„Gemeinsam gestalten wir ein Zuhause für alle“
Auftakt der Demografiewochen
Linz. Unter dem Motto „Gemeinsam gestalten wir ein Zuhause für alle“ starteten am 29. Oktober die diesjährigen Demografiewochen mit einer gut besuchten Auftaktveranstaltung im großen Saal der VerbandsgemeindeVerwaltung. Rund 50 Gäste nutzten die Gelegenheit, sich über regionale Hilfs- und Unterstützungsangebote zu informieren und mit den rund 20 Ausstellern ins Gespräch zu kommen.
Bürgermeister Frank Becker begrüßte die Besucherinnen und Besucher herzlich und dankte den teilnehmenden Organisationen und Initiativen für ihr Engagement: „Wir sind in unserer Region wirklich sehr umfangreich aufgestellt, wenn es um Hilfe im Alter geht. Eine Veranstaltung wie diese hilft dabei, die vielen Angebote auch bekannt zu machen“, betonte Becker.
Gemeinsam mit Waltraud Schmaus, Wolfgang Walter und Klaus Krumscheid vom Seniorenbeirat verschaffte er sich bei einem Rundgang durch Saal und Foyer einen Überblick über die Vielfalt der präsentierten Angebote. Mit einem Augenzwinkern fügte Becker hinzu: „Auch wenn wir in der Region eine kleine Gemeinschaft sind, so sind wir eine sehr fürsorgende Gemeinschaft. Und ich bin wirklich überrascht, wie groß unser Saal sein kann.“
Die Aussteller selbst kamen neben Beratungsgesprächen auch untereinander in einen angeregten Austausch. So wurde der Tag zu einem gelungenen Netzwerktreffen der sorgenden Gemeinschaft in der Verbandsgemeinde Linz.
Der Höhepunkt des Abends war der Vortrag von Professor Dr. Stefan Sell von der Universität Koblenz, einem der renommiertesten Experten für Sozialpolitik und Demografie in Deutschland, der mit eindrücklichen Zahlen und klaren Worten die Herausforderungen des demografischen Wandels skizzierte. Sell erinnerte daran, dass 1964 der geburtenstärkste Jahrgang der Bundesrepublik war – „fast 1,4 Millionen Babys kamen damals zur Welt“. Doch seither habe sich das Blatt gewendet: Jede Generation sei seither um etwa ein Drittel kleiner als die vorherige. Selbst eine plötzliche Trendwende würde Jahrzehnte benötigen, um die Folgen dieser Entwicklung abzufedern.
„Die nächsten 15 Jahre werden bitter“, so Sell. „Wir verlieren jährlich eine Großstadt auf dem Arbeitsmarkt.“ Rund 13 Millionen Menschen werden bis 2040 in den Ruhestand gehen, während nur etwa die Hälfte dieser Zahl durch jüngere Arbeitskräfte ersetzt werden könne. Auch die Zuwanderung könne das Problem nicht lösen: „Wir bräuchten jährlich 500.000 zusätzliche Arbeitskräfte – das entspricht einer Bruttozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen. Eine solche Zahl ist gesellschaftlich kaum leistbar.“
Neben dem Fachkräftemangel warnte der Professor auch vor zunehmender sozialer Ungleichheit: „Die Schere zwischen Arm und Reich wird gerade im Alter enorm auseinandergehen. Ohne Umverteilung wird ein Teil der Bevölkerung massiv in die Altersarmut rutschen.“ Als Lösungsansätze nannte Sell unter anderem die stärkere Einbindung sogenannter „Silver Worker“, also älterer Beschäftigter, die freiwillig länger oder in Teilzeit arbeiten, sowie den Ausbau des ehrenamtlichen Engagements. Auch internationale Beispiele könnten Orientierung bieten: So gäbe es in der Schweiz keine Beitragsbemessungsgrenze bei den Rentenbeiträgen und in den Niederlanden eine feste Grundrente, die soziale Unterschiede abmildere. Zum Abschluss appellierte Sell: „Wir müssen Fürsorge in der Gesellschaft wieder positiv besetzen. Wenn wir jetzt handeln, können wir die kommenden Jahre gestalten – warten wir zu lange, wird es immer schwieriger.“
Bürgermeister Becker dankte Professor Sell abschließend für den erkenntnisreichen Vortrag: „Vielen Dank für die spannenden und zugleich nachdenklich machenden Informationen. Wir wissen nun, was auf uns zukommt. Mit unseren rund 400 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sind wir in der Verbandsgemeinde aber gut aufgestellt und werden die kommenden Herausforderungen gemeinsam meistern.“
Der Abend endete mit vielen anregenden Gesprächen zwischen Gästen, Ausstellern und Fachleuten – ein gelungener Auftakt der Demografiewochen, der Mut machte, die Zukunft aktiv zu gestalten. Weiter geht es in den nächsten Tagen und Wochen mit den Treffen zwischen Jung und Alt überall in der ganzen Verbandsgemeinde.
