Pressekonferenz macht das Programm und die Umgestaltung des Willy-Brandt-Forums klar

Die Zukunft ist finanziell gesichert

Die Zukunft ist finanziell gesichert

Neben der Darstellung des Kniefalls von Warschau beendete der Vorstand die Pressekonferenz. Foto: DL

21.01.2020 - 13:28

Unkel. Auf ein überaus erfolgreiches Jahr 2019 kann die Unkeler Bürgerstiftung „Willy-Brandt-Forum“ (WBF) zurückblicken. „Wir konnten, nicht eingerechnet unsere Veranstaltungen, mit 4.369 Besuchern 173 Gäste mehr begrüßen als 2018 und das, obwohl wir nur an 1.920 Stunden statt wie zuvor an 2.282 Stunden geöffnet hatten.“ Mit diesen Worten eröffnete der Vorsitzende, Christoph Charlier, die Pressekonferenz, zu der er Anfang voriger Woche zusammen mit seinem Stellvertreter, Wolfgang von Keitz, sowie den Beisitzern, Sigrid Wesely und Georg Walenciak, in das Forum eingeladen hatte. „Insgesamt wurden 108 Führungen durchgeführt. Gestemmt haben das 26 ehrenamtliche Mitarbeiter, die sich über eine Verstärkung des Teams freuen würden“, ergänzte er, um sich dann dem neuen Veranstaltungsreigen zu widmen.

Dieser beginnt am Freitag, 13. März, mit einer Lesung der in Köln lebenden Krimi-Autorin Brigitte Glaser. In ihrem zweiten Buch mit historisch-gesellschaftlichem Bezug, „Rheinblick“, widmet sie sich dem Bonner Polittheater im Jahr 1972, genauer Willy Brandt. „Nachdem im April ein konstruktives Misstrauensvotum gegen den SPD-Bundeskanzler gescheitert war und Bundespräsident Gustav Heinemann nach einer im September negativ ausgefallenen Vertrauensfrage von Willy Brandt den Bundestag aufgelöst hatte, war die SPD bei den Wahlen Mitte November als stärkste Fraktion hervorgegangen“, erinnerte Christoph Charlier. Im Wahlkampf habe der Bundeskanzler dann seine Stimme verloren, sodass nach seiner Kehlkopfoperation die Koalitionsverhandlungen von Herbert Wehner und Helmut Schmidt geführt wurde, ohne ihn einzubeziehen. Das „Spannungsverhältnis zwischen Populismus, Pluralismus und Integration“ thematisiert der Richter und Dozent an der Hochschule für Rechtspflege Schwetzingen, der „Gastarbeitersohn“ Allesandro Bellardita, am Sonntag, 10. Mai. „Ausgehend von Willy Brandts Forderung, mehr Demokratie zu wagen, untersucht der Sohn einer sizilianischen Familie, der als Lebensgefährte einer Enkelin von Sigrid Wesely durchaus Bezüge zu Unkel hat, ob die auf einen gemeinsamen Konsens beruhende Demokratie wackelt, angesichts von Populismus und Ausländerfeindlichkeit von den Rändern der Gesellschaft“, so der Vorsitzende des WBF.

Ein Höhepunkt des Veranstaltungsreigens ist die Eröffnung der Foto-Wanderausstellung „Helmut Schmidt, Hanseat-Staatsmann-Weltbürger“ durch den ehemaligen Ministerpräsidenten und Ex- Bundesminister Peer Steinbrück am Freitag, 5. Juni. „Sie zeigt in 31 Fotodokumenten nicht nur das politische Wirken des Ausnahmepolitikers, sondern gibt auch Einblicke in einen ungewöhnlichen Lebenslauf“, hob der Vorsitzende hervor.


Veranstaltungsreihe „40 Jahre Nord-Süd-Bericht“


Fortgesetzt im August wird die Veranstaltungsreihe „40 Jahre Nord-Süd-Bericht“. Wann genau der aus Indien stammende Reporter Ashwin Raman eine nicht länger ausschließlich europa-zentrierte Perspektive der Thematik vorstellt, steht noch nicht fest. Begleitet wird er aber von Patrick Wakhu, der über seine Doktorarbeit „Peace, Security and Stability in the African Continent: 40 Years after The Brandt Report“ sprechen wird.


Planungen der zweiten Jahreshälfte


„Für die zweite Jahreshälfte ist zudem ein Zwiegespräch über das Thema „70 Jahre Gleichberechtigung“ geplant“, so Christoph Charlier. Diskutieren werden im September die stellvertretende Vorsitzende des Vereins der „Freunde und Förderer des WBF“, Monika Wulf-Mathies, die ihre berufliche Karriere als Redenschreiberin von Willy Brandt sowie Helmut Schmidt begonnen hat, und die Managerin der Ardagh Group, Sabine Köppe, die als ehemaliges Mitglied des DDR-Olympia-Turnkaders einen spezifischen Einblick in die Praxis von Leistungsanforderungen an Mädchen und Frauen gewonnen hat. „Nach dem Vortrag „30 Jahr deutsche Einheit“ am Samstag, 3. Oktober, bei dem der renommierte Numismatiker, Ferdinand Dahl, die wohl umfangreichste Sammlung von Willy Brandt-Medaillen vorstellt, erinnert das WBF am Sonntag, 6. Oktober, an den Kniefall Willy Brandts vor dem Mahnmal für die ermordeten Juden des Ghetto-Aufstands in Warschau am 7. Dezember 1970. „Eine Geste, die sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt hat“, erinnerte der Vorsitzende. Wen das WBF als prominenten Gastredner einlädt, steht noch nicht fest. Die Suche richtet sich aber auf das Nachbarland Polen.


