Freilichtbühne macht auch mit kleiner Besetzung großes Theater

Der langen Pandemie zum Trotz: Ein Räuberspaß mit Hotzenplotz

12.07.2021 - 13:54

Schuld. Eigentlich war alles ganz anders gedacht: Nachdem im vergangenen Jahr pandemiebedingt gar keine Vorstellungen möglich waren, stand für 2021 „Jim Knopf und die Wilde 13“ auf dem Programm der Freilichtbühne in Schuld. Doch als absehbar war, dass man, wenn überhaupt, nur eingeschränkt spielen konnte, planten die Theatermacher in dem kleinen Dörfchen an der Ahr kurzfristig um.


Weniger Personen, größerer Abstand


Jetzt wird mit „Der Räuber Hotzenplotz“ ein Stück gegeben, das mit weniger Darstellern und größerem Abstand auskommt. Dem Spielvergnügen tat das allerdings keinerlei Abbruch. Die Premiere des Kinderbuchklassikers von Otfried Preußler fand am vergangenen Freitag mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept statt: Statt der üblichen 660 Zuschauer wurden nur 250 Personen eingelassen, die beliebte Kaffeebude mit Kiosk blieb geschlossen, es wurde ohne Pause in anderthalb Stunden durchgespielt. Trotzdem alledem wurde es ein großer Theaterabend.

Pünktlich zum Vorstellungsbeginn um 19 Uhr öffnete der Himmel seine Schleusen und die bedauernswerten Mitwirkenden mussten zunächst im Regen agieren, während das Publikum trocken unter dem Dach saß. Doch auch das konnte der schieren Freude nichts anhaben, die jedem Darsteller und jedem Besucher anzumerken war. Zu lange hatte man theaterlos sein müssen, zu fröhlich kam die Vorlage von Preußler daher, sie ist schnell erzählt.


Auf der Jagd nach der Kaffeemühle


Die Großmutter hat Geburtstag, die Gratulanten singen ein Ständchen, Kasperl und Seppl schenken ihr eine tolle Kaffeemühle, die beim Mahlen Musik macht. Zur Feier des Tages soll es Kuchen mit Schlagsahne geben. Während Kasperl und Seppl den Rahm besorgen, überfällt der Räuber Hotzenplotz die Großmutter und nimmt die Mühle mit. Die tumbe Polizei ist zunächst kein wirklicher Freund und Helfer. Deshalb wollen Kasperl und Seppl die Sache selbst in die Hand nehmen, mit einem Trick den Weg zur Räuberhöhle finden und dem Gauner sein Beutestück wieder abjagen. So beginnt ein großes Abenteuer, in dem der große und böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann, eine Unke und eine Fee mit Namen Amarillis eine Rolle spielen.

Wer nun glaubt, die Geschichte sei tausendmal erzählt und langweilig, wird eines Besseren belehrt: Schwungvoll, humorig, mit Musik und Gesang, mit Pyrotechnik, Knall und Rauch, mit Körpereinsatz, mit Lust und Laune und vor allem mit Hingabe wird hier bestes Freilichttheater gemacht.


Drei Gründe für ein famoses Stück


Dies ist zum einen der einfallsreichen Regie von Jens Kerbel zu danken, der die Inszenierung nicht nur mit einigen lokalen Bezügen versieht, sondern auch mit aktuellen Aspekten bis hin zum Gendersternchen spickt. Zum zweiten dem Gesamtpaket aus Licht, Ton, Kulisse, Kostümen und Maske, wie immer ein Genuss, wie immer aus einem Guss. Und zum dritten schließlich den herausragenden Schauspielern, die bis in die kleinste Rolle mit Verve agieren. Es mag ungerecht sein, aus der trotz aller Einschränkungen doch noch langen Darstellerriege einzelne heraus zu heben. Zwei Pärchen seien trotzdem genannt: Der Kasperl (doppelt besetzt mit Christopher von Collas und Leon Schmitz) und die Seppl (ebenfalls zweifach mit Maya Schmitz und Miriam Franken) sind einfach grandios im Zusammenspiel, auf ihren jungen Schultern ruht die Hauptlast, die sie scheinbar mühelos tragen. Und Lea Stankowitsch sowie Tilo Stratmann als Kobolde Zwick und Zwack werden im Nu zu Publikumslieblingen. Mit solchen Nachwuchskräften muss einem um die Zukunft der Spielschar in Schuld nicht bange sein.

