Veranstaltungsreihe „Koblenz: Im Dialog“

Musiker Lulo Reinhardt ausgezeichnet

Musiker Lulo Reinhardt ausgezeichnet

Lulo Reinhardt wurde mit dem nicht dotierten „Dialogpreis 2019“ ausgezeichnet.Foto: Volker Bruns

Koblenz. Friedensaktivisten aus ganz Deutschland trafen sich zu einer Abendveranstaltung des Bürgerforums „Koblenz: Im Dialog“, um gemeinsam den Jahresabschluss zu feiern. Am Abend wurde der Musiker Lulo Reinhardt mit dem „Dialogpreis 2019“ ausgezeichnet. Der nicht dotierte Preis ehrt einmal im Jahr Menschen, die sich für Friedensarbeit und Völkerfreundschaft verdient gemacht haben. Die Künstlerin und Veranstalterin von „Koblenz: Im Dialog“ erhielt den „Kölner Karlspreis“.

Die Veranstaltungsreihe „Koblenz: Im Dialog“ ist seit zwei Jahren ein begehrter Bürgeraustausch. Einmal im Monat treffen sich interessierte Menschen, um zu den unterschiedlichsten gesellschaftspolitischen Themen mit Wissenschaftlern und Journalisten zu diskutieren. Höhepunkt der Jahresabschlussfeier war unter anderem ein Vortrag des Journalisten Dirk Pohlmann. Unter dem Titel „Im Auftrag der Eliten“ präsentierte er spannende aktuelle Rechercheergebnisse zum Mord am ehemaligen Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen, der vor 30 Jahren einem Bombenattentat zum Opfer fiel. Ein umfängliches Sachbuch erscheint dazu Anfang März im Verlag Westend. Pohlmann arbeitete über 30 Jahre für ARD, ZDF und ARTE. Er ist Autor, Drehbuchregisseur und veröffentlichte unzählige Dokumentationen über die Arbeit von Geheimdiensten.

Gekrönt wurde die Veranstaltung mit der Verleihung des „Dialogpreises 2019“. Für sein Engagement würdigte die Veranstalterin Sabiene Jahn ihren langjährigen Koblenzer Musikerkollegen Lulo Reinhardt. „Lulos musikalische Arbeit ist hochemotionale Friedensarbeit“, würdigt sie ihn in ihrer Laudatio. „Er teilt sie mit Menschen unterschiedlichster Völker und verbindet sie so in herausragender Weise. Er berichtete uns von anderen Kulturen, um sie besser verstehen zu lernen.“

Reinhardt möchte sich nach dem Dokumentarfilm „Newo Ziro“ (Neue Zeit), der besonders seine Koblenzer Familie beschreibt, und dem Film „Dessert Inspiration“, der von den Berbern in Marokko erzählt, erneut auf eine Reise begeben. „Die Reise führt mich zu den Wurzeln der Sintis nach Indien“, erzählt Reinhardt. So wird mit ihm im kommenden Jahr ein Film-Tagebuch entstehen, das ihn von Ägypten über Armenien, Russland und über die Ukraine nach Polen führen soll. Er möchte die überlieferten Geschichten überprüfen, nachbessern und aufarbeiten.

Die Einzelheiten zur Geschichte der Sinti und Roma in der Vergangenheit sind bislang sehr begrenzt, da es fast keine eigenen Schriftquellen gibt. Fast alle Informationen wurden Jahrhunderte lang von Nicht-Sinti und -Roma gesammelt und weitergegeben, zum Teil aber auch nur abgeschrieben, wie das wohl auch für die Bibel behauptet werden könnte. Vieles liegt im Dunkeln. Seit dem späten 18. beziehungsweise frühen 19. Jahrhundert ist aufgrund linguistischer Studien die Herkunft als gesichert anzusehen. Die Vorfahren der heute in Europa lebenden Roma und Sinti stammen ursprünglich aus Indien. Sie wanderten seit dem achten bis zehnten Jahrhundert über Persien, Kleinasien oder den Kaukasus (Armenien), schließlich im 13. und 14. Jahrhundert über Griechenland und den Balkan nach Mittel-, West- und Nordeuropa und von dort aus auch nach Amerika.

Hintergrund war kein – ihnen lange Zeit unterstellter – Wandertrieb, sondern sie sahen sich durch Kriege, Verfolgung, Vertreibung oder aus wirtschaftlicher Not zu dieser Wanderung gezwungen, die bezogen auf Mitteleuropa über 500 bis 600 Jahre dauerte, bis sie in Europa sesshaft wurden. Reinhardt kann die Sorgen von Flüchtenden gut verstehen und oft auch nicht die große Kritik, die ihnen entgegengebracht wird.

Seine Musik vertont er zurückhaltend und mischt im aktuellen Album die Sprache der Romanes mit jazzigen Hindustani-Stilelementen, Alaap, Raga und Flamenco. Reinhardt verbindet damit auf einzigartige Weise die kulturellen Einflüsse verschiedener Kontinente. Diese künstlerische Umsetzung brachte ihm kürzlich auch den Preis der deutschen Schallplattenkritik für die interessanteste Neuveröffentlichung klassischer Weltmusik ein. Der „Dialogpreis 2019“ ist gestaltet mit antiken Buchstaben aus Holz, die früher in der Druckkunst verwendet wurden. Sie symbolisieren Kommunikation und das Verbreiten von Wissen.

Am Abend wurde auch die Kommunikationswirtin und Künstlerin Sabiene Jahn mit dem „Kölner Karlspreis“ für Ihr Engagement geehrt, der einmal im Jahr für Publizistik und Literatur vergeben wird. Evelyn Hecht-Galinski, Karlspreisträgerin von 2014, gratulierte zur Entscheidung: „Wir brauchen Menschen, die zu ihren Überzeugungen stehen, die kein Unrecht geschehen lassen wollen, erst recht, wenn’s schwierig wird. Mutige Menschen wie Sabiene Jahn sind heute und in der Geschichte selten anzutreffen. Im deutschen Faschismus gab es Widerstandskämpferinnen. Hätte es mehr gegeben, wäre uns allen viel erspart geblieben. Ich freue mich über die Wahl der neuen Karlspreis-Trägerin.“

Hecht-Galinski ist eine deutsche Publizistin und Gründerin der deutschen Abteilung der Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. Sie ist die Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski.