Grafschafter Kunstverein
Sonntags-Ritt durch die Romantik
Holzweiler. Unter dem Titel „Romantik pur“ war jetzt beim Matineekonzert in der Villa Bellestate Grafschaft-Holzweiler Klavierkammermusik von Mendelssohn, Schumann und Brahms zu hören. Der in Rostock lehrende Pianist Matthias Kirschnereit spielte auf Einladung des Grafschafter Kunstervereins mit Stipendiaten der Landesstiftung Villa Musica.
Die in Mainz ansässige Landesstiftung Villa Musica hat in Grafschaft-Holzweiler schon sehr oft für großartige Konzerterlebnisse gesorgt. Einen wichtigen Beitrag zu diesem anhaltenden Erfolg sind die klug gestalteten Programme der Einrichtung, die sich der Zusammenführung von etablierten Stars der Szene und talentierten Newcomern verschrieben hat. Dieses Mal war ein „Ritt durch die Romantik“ mit Mendelssohn, Schumann und Brahms geboten, wie es Pianist Kirschnereit zuspitzte, als er am Ende des Konzerts die Termingründe erklärte, die der vom Publikum gewünschten Zugabe entgegenstanden.
Zuvor hatte der in Rostock wirkende Hochschullehrer eine überzeugende Demonstation seiner bemerkenswerten Anschlags- und Gestaltungskunst abgeliefert. Bei Mendelssohns Klavierquartett f-Moll Opus 2 erklang auffallend obertonreicher Sound, zu dem nicht nur die Streicher Olivier Robin, Violine, Martin Moriarty, Viola, und Joël Wöbke, Violoncello, beitrugen, sondern auch und vor allem der Hochschullehrer am Flügel. In der zweiten Hälfte des Konzerts, beim Klavierquartett c-Moll Opus 60 von Johannes Brahms, knüpfte das Ensemble an diese Meisterleistung an. Kirschnereits bemerkenswerte Anschlagskunst ließ den Bösendorfer-Flügel im Foyer der Villa nun satt, voll und rund erklingen, in deutlichem und stilistisch vollkommen angemessenem Kontrast zu dem hellen und leichten Klang beim Mendelssohn-Quartett. Einfühlsam geführte Mehrstimmigkeit faszinierte im Kopfsatz „Allegro ma non troppo“. Brahmstypischer Ernst und kluge Klangregie ließen im „Scherzo. Allegro“ aufhorchen. Ein hochromantisches „Andante“ wirkte wie ein Ruhepol vor dem komplexen und lebhaften „Finale. Allegro“.
Zwischen diesen beiden Ecksteinen des Programms gab es mehr „Romantik pur“ in Duo-Besetzung. Robert Schumanns „Märchenbilder“ Opus 113 für Viola und Klavier boten Martin Moriarty ein ideales Podium, um seine hoch nuancierte Spielkunst und eine überreiche Palette an Klängen und Emotionen zu demonstrieren. Bei Schumanns „Fünf Stücke im Volkston“ Opus 102, für Violoncello und Klavier mit Joël Wöpke erlebten die Zuhörer inspiriertes Cello-Spiel von berückender Vielfalt. Der aus München stammende und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Cellist musste allerdings dynamisch auf seinen Klavierpartner reagieren und vierließ immer wieder verließ den Bereich leiser Tönen, im dem er eigentlich unterwegs sein wollte. Beiden Duowerken hätte man eine Schippe mehr Sorgfalt beim Auswiegen der klanglichen Balance zwischen Klavier und Streichinstrument gewünscht. Das Publikum honorierte die große Leistung aller Mitwirkenden mit starkem und lang anhaltenden Beifall, und so ging ein äußerst erfreulicher Sonntag-Vormittag in der Villa Bellestate wieder einmal viel zu früh zu Ende.