Im Rahmen der Flüchtlings-Debatte ruft die IHK-Spitze die Unternehmerschaft mit einem Schreiben auf:

„Bekennen Sie Farbe“

Politik sei auch gefordert: Wer in Ausbildung ist, darf nicht abgeschoben werden - Und wer die Ausbildung geschafft hat, soll mindestens zwei Jahre beschäftigt werden dürfen

04.09.2015 - 14:09

Koblenz/Region. Im Schreiben von Präsident Manfred Sattler und Hauptgeschäftsführer Arne Rössel heißt es u.a : „Die täglichen Meldungen von Flüchtlingsströmen über das Mittelmeer und den Balkan führen uns eindrücklich vor Augen, auf welche Herausforderungen Europa und besonders Deutschland kurzfristig aber auch grundsätzlich Antworten finden muss. Dabei verdeckt insbesondere die mediale Konfrontation mit dem Flüchtlingsthema oftmals die eigentliche Dramatik, die hinter den Flucht- und Wanderungsbewegungen der zu uns kommenden Menschen steht. Und sie verdeckt die Tatsache, dass Deutschland schon seit Jahren ein Zielland von Zuwanderern und Asylsuchenden ist. Bereits 2014 hatte die OECD Deutschland bescheinigt, mittlerweile weltweit das zweitgrößte Einwanderungsland nach den Vereinigten Staaten zu sein. Grund für das große Interesse an Deutschland ist die wirtschaftlich robuste Situation, in der sich die Bundesrepublik befindet: So viele Menschen wie noch nie haben Arbeit, die öffentliche und soziale Sicherheit sind hoch, die sozialen Standards sind denen den Staaten der zweiten und dritten Welt um Welten voraus. Würden wir als Schutzsuchende denn nicht auch versuchen, in einem Land wie Deutschland Asyl zu finden?

Wahr ist, dass der erwartete Zustrom von 800.000 Flüchtlingen alleine in diesem Jahr unser Land vor eine immense politische und gesellschaftliche Herausforderung stellen wird. Und wahr ist leider auch, dass diesen Hilfe suchenden Menschen nicht überall mit Offenheit und Solidarität begegnet wird. Vielerorts sind sie mit Ablehnung konfrontiert, mancherorts schlägt ihnen sogar offene Gewalt entgegen. Dass aber kann und darf nicht sein! So sehr wie unsere Unternehmen von unserer eigenen gesellschaftlichen Offenheit und dem vernetzenden Prozess der Globalisierung im Allgemeinen profitiert haben, so sehr stehen wir als Unternehmer heute in der Verantwortung, für eine offene und integrierende Gesellschaft einzutreten!

Natürlich bleibt auch die Politik gefordert: Rund ein Viertel der Asylbewerber und Flüchtlinge ist im typischen Ausbildungsalter zwischen 16 und 25 Jahren. Deswegen bleiben wir dabei: Wer in Ausbildung ist, darf nicht abgeschoben werden. Und wer die Ausbildung geschafft hat, soll mindestens zwei Jahre beschäftigt werden dürfen. Alles andere macht weder betriebs- und volkswirtschaftlich irgendeinen Sinn. Unter den Asylsuchenden wird auch so manche Fachkraft sein, für die wir hier in Deutschland vermutlich schnell einen Arbeitsplatz finden würden, wenn wir um die Fähigkeiten der Arbeitssuchenden wüssten. Leider müssen wir bislang mit sehr langen Bearbeitungszeiten und zum Teil wenigen qualifizierten Aussagen zum fachlichen Können leben. Auch deshalb wird sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz künftig verstärkt in den Themenfeldern rund um die Integration von Flüchtlingen durch Beschäftigung engagieren.

Aber jenseits aller politischen Fragen nach Aufenthaltsdauer, sicheren Herkunftsländern, Verteilungsschlüsseln oder Kostenträgerschaft stellen die Flüchtlingsströme heute die grundsätzliche Frage nach der Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit unserer Gesellschaft. Und genau hier können und müssen wir als Unternehmer unseren Beitrag leisten. Wir müssen uns positiv und selbstbewusst pro Zuwanderung und pro Integration positionieren. Wir müssen unsere persönlichen Werte und das Wertefundament unserer Unternehmen deutlich machen – sowohl als Maßstab für uns selbst als auch für unsere Mitarbeiter.


Fremdenhass nicht tolerieren


Und wir müssen den offenen Fremdenhass genauso wie die latente Ausgrenzung von Zuwanderern aktiv konfrontieren, wenn sie uns in unseren Betrieben begegnen. Es darf keine Toleranz gegenüber denen geben, die die Würde anderer Menschen infrage stellen. Wir sind der festen Überzeugung, dass echte unternehmerische Verantwortung immer auch gesellschaftliche Verantwortung in sich trägt. Und natürlich wissen wir, dass vieles in unseren Betrieben in diese Richtung stattfindet, ohne dass darum großes Aufheben gemacht wird. Denn es sind ja unsere Unternehmen, die durch Ausbildungs- und Arbeitsplätze ganz maßgeblich zur Integration von Zuwanderern in unsere Gesellschaft beitragen. Und es sind unsere Unternehmen, die zugewanderten Menschen durch den Kontakt zu Kollegen und das eigene Arbeitseinkommen die Möglichkeit einer echten gesellschaftlichen Teilhabe bieten. Aber angesichts der zunehmenden „Salonfähigkeit“ von Ablehnung und Ausgrenzung gegenüber Flüchtlingen appellieren wir an Sie: Beziehen Sie auch öffentlich Position, gegenüber Ihren Mitarbeitern, in Ihren Netzwerken! Bekennen Sie Farbe für ein offenes, ein integrierendes Land! Jeder kann – und muss – seinen Beitrag leisten, damit aus den vor uns liegenden Herausforderungen Chancen für unser Land erwachsen. Wir würden uns freuen, Sie dabei an unserer Seite zu wissen!“

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