Die Evangelische Trinitatis Kirchengemeinde ließ einen Moment die Zeit vergessen

Tasten-Künstlerbetörte zur wohlklingenden Poesie

Tasten-Künstler
betörte zur wohlklingenden Poesie

Bardo Becker, Christoph Schwaegermann und Hans-Ulrich Reh (von links) brachten den lauen Sommerabend zum Klingen. Fotos: CD

Tasten-Künstler
betörte zur wohlklingenden Poesie

Organist Bardo Becker betörte mit fliegenden Fingern an der Orgel.

Tasten-Künstler
betörte zur wohlklingenden Poesie

Der erste Teil der „Sommerklänge“ fand in der Evangelischen Kirche Linz statt.

Linz. „Eine musikalische Reise in den Sommer“ - das klang verlockend, zumal das Reisen momentan ja etwas zu kurz kommt. Und so folgten etliche Zuschauer der Einladung der Evangelischen Trinitatis Kirchengemeinde zu den „Sommerklängen“ mit „literarischen Leckerbissen“, die von Hans-Ulrich Reh und Christoph Schwaegermann mit professionellen Stimmen vorgetragen wurden. „Die Fortsetzung vom letzten Jahr stand auf der Kippe, so sind wir sehr froh, dass wir nun doch weitermachen können“, läutete Reh die sieben Schritte ein, mit denen sie die Zuhörer durch den Sommer führen wollten.

Doch nicht nur die Poesie stand im Vordergrund. Der Organist Bardo Becker griff tief in die Tasten, um das Gesprochene mit wohligen Klängen zu untermalen.

„Endlich wieder ein bisschen Kultur“, frohlockten die zahlreichen Besucher beim abstandsgemäßen Eintreffen in der Evangelischen Kirche Linz.

Reh und Schwaegermann nahmen die Zuhörer mit auf ihre Reise durch den Sommer. Beginnend ganz zeitgemäß mit dem Thema der Maskierung in Heinrich Heines „Schelm von Bergen“, über viele Dichter wie Eduard Mörike, Theodor Storm oder Hermann Hesse, mal vehement, mal verklärt oder auch schelmisch mit Wilhelm Busch ging es in Etappen durch einen Sommertag, durch Wald und Feld.

Bardo Becker verzauberte

die Besucherer mit

den Orgelklängen

Kaum waren die letzten Zeilen schwirrender Schwalben und flatternder Falter aus Detlev von Liliencrons „Dorfkirche im Sommer“ verklungen, schienen ebendiese durch Beckers fliegende Finger, die über die Orgel tanzten, auf die verzückten Hörer niederzuschweben. Welch eine Symbiose! Becker verstand es auf betörende Weise, die vorgetragene Lyrik und Prosa wiederzugeben und im Hörer noch einmal musikalisch, ohne Worte, wunderbar zu vertiefen. Improvisationen zu „Geh aus mein Herz und suche Freud“ bildeten da einen passenden Abschluss vor der Pause.

Im zweiten Teil des anregenden Abends fanden sich Publikum und Vortragende in sommerlicher Atmosphäre des Kirchgartens ein, wo Becker von der Orgel ans E-Piano wechselte. „Was wäre der Sommer ohne die Liebe?“, schwärmte Reh über die Liebessonette Shakespeares, die Becker zu ausgefeilten Improvisationen über die englische Nationalhymne „God safe the Queen“ veranlassten. Passanten spähten über den Zaun: „Ist hier ein „Jazz-Garten?“ raunte man ergriffen hinter der Begrenzung.

Gespickt mit kleinen Anekdoten wusste Reh seine Dichter einzuführen. Besonders entzückt waren die Zuhörer von dem kleinen Distichon über einer Höhle, das Reh aus einer Wanderung in Thüringen kennt. Dorthin sei Johann Wolfgang von Goethe mit Charlotte von Stein bei einem Gewitter geflüchtet (man wisse nicht, ob das Gewitter die ganze Nacht angehalten habe, warf Reh wie nebenbei dem erheiterten Publikum ein) und hinterließ neben den Versen ihre Initialen, die noch heute dort zu lesen seien.

„Es ist vielleicht ein wenig aus der Zeit gefallen, den Abend mit Gedichten zu verbringen“, so Schwaegermann, „doch können uns die poetischen Worte trösten und uns stärken, uns einfach mal aus der momentan vielleicht angespannten Zeit herausholen“, schloss er den Abend.

Und genau das ist den drei künstlerisch Vortragenden gelungen: Ein kurzweiliger Abend Corona zum Trotz.

CD