Michaela und Heiko Becker

Mit Schmerz Leben lernen

Die Ehrenamtlichen engagieren sich für Rheuma-Erkrankte, unter anderem in der Deutschen Rheuma-Liga

13.09.2016 - 17:36

Bad Ems. Neun Millionen Menschen leiden in Deutschland an rheumatischen Erkrankungen, von denen es rund 400 Arten gibt. Für diese Menschen macht sich die Deutsche Rheuma-Liga (mit knapp 300.000 Mitgliedern der größte deutsche Selbsthilfeverband im Gesundheitsbereich) seit 1970 stark.

Zwei der vielen tausend Ehrenamtlichen, die in örtlichen Gruppen der Liga aktiv sind, sind Michaela und Heiko Becker. Die beiden Ehrenamtskarteninhaber engagieren sich in der 1987 gegründeten und rasant wachsenden örtlichen Arbeitsgemeinschaft Bad Ems des Landesverbandes Rheinland-Pfalz, die mittlerweile mehr als 600 Mitglieder zählt.

Michaela (Jahrgang 1969) ist seit 2004 Mitglied der Rheuma-Liga und seit 2008 Beisitzer im Vorstand der örtlichen Arbeitsgemeinschaft (öAG). Seitdem sie neun Jahre alt ist, ist sie von Rheuma betroffen. Sie habe es offenbar vom Opa geerbt, sagt sie. Mit Gelenk- und Muskelrheuma fing es an, mittlerweile haben sich weitere rheumatische Erkrankungen hinzugesellt, wie zum Beispiel die Fibromyalgie, ein chronischer Faser-Muskel-Schmerz.

Zahlreiche Arztbesuche, noch viel mehr (zum Teil sehr aggressive) Medikamentengaben, die wiederum schwerste Folgeerkrankungen auslösten, ließen sie irgendwann Kontakt zu einem Heilpraktiker aufnehmen. Der nahm ihr zwar nicht die Krankheit, aber er reduzierte die Medikamente und die Schmerzen. Mit unterschiedlichen Therapien und einer einjährigen Rheuma-Diät stellte er sie wieder auf die Beine. Diese Erfahrung war für sie der Auslöser, nach etlichen therapeutischen Ausbildungen zusätzlich die Heilpraktiker-Ausbildung zu beginnen, die sie im Jahr 2011 dann mit Amtsarztprüfung in Mainz erfolgreich abschloss.

In erster Linie wollte sie das für sich selbst machen, um ihre Krankheit mit eigenen Mitteln und aus eigener Kraft beherrschen zu lernen. Seit 2011 arbeitet sie in eigener Praxis in Bad Ems mit dem Schwerpunkt „Ganzheitliche Schmerztherapie“ und Traditionelle Chinesische Medizin und als Dozentin für die Heilpraktiker-Ausbildung in eigener Schule.

Heilbar ist Rheuma nicht, aber es gibt Wege, mit ihm „einvernehmlich auszukommen“. Als Betroffene weiß Michaela, welche Auswirkung Schmerzen auf Alltag, Familie, Beruf und Psyche haben können. Deshalb, so sagt sie, habe sie es sich zur Aufgabe gemacht, Wege aus dem Schmerz aufzuzeigen und Menschen wieder zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Sowohl in der eigenen Naturheilpraxis als auch in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Leiterin der Schmerz-Selbsthilfegruppe in der öAG der Rheuma-Liga. Außerdem bringt sie sich ein als kompetente Ansprechpartnerin für Fibromyalgie-Patienten, bietet Notfall-, Erste-Hilfe- und Schmerzbewältigungs-Kurse an und ist, gemeinsam mit ihrem Mann Heiko, bei manchen Veranstaltungen helfend im Einsatz.

Jede dieser Tätigkeiten ist für sie, um mit den Kräften zu haushalten, nur fein dosiert ausübbar. Denn mit ihrem rheumatischen Krankheitsbild strengt Michaela Vieles sehr an. Nebenbei ist der Zeitaufwand für die Umsetzung der veränderten, dem Ringen mit der Krankheit geschuldeten Lebens- und Ernährungsgewohnheiten nicht zu unterschätzen. Dazu gehört die regelmäßige Nutzung der Angebote der Rheuma-Liga für ein Muskel-Aufbau- und ein Funktions-Training der Gelenke sowie Qi Gong-Kurse.

