Die Koblenzer Katzenhilfe stellt sich und ihre Arbeit vor
Tierschutz ist für uns auch Menschenschutz!
Koblenz. In großen Städten leben zahlreiche Tiere, um deren Hilfe und Schutz Vereine, wie beispielsweise die Koblenzer Katzenhilfe, Verein für Cat-Sitting und Katzenhilfe e.V. aktiv ist. Wie der Name des Vereins bereits verlauten lässt, steht bei diesem der Katzenschutz im Vordergrund. Im Interview gibt die 1. Vorsitzende Katharina Lenhart einen Einblick in die Arbeit des 1992 gegründeten Vereins.
Was ist Ihre Aufgabe im Bereich des Tierschutzes?
„Wir sehen uns als Ergänzung des örtlichen Tierheims was Katzenschutz in Koblenz und Umgebung angeht. Wir lieben einfach Katzen, beschäftigen uns schon lange intensiv mit ihnen, bilden uns fort und sind daher Spezialisten. Das macht Sinn: alle Hauskatzen, die im Tierschutz landen, sind auf die eine oder andere Art „Problemkatzen“. Unser Alleinstellungsmerkmal: wir arbeiten auch im Freien in den Stadtteilen. Wir betreuen Futterstellen z.B. in Industriegebieten, Kleingartenanlagen, und bei Bauernhöfen, wo sich freilebende Katzen natürlicherweise einfinden und sorgen dort nicht nur für Futter, sondern auch für tiermedizinische Behandlung verletzter und kranker Tiere sowie für Kätzinnen und Welpen, die Hilfe brauchen.
Diese Tiere fangen wir nach Möglichkeit ein und nehmen sie in Obhut unserer Pflegestellen. Wenn sie (noch) nicht komplett verwildert und menschenscheu sind, werden sie aufgezogen, gesundgepflegt und vermittelt. Außerdem versuchen wir, so viele unkastrierte Katzen wie möglich an den Futterstellen einzufangen, um die ständige Weitervermehrung dieser herrenlosen Tiere einzudämmen. Die von uns verwendeten Tierschutzfallen tun den Tieren kein Leid an, wie viele meinen – im Gegenteil! Es steht hinten leckeres Futter darin, beim Fressen betätigen die Katzen einen Taster und dabei geht ganz vorne eine Klappe zu. Danach werden Fallen samt Katzen zeitnah von uns abgeholt und sofort in eine Tierarztpraxis gebracht. Leider können wir im Jahr nur bei etwa 1% der gefundenen und gefangenen Katzen einen Halter/die Halterin ausmachen, weil diese wenigen Miezen gechippt und registriert sind. Durchschnittlich ein Drittel unserer Fälle sind auch Abgabetiere, bei uns ohne Gebühr und wenn nötig mit Abholung vor Ort, wenn Menschen in Not sind. Tierschutz ist für uns auch Menschenschutz! Dazu setzen wir einen weiteren Schwerpunkt auf praxisnahe Information und Beratung über gute und zeitgemäße Katzenhaltung.“
Was war der Funke, der zur Gründung des Vereins führte?
„Initiatoren waren drei Katzenhalterinnen, die immer gegenseitig ihre Katzen versorgt hatten, nun aber einen gemeinsamen Urlaub verbringen wollten. Daraus entstand die Idee, einen Verein zu gründen, der dem Zweck hatte, Cat-Sitting auf Gegenseitigkeit anzubieten bzw. zu erhalten. Der Cat-Sitting-Club Koblenz e.V. war geboren. Doch sehr schnell merkte man, dass es mit dem gegenseitigen Cat-Sitting nicht getan war und der Katzenschutz rückte mehr und mehr in den Vordergrund. Im Jahr 1995 bereits erfolgte dementsprechend die Umwidmung in den heutigen Namen „Koblenzer Katzenhilfe e.V – Verein für Katzenschutz und Cat-Sitting“ mit dem vorrangigen Vereinszweck des Katzenschutzes.“
Wie groß ist das Team und wer übernimmt welche Aufgaben?
„Wir sind ein engagierter und aktiver, aber vergleichsweise kleiner Verein mit aktuell ca. 200 Mitgliedern. Davon sind ca. 20 bis 30 „Aktive“, die anderen helfen durch ihre regelmäßigen Mitgliedsbeiträge, Geld- und Sachspenden. Beim letzten Vorstandswechsel haben wir eine Fragebogenaktion unter unseren Mitgliedern durchgeführt, wo jede(r) Interessierte Wünsche und Neigungen nennen konnte. Daher macht jetzt jede(r) nun das, was er/sie am besten kann und am liebsten tut.
Was benötigt die meiste Zeit?
