Ökumenisches Kirchenzelt bei „Rock am Ring“

Starker Kaffee und offene Ohren

Starker Kaffee und offene Ohren

Das Kirchenzelt bietet während des Festivals „Rock am Ring“ Hilfe in unterschiedlichen Lebenslagen: vom Kaffee-Entzug bis zum seelsorgerischen Gespräch.Foto: Bistum Trier/Julia Fröder

Nürburg. „Aber wenn man mal ins Gespräch kommt, merken viele, dass wir einfach ganz offen und ganz normale Leute sind“, sagt Sonja Greten. Die Quiddelbacherin ist ehrenamtlich bei „Gott am Ring“ engagiert. Das Kirchenzelt bietet während des Festivals „Rock am Ring“ Hilfe in unterschiedlichen Lebenslagen: vom Kaffee-Entzug bis zum seelsorgerischen Gespräch. Über Gott kann auf dem Campingplatz am Nürburgring gesprochen werden – muss aber nicht. Das Team aus Ehren- und Hauptamtlichen ist offen für alle Themen.

Vanessa aus Löningen war bereits in den vergangenen Jahren in der schwarzen Jurte auf „A2“ zu Gast: „Hier wird man immer freundlich aufgenommen, egal ob man Durst auf Kaffee hat oder eine Unterkunft sucht, weil schlechtes Wetter ist.“ Nadine ist ebenfalls begeistert von dem Angebot: „Wir wurden hier mega nett empfangen“. Lukas aus Daun findet es auch ganz cool hier. Er hat sich extra auf den Weg ins Kirchenzelt gemacht, obwohl er gar nicht auf diesem Campingplatz übernachtet.

Matthias Beer ist Gemeindereferent in der Pfarreiengemeinschaft Adenauer Land. Ein großer Teil der Besucherinnen und Besucher kommt ins Zelt, weil sie neugierig sind, was Kirche auf einem Festival macht, weiß er. „Teilweise kommen Leute aber auch mit konkreten Gesprächsanliegen: Die Freundin hat Schluss gemacht oder der Opa ist gestorben“, berichtet er von seinen Erfahrungen aus drei Mal „Gott am Ring“.

Einige kommen vorbei, weil sie Messdiener oder Pfadfinder waren oder weil ihre Eltern aktiv in der Kirche sind. Andere stolpern eher skeptisch herein. „Die sind dann überrascht, dass sie hier keine Meinung aufgedrückt bekommen, sondern einfach da sein können und es ein lockeres Gespräch gibt, wo die Meinungen auch einfach nebeneinander stehen dürfen“, erzählt Philipp Hein, Gemeindereferent in der Pfarreiengemeinschaft Niederehe. Die Pastoralreferentin Sabrina Koch ist ebenfalls als Hauptamtliche dabei. Die Menschen genießen auch einfach die Ruhe außerhalb des Festivaltrubels, weiß sie. „Es sind Gespräche über Gott und die Welt“.

Mit Kritik an der Kirche und Vorurteilen werden sie teilweise konfrontiert. Doch die jungen Menschen gehen positiver aus dem Zelt, als sie reingekommen sind, berichten die Haupt- und Ehrenamtlichen. „Alle sind sehr dankbar“. Dankbar sind auch die Mitglieder des Teams. Denn die Musikfans spenden eifrig ihre ungenutzten Lebensmittel, die an die örtlichen Tafeln weitergeleitet werden. Auch Pfandflaschen und –dosen werfen die Festivalbesucher in bereitgestellte Einkaufswägen am Kirchenzelt. Das Geld kommt der kirchlichen Jugendarbeit in der Region zu Gute.

Einige Musikfans werden auch von der benachbarten Sanitätsstation an das Kirchenzelt verwiesen, wenn beispielsweise ein Freund gerade behandelt wird. Darüber hinaus gibt es auch viele Stammgäste. Dazu kommen Ordner, die sich insbesondere nachts aufwärmen.

Chris kommt aus Bottrop und studiert unter anderem katholische Theologie. Er war lange Zeit Messdiener und ist in der Hochschulgemeinde aktiv. „Das ist eine coole Initiative und ich finde sie sehr interessant“, sagt er während er in einem Campingstuhl vor dem Kirchenzelt sitzt und fügt hinzu: „Dass das eine ökumenische Sache ist, finde ich sehr schön.“

Fünf Hauptamtliche aus dem Bistum Trier sind eine Woche in Schichten vor Ort, unterstützt werden sie von 22 Ehrenamtlichen, darunter auch evangelische. Sogar ein Pastoralreferent aus dem Erzbistum Köln ist zur Gruppe dazu gestoßen.

Die Idee des Kirchenzeltes ist ganz im Sinne der Trierer Bistumssynode. „Es ist ein Ort von Kirche“, erklärt Hein. „Das was hier mit diesem bunt gemischten Team von Ehren- und Hauptamtlichen entstanden ist, verdeutlicht, dass Kirche auch außerhalb der gewohnten Räume eine Relevanz hat. Das macht Mut!“

„Es ist sehr gut gelaufen“, lautet das Fazit von Philipp Hein. Es gibt zwar keine Statistik, aber die benutzten Kaffee- und Teebecher geben einen groben Einblick über die zahlreichen Besucherinnen und Besucher. „Das Team ist motiviert und wir haben am Nürburgring einen ganz guten Ruf – daher spricht nichts dagegen, dass wir nächstes Jahr auch wieder dabei sind“, freut sich Hein.

Dann finden Musikfans bei „Rock am Ring“ 2020 im Kirchenzelt wieder einen starken Kaffee, einen Ort zum Aufwärmen, eine Übernachtungsmöglichkeit und ein offenes Ohr für große und kleine Probleme.

Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt von der Bischof-Stein- und Monsignore-Gammel-Stiftung sowie von den umliegenden Dekanaten und Pfarreiengemeinschaften. Insgesamt verlief das Festival mit 85.000 Besucherinnen und Besucher friedlich.

Weitere Infos auf der Facebook-Seite www.facebook.com/gottamring/ oder bei Philipp Hein unter Tel.: (0 26 96) 9 31 99 19.