So oft es geht, besucht sie die Bad Emser Therme. Das warme Thermal-Wasser sei eine Wohltat. Nach dem Bad fühle sie sich erfrischt und bereit, sich den Anforderungen des Tages zu stellen. Dennoch ist Manches einfach nicht mehr zu schaffen. Michaela hat es gelernt, mit dieser Feststellung umzugehen, ihr eigenes Handicap anzunehmen. Und sie hat gelernt, um Hilfe zu bitten. Zum Beispiel, als sie die Bügel-Arbeit nicht mehr bewältigen konnte. Das macht jetzt eine liebe Nachbarin für sie, für die sie im Gegenzug etwas tut, was die nicht kann.

Michaelas größte Stütze ist jedoch der Mann, den sie 2004 kennen und lieben lernte: Heiko Becker. Seit 2008 sind sie verheiratet und seither gemeinsam für die Rheuma-Liga Bad Ems im Einsatz. Er trage sie und unterstütze sie so viel, wie es ihm neben dem Beruf als Leistungssachbearbeiter im Jobcenter eben möglich sei. Weil er sich mit „Bürokram“ gut auskennt, nimmt er seiner Frau auch davon etwas ab.

Er hat Gott sei Dank kein Rheuma. Dennoch ist der 45-Jährige Mitglied der Rheuma-Liga und engagiert sich als Rechnungsführer in der öAG Bad Ems. Wie seine Frau ist auch er überzeugt von der immensen Bedeutung der Arbeit dieser Organisation. Deshalb ist die Teilnahme an Weiterbildungen über den Bundes- und Landesverband der Deutschen Rheuma-Liga eine Herzenssache und selbstverständlich. Die Aufklärung für Betroffene und neu Erkrankte sei das A und O. Außerdem sei in der Arbeitsgemeinschaft der Zusammenhalt der Mitglieder und die Möglichkeit des Austauschs ein wichtiger, Halt gebender Faktor für die Rheumakranken. Die darüber hinaus angebotenen Gemeinschaftsveranstaltungen, zu denen Wanderungen, Malstunden, Kegeln, Grillfeste und Ausflüge gehören, lassen für eine kurze Weile Abstand gewinnen von allem, was mit der Krankheit zusammenhängt. Regen Zulauf finden zudem die verschiedenen Kurse wie „Feldenkrais“, „Qi Gong“, „Tai Chi“ oder „Yoga“, sagt Heiko Becker.

Auch er habe schon Bewegungsangebote der Rheuma-Liga, z. B. das therapeutische Gerätetraining, genutzt. Und wenn seine Frau als Referentin in Sachen Gesundheit hinter dem Rednerpult steht, was sie regelmäßig und ehrenamtlich für die Rheuma-Liga tut, ist er fast immer die helfende Hand an ihrer Seite.

So wie heute. Sie hält im „Georg-Vömel-Haus“ einen Vortrag zum Thema „Darmerkrankung – ganzheitlich behandeln“, und er trägt Sorge für Auf- und Abbau sowie Funktion der Technik.

Michaela tut das, wie sie sagt, weil sie einfach froh ist, ihre Erfahrungen und ihr erlerntes Wissen auf diese Weise weitergeben zu können. Wie wichtig ein gesunder Darm für das Immunsystem ist, besonders für Menschen mit rheumatischen Entzündungen, macht sie gerade in einer interessanten Präsentation klar. Sie stellt den rund 25 Besuchern das Verdauungsorgan und seine Funktionen vor und unterlegt das mit vielen Fachbegriffen durchzogene Theoretische mit Bildern sowie gut verständlichen Beispielen, die meist mit „man kann sich das so vorstellen...“ beginnen.

So dringt an jedem Tag das Thema Rheuma in irgendeiner Form in die Beziehung des Ehepaars ein. Aber Michaela und Heiko Becker arbeiten daran, dass es nicht ihr gesamtes gemeinsames Leben bestimmt. Um den Kopf frei zu bekommen „machen wir Schiffsausflüge, betätigen uns gemeinsam im Garten, treiben regelmäßig Sport und gehen gerne gut essen“, sagen sie.

BSB

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