Abitur – und was danach? Vortrag am Rhein-Gymnasium Sinzig
„DAS Jahr meines Lebens!“
Die ehemalige Schülerin Katinka Freis berichtet Abiturienten von ihrem Freiwilligenjahr in Bolivien
Sinzig. Zwei Stunden lang hörten etwa 40 Abiturienten des Rhein-Gymnasiums Sinzig der ehemaligen Schülerin Katinka Freis gebannt zu. Sie berichtete mit großer Begeisterung über ihre Zeit in einem ihr zuvor völlig unbekannten Land, nämlich Bolivien.
Katinka Freis hatte sich nach ihrem Abitur 2016 für ein Freiwilligenjahr im Ausland entschieden und sich über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bei der AFS-Organisation beworben. Erwünscht ist ein kultureller Austausch, um ein gegenseitiges Verständnis zu fördern. Durch tatkräftiges Handeln soll gelernt und geholfen werden. Was das bedeutet, berichtete Freis ebenso ausführlich wie lebendig.
Nach einer intensiven Vorbereitung durch die AFS-Organisation war sie in einem privaten mit Spenden finanzierten Heim für Straßenkinder für die Erziehung und Ausbildung von 12 Jungen zwischen null und 12 Jahren zuständig. In Bolivien, das Kinderarbeit zulässt und die meisten Straßenkinder weltweit hat, sind die Lebensbedingungen dieser Kinder katastrophal. Sie haben keinen Zugang zu Bildung oder Hygiene und es gibt für die Kleinen auch keine regelmäßige Ernährung. Ihr Spielzeug suchen sie im Müll. Frau Freis ist eine sehr aufmerksame Beobachterin und konnte detailliert diese Lebensbedingungen schildern. Das Kinderheim hat es sich – wenn auch mit nur sehr bescheidenen Mitteln – zur Aufgabe gemacht, diese Kinder von der Straße zu holen und ihnen ein Zuhause sowie eine Ausbildung zukommen zu lassen.
Land und Leute kennengelernt
Das Zusammenleben mit den Kindern, insbesondere die fehlende Hygiene, war für Katinka Freis nicht immer einfach. Letztlich überwogen bei ihr die emotionalen Bindungen zu den Kindern. So wurde sie Freundin, Mutter und Schwester bei „ihren“ Kindern, die keine Eltern kennen und teilweise keine Identität haben. Eingebunden war Katinka Freis in einer Gastfamilie, die sie sehr herzlich aufnahm. Darüber hinaus fand sie zahlreiche Freunde, mit denen sie die gemeinsame Freizeit verlebte.
Sie nutzte auch die Möglichkeit, das Land zu bereisen. Vor allem schwärmte sie von den über 5000 Meter hohen Bergen, dem Titicacasee und der „Todesstraße“, die durch zahlreiche Vegetationszonen führt. Sie war begeistert von Lamas, die so süß sind, von bunten, schönen Stoffen der indigenen Bevölkerung, den vielen Feiertagen, den zwölf verschiedenen Kartoffelsorten und den unzähligen kleinen Ständen am Straßenrand. Neben den „schönen“ Seiten Boliviens berichtete Frau Freis auch von den massiven Problemen des Landes. Sie erlebte eine Woche lang einen Wassernotstand, Korruption auch bei Polizisten, Selbstjustiz gegenüber einem Dieb in einer durch Ungleichheit geprägten Gesellschaft. So gibt es eine kleine weiße, reiche und westlich orientierte Oberschicht, die sich in Ghettos von der armen indigenen Bevölkerung abgrenzt. Nach ihrem Fazit befragt, sagte sie ganz einfach: „Das Jahr in Bolivien war für mich das Jahr meines Lebens!“
Emotionale Achterbahnfahrt
Ihre Emotionen beschreibt sie mit einer Achterbahnfahrt. Anfangs hatte sie Heimweh, während sie am Ende nicht mehr nach Hause wollte.
Die täglichen Herausforderungen waren neben der fremden Kultur auch die zunächst fremde spanische Sprache. Die vielen Erlebnisse haben sie nachdenklicher gemacht. Häufig habe sie sich die Frage gestellt, was im Leben wirklich wichtig sei. Die Rückkehr nach Deutschland empfand sie zunächst als einen Kulturschock, nachdem sie das Leben in einer völlig anderen Kultur kennengelernt hatte. Die vielen wertvollen Erfahrungen in ihrem Freiwilligenjahr werden von allergrößter Bedeutung für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg sein.
Das Rhein-Gymnasium Sinzig wünscht ihr dabei viel Erfolg!
