jahre Himmeroder Denkschrift, hatte sich der Historiker Dr. phil. Falko Heinz zum Thema gestellt und im Museum Wiege der Bundeswehr vielen interessierten Gästen in Wort und Bild vorgestellt. Der Stabsoffizier der Reserve Dr. Heinz berichtete, dass unter dem Eindruck des Koreakrieges für den damaligen Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer im Sommer 1950 die Zeit gekommen war, Gespräche über Fragen eines deutschen Verteidigungsbeitrags zu beantworten. Auf Betreiben Adenauers hatte sich in der Abtei Himmerod in der Eifel vom 5. bis 9. Oktober 1950 in streng geheimer Sitzung ein Expertengremium zur Vorbereitung der Wiederbewaffnung versammelt. Ziel der Geheimsitzung war es, zur Vorbereitung der deutschen Wiederbewaffnung ein Konzept für Rüstung und Organisation, Ausstattung und Ausrüstung der künftigen deutschen Streitkräfte zu erstellen. Hier entstand nun die „Himmeroder Denkschrift“, welche heute noch als „Magna Charta der Bundeswehr“ gilt. Der einberufene Kreis bestand aus 15 Personen, darunter zehn ehemalige Generale und Admirale der Wehrmacht. Dr. Heinz konnte detailgenau darüber berichten, dass es dem redaktionellen Leiter Graf Kielmansegg nach zum Teil heftigen Diskussionen gelang, sich auf einen gemeinsamen Text zu einigen. Deswegen wurde die Denkschrift auch als Gründungskompromiss der Bundeswehr bezeichnet. Die Denkschrift beinhaltete die Grundlagen zur Aufstellung eines deutschen Kontingents im Rahmen einer übernationalen Streitmacht zur „Verteidigung Westeuropas“ und zu den Konzepten der „Inneren Führung“ und des „Staatsbürgers in Uniform“. Das Kapitel Militärpolitische Grundlagen und Voraussetzungen befasste sich mit den politischen, militärischen und psychologischen Voraussetzungen für einen deutschen Wehrbeitrag zur Verteidigung Westeuropas. Wichtig war, dass schon bei dieser Formulierung die Integration der neuen deutschen Streitkräfte in ein multinationales Verteidigungssystem, NATO oder EVG, fester Bestandteil war.

Im Weiteren befasste sich die Expertengruppe mit der Organisation und möglichen Stärken eines deutschen Kontingentes. Das Heer sollte 12 Divisionen mit ca. 250.000 Mann umfassen. Die Luftwaffe sollte über Ausbildungs-, Schlacht- und Jagdflugzeuge verfügen und die Marine neben unterschiedlichen Bootstypen auch Kampf- und Jagdflugzeuge erhalten.

Dr. Heinz berichtete auch über die damals sehr umstrittenen Ideen eines späteren Generals der Bundeswehr. Der Major Wolf Graf Baudissin maß im Kapitel 4 dem Inneren Gefüge der neuen deutschen Streitkräfte eine besondere Bedeutung zu. Ohne Anlehnung an die Formen der alten Wehrmacht musste grundlegend Neues geschaffen werden. Orientierung fand man bei den westlichen Verbündeten. Dabei sollte auch den soldatischen Erfahrungen und Gefühlen des deutschen Volkes Beachtung geschenkt werden. Dem deutschen Soldaten sollte klar sein, dass er zugleich Freiheit und Soziale Gerechtigkeit verteidige. Die Verpflichtung gegenüber Europa sollte die traditionellen nationalen Bindungen überdecken. Die neuen Streitkräfte dürften keinesfalls ein Staat im Staate sein. Integration war das Ziel.

Dr. Heinz berichtete auch von den kritischen Stimmen von damals, denn teilweise wurde sehr heftige Kritik sowohl an der Zusammensetzung des Expertengremiums als auch an der Denkschrift geübt. Die inhaltliche Kritik richtete sich vor allem gegen die Forderung nach Rehabilitation der Wehrmacht, der Waffen-SS, ja sogar verurteilter Kriegsverbrecher. Besonders wurde bemängelt, dass mit dem ehemaligen Wehrmachtsgeneral Herrmann Foertsch ein Offizier dabei war, der 1934 den persönlichen Eid der Wehrmachtssoldaten auf Adolf Hitler mit entworfen hatte.

Nun lag sie vor, die „Magna Charta der Bundeswehr“ und damit begann die Wegbereitung zur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie war jedoch noch längst nicht politisch entschieden. Es erfolgten noch notwendige Sondierungen zwischen den Westalliierten untereinander und der Bundesregierung, bis dann am 6. Mai 1955 die Bundesrepublik Deutschland der NATO beitrat und am 20. Januar 1956 die Bundeswehr in Andernach offiziell in Dienst gestellt werden konnte.

Im Anschluss an den Vortrag wurden viele Fragen aus dem Zuhörerkreis von Oberstleutnant d.R. Dr. Heinz, der auch im Koblenz-Colleg als Oberstudienrat tätig ist, beantwortet. Mit dem an den Vortrag anschließenden Empfang des Fördervereins Wiege der Bundeswehr Andernach e. V. konnte Oberst a. D. Dirksen auch die Sonderausstellung „Die Macht der Gefühle, Deutschland 19 I 19“ eröffnen. Sie wurde durch die Historikerinnen Ute und Bettina Frevert gemeinsam mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ)“ und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erstellt. Schirmherr dieser Ausstellung ist Bundesaußenminister Heiko Maas. Die Ausstellung orientiert sich an der Feststellung, dass Politik scheinbar zunehmend von Gefühlen bestimmt wird. Die Ausstellung ist bis Mitte 2020 in den Räumen der Wiege der Bundeswehr zu besichtigen. Voranmeldung ist erforderlich, Tel: 0160 665 88 68.

Pressemitteilung des Förderver-

eins Wiege der Bundeswehr

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