Ausschreibung eines Künstlerwettbewerbs


Außerdem schreibt das Forum einen Künstlerwettbewerb aus für Arbeiten, die sich mit dieser demütigen Bitte Willy Brandts um Vergebung auseinandersetzen. „Der ehemalige Professor für Bildhauerei an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter, der Unkeler Lars Ulrich Schnackenberg, hat ein Kniefall-Bild gemalt. Ob er sich damit an dem Wettbewerb beteiligt, steht aber nicht fest. „Einreichen kann man aber auch Texte und Kompositionen“, so Christoph Charlier. „Für die künstlerische Leitung des Wettbewerbs habe das WBF den Gründungsdirektor des Arp-Museums und heutigen Vizepräsidenten der Hochschule für Bildende Künste Essen, Raimund Stecker, gewinnen können“, ergänzte er, um sich abschließend der Neuorientierung des WBF zu widmen.

Für die Unkeler Politikergedenkstiftung sind im Bundeshaushalt 2020 über 300.000 Euro für zweieinhalb hauptamtliche Stellen eingestellt. „Die Berliner Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung (BWBS) hat den entsprechenden Beschluss des Bundestages als Auftrag interpretiert, das WBF zu integrieren“, berichtete Christoph Charlier. Damit würde das Forum neben der BWBS und der Stiftung in Brandts Geburtsstadt Lübeck dritte Säule der Erinnerungsstätten an Willy Brandt. Wie diese Integration aussehen soll, wird auf einer Sondersitzung des BWBS-Kuratoriums um den Vorsitzenden Wolfgang Thierse schon im ersten Quartal dieses Jahres thematisiert. „Wir haben unsere Vorstellungen für einen Zusammenschluss in einem Schreiben an den BWBS-Vorsitzenden der BWBS ausgeführt. Im Moment sind wir noch ganz autonom. Wie auch immer die Integration umgesetzt wird: Klar ist, dass die sogenannte Dienstherreneigenschaft für die Stellen beim Forum in den Händen des BWBS liegen wird“ so der Vorsitzende des WBF, das natürlich bestrebt sei, ein Mitspracherecht einzubringen. Vorstellbar seien aber verschiedene Konstruktionen, bis hin zu einer kompletten Fusion.


Gleichklang mit Berlin und Lübeck in Sicht?


„Wünschenswert wäre natürlich ein Gleichklang mit Berlin und Lübeck, also ein Modell vergleichbar dem des Lübecker Willy-Brandt-Hauses, das über einen Sitz im BWBS-Kuratorium verfügt. Dann könnten wir weiter mitgestalten, was hier mit enormem Engagement aufgebaut worden ist“, hob Christoph Charlier hervor. Für das Mitspracherecht habe man beste Argumente, sodass Berlin man nicht einfach sagen könne: „Nett Euch gesehen zu haben, aber ab jetzt wird alles professionell“. Immerhin würde das WBF neben dem Gebäude eine Ausstellung mit vielen Unikaten rund um das Arbeitszimmer von Willy Brandt einbringen sowie neun Jahre Erfahrung der Betriebe seiner ehrenamtlichen Einrichtung mit hochkarätigen Veranstaltungen. „Das Forum genießt einen hervorragenden Ruf und ich bin überzeugt, dass das auch in Berlin so gesehen wird“, so der stellvertretende Vorsitzende, Wolfgang von Keitz.


Finanzielle Sicherheit des Museums


Andererseits wäre das WBF nur mit der endgültigen Novellierung des „Einsetzungsgesetzes“ für die BWBS mit Aufnahme der Unkeler Gedenkstätte bestens abgesichert und damit ihr dauerhafter Bestand gewährleistet. Bereits angesichts der 2016er Bilanz, die mit einem Minus in Höhe von 5.000 Euro abgeschlossen hatte, hatte der Vorstand einen entsprechenden Kontakt eingeleitet. Ein Vorstoß, der sowohl von Ministerpräsident a.D. Kurt Beck, dem Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, als auch von Brigitte Seebacher unterstützt worden war. Alleine durch die Mieteinnahmen, die Eintrittsgelder und das Engagement des Förderkreises um Rudolf Scharping, Monika Wulf-Mathies und Helmut Born hätte das 2011 eröffnete WBF, das überwiegend mit Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz, durch 300.000 Euro Eigenmittel und durch die Überlassung des ehemaligen Sparkassengebäudes finanziert wurde, dauerhaft kaum überleben können.

„Die im Bundeshaushalt vorgesehenen Gelder sind für einen hauptamtlichen Geschäftsführer und weitere Stellen vorgesehen. Wir würden es natürlich auch gerne sehen, wenn wir über diese Personalmittel hinaus Sachmittel bekommen würden“, so der Vorsitzende. Ansonsten wäre es eine der Aufgabe des neuen Geschäftsführers, etwa Gelder zu generieren.

Unabhängig davon könnte man nicht nur das Dach sanieren, sondern auch das Geschoss so dämmen und ausbauen, dass es später vermietet werden kann. „Damit wird demnächst ein Meilenstein für die Kulturstadt Unkel in Angriff genommen, von der dieses Projekt in das Integrierte Städtebauliche Sanierungskonzept aufgenommen worden ist“, schloss Christoph Charlier die Pressekonferenz. DL

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