Feuerwehr feierte ihren Tag der Kameradschaft in Koisdorf gleich doppelt

Flutkatastrophe war beherrschendes Thema mit allen Auswirkungen

Neuer Standort für das neue Gerätehaus gesucht

02.11.2021 - 12:26

Koisdorf. Die Feuerwehren aus dem Stadtgebiet Sinzig feierten am vergangenen Samstag in Koisdorf ihren 26. Tag der Kameradschaft im Wortsinne gleich doppelt. Denn im Jahr 2020 war diese traditionsreiche Veranstaltung der Wehren der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.

In Koisdorf im Saal des Dorfgemeinschaftshaus Wendelinus gab es die üblichen Ehrungen und Beförderungen. Im Mittelpunkt standen natürlich die zahlreichen Auswirkungen der Flutkatastrophe vom Juli des Jahres. Die entfesselte Flutwelle der Ahr hatte auch in Sinzig massive Auswirkungen gehabt und brachte zahlreiche teils sehr unangenehme Konsequenzen mit sich. Ein kleines Detail: das sonst bei diesem Anlass so gern genutzte offizielle Rednerpult der Stadt war ein Opfer der Fluten geworden. Das Einsatzboot der Wehr handelte sich beim harten Einsatz in der Flutnacht derartig viele Beulen und Schäden ein, dass eine Reparatur wirtschaftlich nicht mehr möglich ist. Da steht eine Neuanschaffung an. Eine langfristige Konsequenz für die Wehr. Der Neubau des Feuerwehrgerätehauses auf dem Grundstück in der Kölner Straße, das ebenfalls überflutet wurde, liegt auf Eis. Sinzig oberster Feuerwehrmann, Bürgermeister Andreas Geron fand in dieser Hinsicht klare Worte. „Ich persönlich stehe nicht mehr hinter dem Grundstück in der Kölner Straße als Standort, das Wasser stand dort meterhoch“. Für die Wehr in Sinzig, die ja schon seit Jahren auf einen Neubau wartet, eine überaus bittere Erkenntnis. Denn nach jahrelangen Diskussionen um den Standort wird nun ein komplett neuer für das Gerätehaus gesucht. Dabei waren die Pläne gemacht, die Genehmigungen meist schon erteilt und auch das Vergabeverfahren angelaufen. „In diesen Tagen wären im Normalfall die ersten Bagger angerollt,“ so der Sinziger Bürgermeister. Der trug übrigens als Zeichen seiner Dankbarkeit und Anerkennung für die Leistungen der Wehr vor allen Dingen in der Fluchtnacht das neue Outfit der Feuerwehr. Ein flotter Freizeitanzug hat den bisher üblichen „biederen Kommunionsanzug in feuerwehrblau“ ersetzt.

Wichtig zu wissen: die Einsätze bei der Flut sind in der Einsatzstatistik der Wehr übrigens nicht erfasst. Einerseits weil es eigentlich gar nicht möglich war die zahlreichen kleinen Einsätze überhaupt zu erfassen, andererseits spricht man in Kreisen der Wehr von einem einzigen Einsatz, der bis zur Erschöpfung der Wehrmänner fast 100 Stunden dauerte. Als Bürgermeister Andreas Geron die Wehrleute nach fast 100 Stunden Einsatz in eine Pause schickte, gab es massive Proteste, wie der Stadtchef in Koisdorf berichtete. Dennoch übernahmen Wehren aus fast ganz Deutschland die Ablösung der Einsatzkräfte vor Ort.

Beim diesjährigen Tag der Kameradschaft gedachte man den verstorbenen Kameraden:

Am 21. Januar 2020 verstarb aus dem Löschzug Bad Bodendorf Peter Scheuer im Alter von 85 Jahren.

Am 6. September 2020 verstarb aus der Löschgruppe Westum Alfred Schneider im Alter von 90 Jahren.

Am 22. Dezember 2020 verstarb aus dem Löschzug Sinzig Kurt Wilke im Alter von 84 Jahren.

Am 17. Mai 2021 verstarb aus dem Löschzug Sinzig Bruno Lapo im Alter von 79 Jahren.

Seit dem letzten Tag der Kameradschaft am 16. November 2019 in Bad Bodendorf hat sich einiges getan. Das Outfit hat sich geändert. Die Dienstbekleidung wurde in moderne zeitgerechte Anzüge umgestellt.

2020 musste die Wehrleitung der Gesamtstadt sowie die Wehrführung des Löschzuges Sinzig neu gewählt werden. So wurde am 18. September 2020 Andreas Braun als Wehrleiter und Rene Schmitt als Stellvertretender Wehrleiter einstimmig wiedergewählt.

In der Wehrführung des Löschzuges Sinzig haben sich Veränderungen gegeben. Alex Zogas hat sich als Löschzugführer nicht mehr zur Verfügung gestellt.

Am 18. September musste demnach ein neuer Löschzugführer für den Löschzug Sinzig gewählt werden. Der bisherige Stellvertreter Dirk Sauer wurde einstimmig gewählt. Die Wahlen für seine beiden Stellvertreter Mike Zilligen und Andreas Trog verliefen ebenfalls einstimmig. Die Bestellungen durch den Bürgermeister haben im Dezember 2020 im kleinsten Rahmen im Rathaus stattgefunden.

Die Einsatzzahlen sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen. So wurden die Feuerwehren der Gesamtstadt Sinzig 2020 zu insgesamt 154 Einsätzen gerufen. Hiervon waren sechs Großbrände zu verzeichnen.