„Natürlich mit dem „Kümmern“ um unsere Schützlinge. Wir werten gerade die Tierarztrechnungen unseres Vereins aus den letzten Jahren aus. Pro Tier, das wir in unsere Obhut und Pflege nahmen (im Durchschnitt jährlich 150 Katzen), fallen im Jahr durchschnittlich zwei Tierarztbesuche an, mit durchschnittlichen Tierarztkosten pro Tier von fast 150 Euro jährlich. Fundtiere müssen alle zum Tierarzt - etwa 10 Prozent sogar zum Notdienst und/oder in stationäre Behandlung. Unser Verein gibt wegen der Not der Tiere jährlich ca. 20.000 Euro für tierärztliche Behandlung und Medikamente aus. Da wir kein Tier wegen Alter und/oder Krankheit abweisen (lediglich wenn unsere Kapazitäten erschöpft sind) und vor allem die Fundtiere fast durchgängig verwahrlost und krank sind, fahren Vereinsmitglieder insgesamt ca. 250 mal im Jahr mit Katzen in die Tierarztpraxis. Danach kommt die häusliche Pflege, die für oft Wochen bis Monate einen täglichen Einsatz fordert.“
In welchen Bereichen wünschen Sie sich mehr Unterstützung?
„Wir wünschen uns mehr Unterstützung von der Koblenzer Stadtverwaltung und dem Kreisveterinäramt. Die verantwortlichen Stellen geben sich gegenüber der Einführung einer Katzenschutzverordnung skeptisch und verlangen von uns Ehrenamtlern immer neue Fakten, Daten und Zahlen. Nun kommt auch noch Corona dazwischen, ganz klar, dass diese Aufgaben zur Zeit unbedingt vorgehen. Wenn alles vorbei ist, geht es aber hoffentlich voran. (Coronahilfen bekommen wir übrigens nicht, weil wir kein Tierheim sind!) Es gibt für uns bisher lediglich einen kleinen jährlichen Zuschuss des Landes RLP für Tierschutzvereine, die Streunerkatzen kastrieren, der nur einen Bruchteil unserer dafür entstandenen Kosten deckt. Das Ministerium für Umwelt RLP hat in zehn Jahren für diese Aktion bereits eine halbe Million Euro ausgegeben und deswegen allen Kommunen eine Katzenschutzverordnung mit Kastrationspflicht für Freigängerhauskatzen empfohlen. Kommunaler Katzenschutz ist aber vorerst nur sieben Mal in unserem Bundesland Pflicht. Das ergibt für uns keinen Sinn, verursacht unnötiges Tierleid und ist nicht nachhaltig.“
Reicht die finanzielle Ausstattung aus und wo fehlt diese?
„Die Gelder, die unser Verein aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden einnimmt, sind für unsere Schützlinge da, da sind wir ganz streng. Dafür reicht es so gerade, zumal wir ja nur so viele Katzen in Not aufnehmen können wie wir Aktive haben, die für sie sorgen können. Für andere, auch sehr wichtige Aufgaben eines Tierschutzvereins fehlt das Geld. Unsere Vereinszeitschrift Schängelkatze, die in einer Auflage von ca. 500 Heften einmal jährlich kostenlos verteilt wird, könnten wir attraktiver und noch informativer für unsere Zielgruppe gestalten, wenn wir uns professionelle Hilfe „zukaufen“ könnten z.B. für eine Grafikerin. Hier haben wir schon Angebote vorliegen, auch für einen tollen Informationsflyer für KatzenhalterInnen zur Katzenschutzverordnung - konnten dies aus finanziellen Gründen bislang aber nicht umsetzen. Wir bezahlen Bürokosten und Fahrtkosten unserer ehrenamtlichen Arbeit sehr oft aus eigener Tasche. Das kann sich nicht jede(r) leisten, deswegen würden wir es gerne ändern. Und unsere Infostände besser ausstatten, denn unser Verein und seine Anliegen sind immer noch zu wenig bekannt!“
Was ist die sogenannte Schutzgebühr und wozu dient diese?
„Alle Katzen, alt oder jung, die durch unsere liebevollen Hände gegangen sind und die wir weitervermitteln, haben einen Namen, eine Geschichte, eine Persönlichkeit und eine Würde. Das wollen wir mit der Vermittlungsgebühr klarmachen. Eine Katze ist kein lebendiges Spielzeug für Kinder und Erwachsene, kein Einrichtungsgegenstand den man nur herausholt, wenn man gerade Zeit hat. Wir prüfen unsere Interessenten im Gespräch sehr sorgfältig und besuchen nach einiger Zeit das neue Mensch-Katze-Gespann, denn das neue Zuhause muss in erster Linie auf die Bedürfnisse der Katze passen und nicht umgekehrt - sonst geht es schief, und all unsere Fürsorge für die Tiere war umsonst. In 98% passt es dann auch und alle werden glücklich, ansonsten würden wir es wieder rückgängig machen. Bei Jungtieren hinterlegen die Neu-BesitzerInnen eine Kaution, die sie voll erstattet bekommen wenn sie zu gegebener Zeit einen tierärztlichen Nachweis der erfolgten Kastration schicken. Und unsere Vermittlungsgebühr ist nur halb so hoch wie die durchschnittlichen Tierarztkosten, die unsere Schützlinge verursachen damit sie aufgepäppelt, gechippt, geimpft, entwurmt und (bei älteren Tieren) schon kastriert in ihr neues Zuhause einziehen können.“
Woher stammen die meisten Tierbabies, die Sie vermitteln?
