Städtenetzwerk „Mitten am Rhein“ im BLICK

Mit dem Wassertaxi über den Rhein

02.09.2019 - 13:55

Als die Bundesgartenschau im Jahre 2011 nach Koblenz kam, bedeutete das einen regelrechten Wirtschaftsboom für die Stadt. Doch der Aufschwung machte an den Stadtgrenzen Halt und die anderen Kommunen am Rhein profitierten kaum von der BUGA. Um die Region in einen ähnlichen „Aufschwung-Modus“ zu versetzen, der autark von der Mittelrhein-Metropole Koblenz verläuft, gründeten im April 2018 elf Kommunen das Städtenetz „Mitten am Rhein“. Beteiligt sind die Verbandsgemeinden Bad Breisig, Bad Hönningen, Linz, Unkel, Vallendar und Weißenthurm sowie die Städte Andernach, Bendorf, Neuwied, Sinzig und Remagen. Ziel ist eine engmaschige, interkommunale Kooperation, die gemeinsame Strukturen und Netzwerke aufbauen sollen. Im Kern soll die Region grundsätzlich zukunftsfähiger werden, so zum Beispiel in Sachen Digitalisierung und Mobilität. Wie das gelingen soll, veranschaulichten nun Bernd Weidenbach, Bürgermeister der VG Bad Breisig und Alessa Strubel, die in der Bad Breisiger Geschäftsstelle des Netzes tätig ist und somit alle elf Kommunen vertritt. Weidenbach und Strubel trafen sich dazu in Sinzig zum Redaktionsgespräch mit Hermann Krupp, Geschäftsführer des Krupp Verlages und BLICK aktuell-Chefredakteur, und Susanne Tack, Junior-Chefin und Prokuristin.

Hermann Krupp interessiert sich zunächst für den Hintergrund zur Gründung des Kooperationsnetzwerks „Mitten am Rhein“. „Welcher Gedanke steckt hinter dem Städtenetz?“, möchte Krupp wissen. Bernd Weidenbach erklärte die Motivation. „Der BUGA-Zug mit dem verbundenen Aufschwung war abgefahren“, blickt er auf 2011 zurück. „Trotzdem suchten wir eine Möglichkeit, die anderen Kommunen in der Region um Koblenz nicht hängen zu lassen“, so Weidenbach. „Wir“ waren in diesem Fall neben Weidenbach der Bürgermeister der VG Bad Hönningen, Michael Mahlert. Dieser Vorstoß stieß auch bei der Landesregierung auf offene Ohren. Die Zukunftsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz „Starke Kommunen – Starkes Land“, kurz SKSL, soll gute Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden im Land garantieren. Und das „Städtenetz Mitten am Rhein“ wurde in diesem Rahmen als Modellregion ausgewählt. Der erste Schritt ist es zunächst, ein Konzept zu finden, in welchen Teilaspekten die elf Kommunen kooperieren können um entsprechend für die Herausforderungen der Zukunft eingestellt zu sein. Diese Konzeptionierung soll bis 2021 abgeschlossen und die Mittel dazu stellt mit einem Fördergeld von 850.000 Euro das Land im Rahmen der Initiative SKSL. Insgesamt 90 Prozent der Gelder stemmt somit Rheinland-Pfalz; die restlichen zehn Prozent der Kosten werden von den beteiligten Kommunen selbst getragen. Eine zeitliche Begrenzung für die Förderung ist jedoch vorhanden: Ist das Konzept erst erstellt, endet die Förderung. Das soll die Kooperation jedoch nicht beeinflussen. „Auch nach 2021 möchten wir gemeinsam und intensiv zusammenarbeiten“, so Weidenbach im Namen aller elf Kommunen. „Die Entwicklung ist der 100-Meter-Sprint und danach folgt der gemeinsame Marathon“, schildert es der VG-Bürgermeister. Grundsätzlich wolle man finanzielle Synergie-Effekte schaffen, die vor den Grenzen von Gemeinden, Städten und Landkreisen keinen Halt machen.


Kooperation statt (Zwangs)-Fusion


Neben dem Thema Kooperation ist laut Hermann Krupp auch immer das Thema „Fusion von Kommunen“ in aller Munde. Beim Thema des Zusammenschlusses waren besonders die rechtsrheinischen Kommunen im Landkreis Neuwied im Gespräch. Von derartigen Gedanken ist Bernd Weidenbach jedoch kein Freund: „Durch Kooperation wie bei der des Städtenetzes lassen sich neue Strukturen auch ohne Fusion schaffen“, sagt er. Einen großen Nutzen in Sachen Problemlösung attestiert er solchen „Zwangsverheiratungen“ von Kommunen nicht; höchstens in Ausnahmefällen mögen sie Sinn machen.

Die Teilnehmer der Städtenetz-Kooperation trennt in Sachen Größenvergleich und Fläche eine Menge. Größere Städte wie Neuwied treffen hier auf kleine Kommunen wie die Stadt Sinzig. „Wie sind diese Unterschiede vereinbar?“, möchte Susanne Tack wissen. Alessa Strubel weiß die Antwort: „Unser Ziel ist es, nicht die Unterschiede herauszustellen sondern die Gemeinsamkeiten“, sagt sie. . „Gerade atmosphärisch liegen die Kommunen auf einer Wellenlänge“, fügt Weidenbach hinzu „Uns vereint ein gemeinsames Ziel“. Natürlich befände man sich derzeit in einer Phase der Analyse. Es gelte gerade herauszufiltern, auf welchem Punkt jedes Mitglied des Städtenetzes gerade stünde. Wichtig sei, dass man sich unabhängig von Größenunterschieden auf Augenhöhe begegne. Und das funktioniere im Städtenetz bestens.