Im Jahr 2021 liegt die Feuerwehr Sinzig derzeit bei 158 Einsätzen. Drei Großbrände. Die Flutkatastrophe ist, wie bereits erwähnt dabei nicht mitgerechnet.


Einsätze der Sinziger Wehren


Insgesamt wurden die Sinziger Wehren zu zahlreichen Brandeinsätzen, Technischen Hilfeleistungen, Amtshilfen für Polizei bzw. Ordnungsamt, dringenden Türöffnungen, Tragehilfen für den Rettungsdienst, Tierrettungen aber auch Fehlalarme durch BMA, sonstige und böswillige Alarmierungen gerufen. Darüber hinaus haben Feuerwehrkräfte zusammen mit dem DRK Sinzig an 38 Tagen die Teststation in der Jahnhalle betrieben.

Bei den Gebäudebränden waren die Männer und Frauen der Wehr teilweise bis zu 20 Stunden ohne Unterbrechung im Einsatz. Bei einem der Scheunenbrände in Löhndorf sogar ziemlich genau eine Woche.

Die Jahrhundertflut, die 134 Menschen - davon 14 in Sinzig - in den Tod gerissen haben, ist das mit Abstand größte Schadensereignis der Sinziger Feuerwehren nach dem 2. Weltkrieg. „Die Ahr hat uns alle mehrere Wochen - ja sogar Monate - weit über unsere physischen und psychischen Grenzen gefordert“ ,so Wehrleiter Andrea Braun.

Durch Corona ist der gesamte Schulungs- und Übungsbetrieb zum Erliegen gekommen. Teilweise konnten Schulungen per Videokonferenz stattfinden. Sämtliche Lehrgangsangebote auf Kreis- und Landesebene mussten abgesagt werden.

Mittlerweile können Schulungen und Übungen sowie Lehrgänge auf Kreis- und Landesebene wieder angeboten und durchgeführt werden.

So konnte die Truppmann-2- Ausbildung nun kürzlich durch die Ausbilder Andreas Trog, Thomas Meyer, Thomas Trog und Christian Ritterrath mit ihrem Team abgeschlossen werden. Folgende Kameraden haben mit Erfolg teilgenommen:

Aus der Löschgruppe Westum Sven Hahn und Jonas Löffler.

Aus dem Löschzug Sinzig Felix Kaden.

Neben einer guten Ausbildung ist für die Gewährleistung einer qualitativen Hilfe eine zeitgemäß adäquate Ausrüstung erforderlich.

Insgesamt wurden Beschaffungen getätigt, die ein effizientes Arbeiten bei Übungen und Einsätzen ermöglichen.

Im Frühjahr dieses Jahres konnte der Kommandowagen in den Dienst gestellt werden. Ebenfalls im Frühjahr haben die Kameradinnen und Kameraden der Löschgruppe Franken einen Unimog aus Beständen der Bundeswehr in mühevoller Kleinarbeit in ein Fahrzeug umgebaut, das vornehmlich für Vegetationsbrände eingesetzt werden soll. Die Anschaffung wurde fast vollständig von Spenden finanziert. Das mit diesem Fahrzeug in der Flutnacht mehrere Dutzend Menschenleben gerettet wurden, hätten man bei der Wehr im März niemals erahnen können.

Der Landkreis Ahrweiler hat eine Drohne für die überörtliche Hilfe angeschafft. Die Drohne ist beim Löschzug Bad Bodendorf stationiert. Für die Feuerwehr Bad Bodendorf konnte ein gebrauchtes Mannschaftstransportfahrzeug erworben werden. Für die Feuerwehr Westum hat man ein gebrauchtes Mannschaftstransportfahrzeug im Rahmen der Fluthilfe von der Feuerwehr Winnenden als Spende erhalten.

In den kommenden Jahren sind weitere Neu- und Ersatzbeschaffungen von Nöten, damit man den Ansprüchen gerecht werden, weiterhin auf hohem Niveau wirksame Hilfe leisten zu können.

In den sechs Feuerwehren sind derzeit 169 Männer und 12 Frauen (insgesamt 181) aktiv. Dazu kommen 46 Kameraden in den Ehrenabteilungen und 14 Jugendfeuerwehrmitglieder (11 Jungen 3 Mädchen).

Das Geschehen der vergangenen beiden Jahre fasste Andreas Braun in seinem Schlusswort wie folgt zusammen: „Wir wissen heute nicht, was uns morgen erwartet. Nur Kameradinnen und Kameraden, die auch menschlich gut miteinander auskommen, können sich aufeinander verlassen, können in brisanten Situationen aufeinander zählen. Der 14 Juli hat unser Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Eine noch nie da gewesene Flutkatastrophe unserer geliebten Ahr hat uns im wahrsten Sinne des Wortes überrollt. Wir haben mehreren hundert Menschen das Leben gerettet, obwohl die Bewohner sämtlicher Straßenzüge im Vorfeld mehrfach rechtzeitig gewarnt worden sind. Wir haben alles getan, was wir tun konnten. Es ist nicht leicht, das ganze Geschehen zu verarbeiten.Diese Katastrophe hat ganz klar gezeigt, dass unser Feuerwehrhaus in Sinzig für größere Schadenslagen überhaupt nicht geeignet ist. Für einen baldigen Neubau müssen jetzt kurzfristig Fakten geschaffen werden.“ Dem ist dann nicht mehr hinzuzufügen.

BL

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