Am Ende gibt es nicht nur endlich trockenes Wetter, sondern auch verdienten und langen Applaus von den Rängen. Einziger Wermutstropfen: Für die Vorstellungen bis zum 8. August, immer samstags um 19 Uhr und sonntags um 15:30 Uhr, gibt es kaum noch Karten. Restplätze gibt es unter Telefon 0651/9790777 oder unter www.ticket-regional.de/fbschuld. Und wenn es nicht klappt, kann man sich auf ein Wiedersehen im kommenden Jahr mit Jim Knopf freuen.

SCHÜ

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Stadt fragt nach Wünschen der Eltern

Befragung zu Grundschulbetreuung

Neuwied. Ab 2026 tritt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter in Kraft. Hierauf bereitet sich die Stadtverwaltung Neuwied bereits vor. Sie erhebt, welche Betreuungsbedarfe Eltern für Ihre Kinder haben. Das Angebot soll bis 2026 dementsprechend ausgebaut werden. mehr...

Gründung einer Selbsthilfegruppe für Betroffene des Restless Legs Syndroms in Koblenz

Gegen die „ruhelosen Beine“

Koblenz. Sie verspüren unnatürlichen Bewegungsdrang, kribbeln in den Beinen, Zuckungen oder quälenden Schmerz, verbunden mit Schlaflosigkeit? In Koblenz gründet sich am Donnerstag, 20. April eine neue Selbsthilfegruppe für Betroffene des Restless Legs Syndroms, die eine Plattform zum Erfahrungsaustausch und der gegenseitigen Hilfe bieten möchte. mehr...

Örtliche Betreuungsbehörde Koblenz

Terminvergaben verzögern sich

Koblenz. Die örtliche Betreuungsbehörde der Stadt Koblenz berät Bürgerinnen und Bürger zu allgemeinen Fragen im Rahmen des Betreuungsrechts, klärt über Vorsorgevollmachen und Patientenverfügungen auf und beglaubigt deren Unterschriften. Darüber hinaus werden Betreuerinnen und Betreuer beraten, sowie das Betreuungsgericht in der Sachverhaltsermittlung unterstützt. mehr...

Frackträger im Fokus

Neuwied. Ein langgezogenes, mehrstimmiges Blöken schallt durch die morgendliche Frühlingsluft. Nach Eseln oder Schafen hält man jedoch vergebens Ausschau, stattdessen fällt der Blick auf eine Gruppe Pinguine: Die Humboldt-Pinguine im Zoo Neuwied klingen so gar nicht nach Vögeln. „Eine nah verwandte Art wird nicht umsonst auf Englisch ‚Jackass-Penguin‘, also Esels-Pinguin, genannt. Wobei das deutsche... mehr...

 
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Kommentare
Wolfgang Huste:
Schade, dass ich hier nicht erwähnt wurde, obwohl ich mich ebenfalls dezidiert zum Kreishaushalt äußerste, ohne - wie die anderen - "vom Blatt" abzulesen. Ich monierte zum Beispiel, dass es immer noch kein Sozialticket im ÖPNV gibt, für Menschen, die sich nicht auf der Sonnenseite des Lebens befinden...
juergen mueller:
Das nennt man Politik, wenn man Betroffenen über Jahre hinweg Sicherheit u. Perspektive vorgauckelt. wo im Endeffekt keine ist. Aber wo wurde schon einmal in der Politik die Wahrheit gesagt. Dieses ganze Szenario, bei dem man bereits investierte Steuergelder in Millionenhöhe doch tatsächlich zurückerwartet,...
juergen mueller:
Diese Frage betrifft nicht nur den Sportplatz der Reinhardts-Elf. WIE oder WANN geht es mit der Bezirkssportanlage "Schmitzers Wiese" weiter bzw. WANN kommt man hier in die Gänge? Fördergelder sollen ja bereit stehen. Oder hat man diese für andere Projekte zweckentfremdet? Wäre nichts neues. Erinnert...
Service