Drei RWE-Experten informierten im AKW Mülheim-Kärlich über Abrissarbeiten und Geländevermarktung

Aus dem Koloss wurde ein „Kolösschen“

Ende des Jahres sollen Kühlturm und Ende der 20er Jahre das Kernkraftwerk völlig verschwunden sein

13.05.2019 - 08:16

Mülheim-Kärlich. Der Koloss von Mülheim-Kärlich ist jetzt nur noch ein „Kolösschen“. Denn der Abrissroboter hat den einst 162 Metern hohen Kühlturm des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich auf 80 Meter gestutzt. Warum der „Abrissknabberer“ nicht mehr weitermachen kann und noch im Mai mit einem Kran von der nur 16 cm dicken Kühlturmkante heruntergehoben wird, erklärte RWE-Ingenieurbauwerksleiter Olaf Day in der KKW-Kantine vor Kommunalpolitikern und Journalisten: „Zum einen kann ab dieser Höhe konventionelle Abbruchtechnik eingesetzt werden, die einen sicheren und schnelleren Fortschritt verspricht. Ferner erschwert die zunehmende Neigung der Kühlturmwand eine Halterung für den Abbruchroboter. Es gibt für die Phase II des Abbruchs vom Boden aus mehrere Möglichkeiten. Welche wir einsetzen werden, steht noch nicht fest.“


Die nächsten Arbeitsschritte


Im Juni bereiten die RWE-Leute Phase II vor, indem der Schutt aus dem Inneren des Kühlturms entfernt wird. Insgesamt bleiben von dem ungeliebten AKW-Wahrzeichen 23 000 Tonnen Stahl und Betonabfall übrig. Davon werden nahezu 85 Prozent durch Körnung wiederverwendet.

Warum konnte der Koloss nicht einfach gesprengt werden? „Eine Sprengung neben einem Reaktorgebäude wird nie genehmigt und außerdem hätten die Bahngleise für mehrere Stunden gesperrt werden müssen. Für diesen so genannten Slot braucht die Bahn vier bis fünf Jahre und das war uns zu lang“, erläuterte Olaf Day, der versicherte, dass Ende des Jahres der Kühlturm völlig verschwunden sei.

Wenn es aber ans „Eingemachte“ geht, ist ein Ende nicht abzusehen. RWE rechnet damit, dass Ende der 2020er Jahre der Reaktordruckbehälter mitsamt der Kuppel rückgebaut ist und das gesamte Gelände in den 2030er Jahren zur Verfügung steht. Der Primärkreislauf mit seinen radioaktiven Elementen kann nur unter hohen Sicherheitsvorkehrungen entfernt werden. Dies allein dürfte nach Schätzungen 700 Millionen Euro kosten. Der gesamte Kernkraftwerksabriss - die Genehmigung wurde bereits 2004 erteilt - kostet die RWE Power AG vermutlich eine Milliarde Euro.

Für das Kernkraftwerk, das von 1975 bis 1986 gebaut und nach einer Gerichtsentscheidung wenige Monate nach dem Probebetrieb wieder stillgelegt wurde, mussten rund 7 Milliarden D-Mark gezahlt werden. Seit Oktober werden im Reaktorgebäude die beiden großen Dampferzeuger (23 Meter lang, 4 Meter Durchmesser, jeweils 450 Tonnen Gewicht) mit diamantbesetzten Seilsägen in Scheiben geschnitten und in Containern sicher verpackt. Diese Container kommen in das Endlager Schacht Konrad bei Salzgitter, das schwach- und mittelradioaktive Abfälle annimmt. Von den 500 000 Tonnen Gesamtabfall sind etwa 1800 Tonnen radioaktiv. Der Reaktordruckbehälter, in dem die Atomkernspaltung stattfand, ist hochradioaktiv. „Wir haben gerade den Vertrag über dessen Abriss unterschrieben, mit dem nächstes Jahr begonnen wird“, erklärte Anlagenleiter Dr. Thomas Vollmar und weiter: „Die radioaktiven Teile werden sorgfältig verpackt und dem Bund übergeben, vor Ort haben wir kein Zwischenlager.“


Verkauf der Grundstücksfläche


Was aber geschieht mit dem riesigen, 29 Hektar großen Gelände, nachdem das Lahnsteiner Recyclingunternehmen Zimmermann 2016 vom Kauf zurückgetreten war? „Zu Beginn des Jahres wurde eine etwa drei Hektar große Teilfläche mit dem ehemaligen Werkstatt- sowie Lagergebäude an die Firma Castell Autokrane GmbH veräußert. Die Firma Castell wird damit ihren Hauptsitz von Koblenz nach Mülheim-Kärlich verlagern. Zur Erschließung des neuen Firmengeländes und der benachbarten Flächen baut RWE eine Straße mit Ver- und Entsorgungsanlagen, die im Juli fertig ist. Zurzeit verhandelt RWE über den Verkauf weiterer Grundstücksflächen, wobei wir bei einigen kurz vor dem Abschluss stehen“, erläuterte RWE-Liegenschaftsprojektleiter Michael Hennemann. Er verkaufte bereits 2017 das drei Hektar große ehemalige Betriebssportgelände an die Troisdorfer Firma Innovative Plasma Systems. Dieses Technologieunternehmen stellt hoch effiziente Plasmaanlagen für Spezialbeschichtungen her und vertreibt diese weltweit. Es gibt noch Flächen zwischen 0,3 und 3,5 Hektar, bei Interesse aber auch eine Riesenfläche für Großunternehmen, informierte Hennemann. Vor etwa vier Jahren beschloss der Verbandsgemeinderat Weißenthurm, dass das Kernkraftwerksgelände Industriegebiet wird. Schließlich hat es eine ideale Lage mit kurzen Entfernungen zu der Autobahn 48 und den Rheinhäfen in Koblenz und Andernach. Ein Alleinstellungsmerkmal sei der direkte Gleisanschluss, unterstrich Hennemann. So dürfen sich die Stadt Mülheim-Kärlich und die VG Weißenthurm über Industrie- und Gewerbeansiedlungen freuen, die einen Teil des Steuereinnahmeverlusts durch das seit Jahrzehnten stillliegende Kernkraftwerk wieder ausgleichen. HEP

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