Die Erbacher Brücke wird in diesem Jahr 110 Jahre alt

Ein sehenswertes Relikt Westerwälder Eisenbahnkultur

11.06.2021 - 09:43

Nistertal. Wenn von berühmten Bauwerken im Westerwald die Rede ist, darf die Erbacher Brücke nicht fehlen. Ganz in der Nähe des Ortes Nistertal gelegen, wirkt die historische Überquerungshilfe fast wie ein römisches Aquädukt. Und ja: Die Eisenbahnbrücke kann sich sehen lassen. Sie ist insgesamt 300 Meter lang, 40 Meter hoch und besitzt elf Bögen und zehn Pfeiler. Die Geschichte der Brücke geht bis in das Jahr 1886 zurück. Damals herrschte ein echter Wirtschaftsboom, der durch die im gleichen Jahr in Betrieb genommene Westerwaldbahn ausgelöst wurde. Der Zug verkehrte zwischen Westerburg und Altenkirchen. 1904 erweiterte die Bahnstrecke Westerburg – Rennerod das Angebot. Die Bahnplaner von damals beabsichtigten früh, zwischen beiden Strecken eine Querverbindung zu schaffen. Der Grund war finanzieller Natur. Bei Bad Marienberg lagerten reiche Vorkommen an Basalt, die nicht nur abgebaut, sondern auch abtransportiert werden wollten. Kurz nach der Jahrhundertwende begannen die Planungen. Fehl-Ritzhausen und Erbach, heute übrigens Teil der Gemeinde Nistertal - wurden bedeutende Knotenpunkte. Von letzterer Station tuckerte auch der erste, festlich geschmückte Zug in Richtung Bad Marienberg. Die Freude über die Premiere war groß und die erste Abfahrt wurde im Rahmen eines Festes ebenso groß gefeiert. Und natürlich überquerte der Zug auch die Erbacher Brücke. Dies geschah am 31. August 1911. Punkt 12 Uhr am Mittag starteten die Festivitäten. Eine Blaskapelle spielte auf und auch ein Kinderchor sang zur Unterhaltung der Festgäste. Fortan wurden auf der Strecke sowohl Güter als auch Personen transportiert.

Die Konstruktion war für die Ingenieure eine echte Mammutaufgabe. Denn die Brücke aus 15.000 Kubikmetern solidem Beton benötigte eine Vielzahl von Arbeitskräften. So wurden Gastarbeiter aus Kroatien, Polen und Italien angeheuert, die von der Bevölkerung durchaus misstrauisch empfangen wurden. Außerdem benötigte es jede Menge Zement. Der konnte jedoch bereits topmodern per Güterwaggon geliefert werden. Zwei solcher Waggons erreichten täglich den Bahnhof in Erbach, von dort aus ging es weiter mit dem Fuhrwerk.


Bauliche Mängel sorgten für Ärger


Leider wurde die Konstruktion nicht vollständig zu Ende gedacht. Das vom Stöffel - einem nahen Hügel mit einer Höhe von fast 500 Metern - abfließende Wasser machte gehörige Probleme. Das sorgte für massive Erdrutsche, die das Gleisbett unter sich begraben. Deshalb entschieden sich die Ingenieure dazu, eine zweite, kleine und parallel laufende Brücke neben der Erbacher Brücke zu errichten, die der Entwässerung diente. Ein weiteres Problem war die beachtliche Steigung der Brücke. Bei Eisglätte mussten die Lokomotiven kräftig befeuert werden, um den Anstieg zu bewältigen. Hinzu gesellte sich der Umstand, dass die Brücke immer wieder repariert werden musste – ein kostspieliges Unterfangen. In der Folge wurde die Erbacher Brücke von breiten Teilen der Gesellschaft als unrentabel betrachtet. Dennoch stellte sie für die Industrie einen sehr großen Gewinn dar. Auch, wenn ihr Ruf eher negativ war. Die Weltwirtschaftskrise hingegen wirkte sich auf den Fahrbetrieb sehr negativ aus. In den 30er Jahren gab es noch einen Aufschwung, in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges kam der Betrieb aufgrund der Gefahr von Fliegerangriffen vollständig zum Erliegen. Im Rahmen des Wirtschaftswunders in den 1950er und 1960er Jahren wurde die Bahn zwar wieder häufiger benutzt, aber das Alter der Brücke machte sich bemerkbar: Betonteile bröckelten auf den Wirtschaftsweg im Tal. Um die Gefahrenquelle zu tilgen, fanden in der Folge aufwendige Reparaturmaßnahmen statt. Retten konnte das alternde Bauwerk aber auch die Sanierung nicht. Denn der Güter- und Personentransport war im Westerwald praktisch zu Erliegen gekommen. Die Nachfrage war nicht mehr gegeben und im August 1971 – also genau 60 Jahre nach der Einweihung - fuhr das letzte Mal ein Zug über die Erbacher Brücke. Vergessen ist sie dennoch nicht. Das Bauwerk zieht heute viele Touristen an und stellt ein beliebtes Fotomotiv dar.ROB

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