Dorfgemeinschaft Westum e.V.

Der etwas andere Volkstrauertag

10.11.2020 - 10:10

Westum. Die Corona-Pandemie hat auch den Volkstrauertag 2020 fest im Würgegriff. Es dürfen nur sehr wenige Festakte an diesem Feiertag stattfinden. Im Kreis Ahrweiler ist der Soldatenfriedhof in Sinzig-Bad Bodendorf der einzige Ort des öffentlichen Gedenkens, an dem nur einige Vertreter des Kreises und der Kommunen teilnehmen dürfen. Diese Beschränkung wird von der breiten Masse der Bevölkerung ohne oder nur mit geringen Bedauern zur Kenntnis genommen; denn das Interesse sowie die Bereitschaft der Bürger, an den Trauerfeierlichkeiten teilzunehmen, ist seit Jahrzehnten stark rückläufig. Was ist die Ursache für dieses fortschreitende Desinteresse?

Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges vorgeschlagen. 1922 fand die erste Gedenkstunde im Reichstag statt. Der Volkstrauertag wurde erstmals am 1. März 1925 begangen. In der Zeit des Nationalsozialismus änderte sich der Charakter des staatlichen Feiertags vollständig. Nicht mehr Totengedenken stand im Mittelpunkt, sondern Heldenverehrung. Deshalb erfolgte auch die Umbenennung in Heldengedenktag. Wegen der zahlreichen Kriegstoten und Vermisstenschicksale bestand für viele nach dem Zweiten Weltkrieg eine Notwendigkeit für die Fortführung des Volkstrauertags.

Bereits nach dem 1. Weltkrieg, in dem 27 aus Westum stammende Soldaten gefallen waren, führte die Trauer über die Opfer des Krieges zur Errichtung des Kriegerdenkmals, das 1936 fertig gestellt wurde. Damals ahnte wohl niemand, dass es noch schlimmer kommen sollte; denn im 2. Weltkrieg ließen 39 Westumer Männer an den Kriegsfronten ihr Leben und 8 Westumer Bürger wurden Opfer der Bombenangriffe oder starben an anderen Kriegsfolgen (Quelle: Heinz Schmalz).

Während der 1950er bis 1980er Jahre waren die Trauer und Betroffenheit über die Opfer, das Leid und die Not, die durch die beiden Weltkriege verursacht wurden, an den Volkstrauertagen noch präsent und spürbar. An den am Westumer Kriegerdenkmal stattfindenden jährlichen Trauerfeiern nahmen so viele Bürger teil, dass diese bis in den Finkenweg stehen mussten, um der Feier beiwohnen zu können.

In der heutigen Zeit ist eine solche Teilnehmerzahl nicht mehr vorstellbar. Es gibt nur noch wenige, lebende Zeitzeugen der Kriegstage. Dadurch hat die Trauer ihren emotionalen Zustand verloren. Im Gegensatz zu den Nachkriegsjahren haben die Gefallenen keine Gesichter mehr, für die dominanten heutigen Generationen sind es nur noch Namen. Die Erinnerungen an die schrecklichen Kriegsjahre sind nicht mehr real, sondern verblasst. Da seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nun 75 Jahre vergangen sind, wir mehr als die Hälfte dieser Zeitspanne in Wohlstand leben, ist für uns ein Leben ohne das zuvor beschriebene Elend der Weltkriege selbstverständlich geworden.

Frieden, Freiheit und ein Leben ohne staatliche Repressalien führen nicht automatisch zu einem „Weiter so“. Wie verletzlich eine solch trügerische Einstellung sein kann, erleben wir heute in Zeiten der Corona-Pandemie. Staatlich verordnete Einschränkungen, insbesondere die in der Gestaltung der Freizeit, lösen Empörung, Krawalle, Anfeindungen und gefühlte Verluste in der Lebensqualität aus. Am diesjährigen Volkstrauertag sollten diese Eingriffe in den Ablauf des Alltags, gemessen am Leid und Elend der Kriegsgenerationen, erträglich erscheinen.

Deshalb ist es wichtig, sich an einem Tag jährlich zu besinnen, welche humanitären Katastrophen Kriege auslösen. Der Volkstrauertrag sollte Mahnung sein, diese Erinnerung an die schrecklichen Kriegszeiten wachzuhalten, Lehren zu ziehen, um so weitere Kriege zu vermeiden. Dem Gedenktag sollte auch der Charakter eines „Erntedankfestes“ im übertragenen Sinne zu Teil werden. „Danke für eine Zeit ohne Krieg, nationales Leid und Elend.“

Pressemitteilung

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