„Nur in ganz wenigen Fällen bekommen wir Tierbabies als Abgabetiere. Fast alle unsere Jungkatzen (jährlich etwa 50) sind im Freien geboren und von uns eingefangen worden, oder die Katzenmutter ging uns mit Glück trächtig in die Falle und konnte bei uns werfen. Das rettet Katzenbabys das Leben, denn die Hälfte der draußen geborenen Katzenwelpen kommt zu Tode.“
Welche Tiere sind derzeit besonders beliebt
„Wir haben immer – und zur Zeit be#sonders - viele Nachfragen nach süßen, flauschigen Katzenbabies. Dabei machen Jungtiere unter 6 Monaten nur ca. ein Drittel bis ein Viertel unserer Aufnahmen aus. Oft sind es die Kinder der Familien, die solche Wesen als Spielzeug sehen und mit „Haben wollen!“ ihre Eltern plagen. Gerade die kleinen Katzen unter einem Jahr sind aber nichts für Anfänger, sie fordern viel Zeit, haben „Kinderkrankheiten“ und Flausen, bringen sich oft in Gefahr und müssen erst lernen, Regeln zu beachten (ganz sanft und ohne Gewalt!).
Ihr Wunsch an die Leser?
„Bitte macht uns unsere Arbeit, die wir freiwillig und unentgeltlich in unserer Freizeit verrichten, nicht schwerer als nötig. Manche Menschen treten uns gegenüber fordernd auf und verwechseln uns mit einem Dienstleister. Wir helfen gern, aber nur wenn es uns auch möglich ist, z.B. wenn wir überhaupt passende Pflegeplätze frei haben. Macht uns auch bitte keine Vorwürfe, wenn wir Euch nicht sofort und kostenlos Eure Wunschkatze liefern – und das eventuell noch mit Garantie! Wir freuen uns über jeden neuen UnterstützerIn. Vor allem brauchen wir mehr Pflegestellen! Dabei lassen wir Erfahrenen niemanden allein, helfen und beraten. Man kann für 36 Euro im Jahr Vereinsmitglied werden und sich als Pflegestelle, vorübergehend oder auf Dauer, melden. Unser Verein trägt dann für das Pflegetier bis zur Vermittlung oder auch lebenslang die Kosten von Futter und Tierarzt. Auch Nicht-Mitglieder können uns sehr helfen. Seien es aufmerksame und tierliebe AnwohnerInnen, die uns herrenlos herumstreunende Katzen melden – vor allem wenn diese Hilfe brauchen. Seien es Menschen mit einem großen Gartengrundstück, die gern eine Futterstelle für Streuner einrichten und betreuen möchten – mit unserer Unterstützung. Wegen Corona sind unsere Lager für Sachspenden zur Zeit leider voll. Aber finanzielle Zuwendungen helfen uns z.B., für sehr kranke Tiere besonders hohe Tierarztkosten zu begleichen (in Einzellfällen schon einmal 2.500 Euro pro Tier und Jahr!), und teure Medikamente und Diätfutter zu kaufen.“
Vielen Dank für das Gespräch
Eine ehrenamtliche Aufgabe, Frau Lenhart, die Ihnen sicherlich alles abverlangt, was Tierschutz anbelangt.
Menschenschutz, etwas, was für mich damit nicht vereinbar ist.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Menschen Tiere als Stütze für ihr eigenes Unvermögen im Leben zu bestehen, halten, ja, auch versorgen, ob tiergerecht dahingestellt.
Tiere, Hund, Katze etc. werden gerade in sozialschwachen Bereichen als Ersatz für etwas angesehen, was für einen selbst menschlich nicht mehr erreichbar scheint - ein tierischer Ersatz, der mehr darunter leidet, als sich manch einer vorstellen kann.
Der Mensch hat sich schon immer für seine eigenen Unzulänglichkeiten u. Perversitäten der Tiere bedient. Tierschutz erfordert alles - Menschenschutz überflüssig. Wer, der sollte strafrechtlich belangt werden, weil, wer für sein eigenes Ego tierische Hillfe in Anspruch meint nehmen zu müssen, der nutzt dies für seine eigenen Unzulänglichkeiten rigoros aus - das hat mit Tierliebe nichts zu tun.