Der Rhein als Gemeinsamkeit


Außerdem ist allen Kommunen eines gemein: Der Rhein. Und der stehe gerade im Fokus, insbesondere was die Zukunft der Mobilität angeht. Natürlich sei der Tourismus ein wesentlicher Bestandteil der Kooperation, aber auch die Anwohner des Rheins stehen im Fokus. Jetzt ist die „Mobilitätsstrategie 2030“ gestartet. Ziel sei es, eine innovative Vorgehensweise mit konkreten Maßnahmenvorschlägen für Mobilitätsprojekte zu entwickeln. Und gerade in Sachen Innovation möchte man auch ungewöhnliche Konzepte zulassen, insbesondere beim Thema Rheinschifffahrt. Neben der derzeitigen touristischen Nutzung kann sich Weidenbach auch neue Lösungen für beispielsweise Berufspendler vorstellen. Eine Möglichkeit wären beispielsweise Wassertaxis als neues Konzept für den Öffentlichen Personennahverkehr. Und dies könnte auch eine alternative Lösung zum immer wieder angedachten Brückenschlag über den Rhein darstellen. Denn „die Frage ist, wie wir zukunftsfähig mobil bleiben“, so Weidenbach. Ein Fakt sei, dass der Rhein als Mittelpunkt der beteiligten Kommunen, neu gedacht werden müsse. Der Wasserweg könnte somit eine Alternative zu Schiene und Straße bilden. Auch an die Umwelt ist dabei zu denken, wie Alessa Strubel erläutert. „Ziel ist es, eine neue Mobilitätsform zu schaffen, die klimafreundlich ist“, so Strubel.


Internet: 200.000 Einwohner können für Bewegung sorgen


Das Thema Infrastruktur interessiert auch Hermann Krupp, gerade in Bezug zur Digitalisierung. „Ein lahmes Internet ist ein Sinnbild für die derzeitige Situation in Rheinland-Pfalz“, fasst der BLICK aktuell-Chef zusammen. „Wie möchte das Städtenetz da entgegenarbeiten?“, möchte Krupp weiter wissen. Bernd Weidenbach hat eine Antwort. „Die Digitalisierung ist ein großes Thema“, sagt er. „Unser Ziel ist es, eine schnelle und flächendeckende Breitbandversorgung zu etablieren“, fügt er hinzu. Internetversorgung per Funk erteilt Weidenbach jedoch eine Absage, auch wenn dies mancher Politiker befürworte. Dies könne lediglich eine Übergangslösung darstellen; ein langfristiges Ziel stelle die kabellose Verbindung jedoch nicht dar. Weidenbach unterstreicht: „Eine vernünftige Internetversorgung zu ermöglichen, hängt an der Grundidee des Städtenetzes, ein ebenso vernünftiges Lebens- und Arbeitsumfeld zu schaffen“, fasst er zusammen.

In Bezug auf die Unterschiedlichkeit der Kommunen müsse man zunächst den „Status Quo“ ermitteln, wie Alessa Strubel ausführt. „Es gilt auch im Bereich der Digitalisierung zu erheben: Was bieten Kommunen schon jetzt an und was fehlt ihnen“, erklärt sie. Vielerorts sei es gegenwärtig die Telekom, die das Zünglein an der Waage sei, um die Internetversorgung zu verbessern. Doch als Kooperationsnetz hätte man schließlich ein großes Argument durch die Gesamteinwohnerzahl von knapp 200.000 Bürgern. „Das ist ein Pfund, das die Telekom bewegen könnte, loszulegen“, wünscht sich Weidenbach. Ein weiteres großes Ziel sei, dass das 5G-Netz endlich realisiert werde.


Elf Kommunen, die gemeinsam marschieren


Nicht nur in Sachen ÖPNV und Digitalisierung möchte man kooperieren, wie Susanne Tack und Hermann Krupp erfahren. „Ein zentraler Punkt ist ein gemeinsames, interkommunales Vergabewesen“, sagt der Bad Breisiger Verbandsbürgermeister. „Das möchten wir schnellst möglichst angehen“, fügt er hinzu. Inspiration holt man sich aus anderen Modellregion des SKSL oder anderen Städten. Hier habe man bereits große Fortschritte erreicht, sagt Weidenbach.

Zum Schluss möchte Hermann Krupp einen Ausblick in die Zukunft. „Wie soll die Region im Jahre 2030 aussehen?“, fragt Krupp. Für Bernd Weidenbach gelte das Ziel „Elf Gebiete in einer Einheit“. Das Städtenetz soll eine Gruppe von Kommunen sein, die „gemeinsam in Richtung Zukunft marschiert“. Weidenbach wünscht sich zudem eine veränderte und bessere Infrastruktur und neue und innovative Mobilitätsformen, die „anders und klimafreundlich“ sind.

Text/Foto: Daniel Robbel

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