Gedenkveranstaltung für die jüdische Familie Feit in Brohl

Gedenktafel wurde feierlich enthüllt

25.04.2017 - 08:43

Brohl-Lützing. Mehr als 70 Jahre nach dem schlimmen Krieg - da verwischen sich peu à peu die Spuren einstigen Nazi-Terrors, unter anderem auch der grausamen Juden-Verfolgung. Aber es gibt gottlob Leute, die aufpassen und die Erinnerung im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten wach halten. Dazu gehört zum Beispiel Ivo Dubiel aus Burgbrohl.

Geschockt von seinen Beobachtungen bei einem Aufenthalt in Chile warnt er: „So entsetzlich die Massenvernichtung der Juden war, lassen Sie uns aufmerksam sein und alles dafür tun, dass so etwas nicht wieder passiert...“


Erinnerung bewahren


Dazu dienen seine konkreten Anstrengungen, die Erinnerung an ehemalige jüdische Mitbürger wach zu halten. So verfolgte er die Spuren der jüdischen Familie Feit, die zunächst in Brohl, dann im Bad Breisiger Ortsteil Oberbreisig wohnte, aber lange Jahre in Brohl in der Josef-Leusch Straße 3 eine Metzgerei (hauptsächlich für Ziegenfleisch) betrieb.

Der Organisator der Erinnerung hatte bei seinen Nachforschungen Fäden geknüpfte zu den Brüdern Jakob (heute 92 Jahre alt) und Rudi (87) Mennen, einst unmittelbare Nachbarn und Freunde der Familie Feit in Oberbreisig.

„Unsere Grundstücke grenzten doch aneinander, und da war es normal, dass wir Kinder miteinander spielten,“ erzählt Jakob.


Intensive Erinnerungen


Besonders intensive Erinnerungen hat Rudi: „Da waren die Brüder Adolf und Albert Feit, der mit Ehefrau Helene die Metzgerei in Brohl betrieb. Für uns Kinder war die Ehefrau die ‚Tante Helene‘ und die beiden Männer nannten wir ‚Onkel‘. Zwischen unseren Familien bestand nicht nur ein nachbarliches Verhältnis - das war echte Freundschaft. Im Hause Feit lernten wir Karten spielen, manch Liebenswertes und viel Nützliches. Ich verdanke zum Beispiel Adolf Feit, dass ich schon als Siebenjähriger rechnen konnte.“ Rudi Mennen schilderte, dass der 1885 geborene Albert Feit im ersten Weltkrieg deutscher Soldat war. „Die Feits waren echte deutsche Staatsbürger, gehörten nur einer anderen Religionsgemeinschaft an.“ Albert Feit wurde Vorstandsmitglied im 1920 gegründeten Oberbreisiger Turnverein. „1933 wurde er von den Nazis als Nicht-Arier aus dem TV ausgeschlossen.“ Rudi Mennen hat noch gute Erinnerung an den 1. Mai 1937. Schon seit Jahrzehnten als Gedenktag für Werktätige gefordert, machten die Nationalsozialisten den 1. Mai zum Propaganda - triefenden „Tag der Arbeit“. In dem Dorf Oberbreisig fuhr eine Kolonne SA-Männer vor und sie postulierten vor dem Haus der Familie Feit die neuen Nürnberger Rassengesetze.

Rudis älterer Bruder Josef erläuterte ihm die Vorschriften: „Juden werden aus allen Vereinen ausgeschlossen und sie dürfen keine Badeanstalten mehr besuchen.“ Schmährufe der SA-Männer gegenüber den jüdischen Mitbürgern haben die Mennen-Kinder damals gehört, aber nicht begriffen.


Ein letzter Besuch


Nach der Reichskristallnacht 1938 musste Albert Feit seine Metzgerei in Brohl aufgeben und zog mit Ehefrau nach Köln. Albert Feit besuchte noch ein letztes Mal Oberbreisig. Rudi erinnert sich: „Er saß verzweifelt bei uns in der Küche und fragte: ‚Was habe ich denn Böses getan oder falsch gemacht ?‘ Es war für unsere Eltern eine schlimme Situation - sie konnten ihm nicht helfen und ahnten: Es gibt kein Wiedesehen.“

Der heute 92-jährige Jakob Mennen, gerade in Fronturlaub, erinnert sich, wie er Albert zum Abschied bis zum Bahnhof begleitet hat. Man weiß nur, dass die Feits kurz darauf nach Riga in Juden-Getto abgeschoben wurden.

Hier verliert sich ihre Spur. Bruder Adolf Feit hatte einen anderen Weg gewählt: Er nahm sich 1939 das Leben. Seine Leiche wurde in eine Kiste gepackt und am 4. März irgendwo auf dem alten Judenfriedhof am Breisiger Kesselberg verscharrt.

Ja, es war eine furchtbare Zeit. Aber Jakob Mennen denkt auch zurück an solche Menschen, die Schlimmeres verhütet haben, indem sie sich dem Zeitgeist verweigerten - trotz möglicher Konsequenzen.

Jakob Mennen denkt dabei an den einstigen Ortsvorsteher Bernhard Kraus und den Nazi-Blockwart Peter Schmidgen. „Die beiden haben heimlich unterstützt, wo sie konnten...“ Also: Auch das gab es. Der von den Berichten der Mennen-Brüder tief beeindruckten Zuhörerschaft erläuterte Helmut Rosenbaum, Vorsitzender des in die Organisation der Gedenkveranstaltung eingebundenen Museumsvereins ‚Aalschokker Katharina‘, einige zusätzliche Details zur Entwicklung des einstigen Judentums in der Region Breisig/Brohl. Er dankte in diesem Zusammenhang der Familie Lerschl, dass sie der Anbringung der Gedenktafel an ihrem Wohnhaus zugestimmt habe. Ortsbürgermeister Michael Schäfer dankte dem Initiator Ivo Dubiel, dem Museumsverein, den beiden die Veranstaltung musikalisch schmückenden Instrumentalisten Frank Weiß und Rudolf Mennen, ihnen allen für die Idee zu dieser Veranstaltung. Martin Schnitkerr deckte in Vertretung von Pastor Marmann den geistlichen Part der Gedenkstunde ab und sprach mit dem Auditorium einige Gebete in Gedenken an die Opfer des Nazi-Terrors. FA

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