3. Landesbauerntag stellt Rahmen für Diskussionen mit namhaften Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Forschung

Von Herausforderungen, Problemen und Lösungsansätzen in der Landwirtschaft

06.09.2019 - 09:07

Koblenz. Der 3., vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau verbandweit durchgeführte, Landesbauerntag im Rheinsaal der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz stand unter der Überschrift „Risikomanagement in der Landwirtschaft– fit in die Zukunft“. Die Teilnehmer hatten Gelegenheit, mit hochkarätigen Referenten über Herausforderungen, Probleme und Lösungsansätze in der und für die Landwirtschaft zu sprechen. Das Motto des Tages wurde diskutiert mit namhaften Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Forschung. Im Rahmen einer vorgeschalteten Pressekonferenz stellte Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, die Themen vor, die den Landwirten derzeit am meisten unter den Nägeln brennen. „Die landwirtschaftlichen Betriebe sind eine der wichtigsten Säulen der Urproduktion, eine der drei Säulen, die neben Kohle und Stahl vor Jahrzehnten Europa einten.“ Im Moment allerdings ist diese Säule mit einer Vielzahl an negativen Begleiterscheinungen behaftet.


Zahlreiche Probleme


Ein starker Strukturwandel sei spürbar, die Zahl der eher kleineren landwirtschaftlichen Betriebe nimmt beständig ab, auch weil etliche ohne Nachfolger bleiben oder wirtschaftliche Krisen nicht überstehen. Immer wieder bereiten Seuchen wie die in ganz Europa auftretende Blauzungenkrankheit den Viehbauern ernsthafte, das Überleben der Betriebe gefährdende Probleme. Starken Druck erfahre die Landwirtschaft zudem durch die von der EU getroffenen Handelsabkommen und den damit einhergehenden Zollregelungen. Eine Folge ist beispielsweise die Erhöhung der Einfuhr von Rindfleisch aus Südamerika oder Soja aus den USA. Ob in diesen Produktionsländern ähnlich zimperlich mit Pflanzenschutzmitteln umgegangen und auf ähnlich hohem Standard produziert wird, wie es von den deutschen Erzeugern gefordert ist, ist fraglich. Da werde die Doppelmoral vieler Bürger deutlich. Einerseits wolle man eine saubere, total umweltverträgliche Landwirtschaft, andererseits sei man nicht dazu bereit, den dafür zu betreibenden Aufwand zu bezahlen. Da flöge man lieber mehrfach im Jahr in Urlaub oder kaufe sich ein neues großes, viel CO2 ausstoßendes Auto. Von der Landwirtschaft dagegen fordere die Öffentlichkeit eine hundertprozentig CO2- und Methan-neutrale Produktion. Das ist von Natur aus nicht machbar, denn ohne klimaschädliche Kühe, Stickstoff-Dünger und Gülle geht es nicht. Es bleibt die Problemfrage: Wie soll überhaupt die Weltbevölkerung ernährt werden, wenn Landwirtschaft nur noch ökologisch betrieben wird? Bereits im Jahr 2050 sollen 9,8 Milliarden Menschen auf der Welt leben. Ohne den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz wird es nicht gehen. „Durch zunehmende Anwendungsverbote gingen immer mehr Pflanzenschutzmittel, die für eine ertragreiche Produktion notwendig, für die Umwelt und biologische Vielfalt aber risikoreich sind, verloren“, sagte Horper. Und die Forschung komme mit der Bereitstellung alternativer Mittel nicht nach. Eine Mitschuld daran trage auch die überdurchschnittlich lange Dauer von Zulassungsverfahren. Besonders bei dem Rapsanbau zeigt die wenige Nutzung von Pestiziden schon jetzt Auswirkungen. Schädlinge vernichten die Pflanzen, die als Lieferant hochwertigen Öls und als hochwertiges Eiweißfutter benötigt werden. Eine weitere extreme Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe stelle die nach 2006 und 2017 neuerliche, „von Europa aufs Auge gedrückt bekommene“ Verschärfung der Düngeverordnung ab 2020 dar, erklärte Horper. Es dürften nur noch zwanzig Prozent unter dem eigentlichen Bedarf gedüngt werden. Die Produktion von Qualitätsgetreide sei damit nahezu unmöglich. Ernteausfälle und eine Wettbewerbsverschlechterung seien die Folge. Zudem werde aufgrund der verlängerten Sperrfristen für die Düngung in nitratbelasteten Gebieten bei etlichen der betroffenen Betriebe eine kostenintensive Ausweitung der Lagerkapazitäten für organische Dünger erforderlich.


Opfer des Klimawandels


Neben den genannten Problemen stellen die den Klimawandel begleitenden Wetterextreme die deutschen Bauern vor riesige Herausforderungen. Die ihnen geschuldeten Ernteeinbußen können viele Betriebe auf Dauer nicht überleben, meinte Horper. Extremwetter-Versicherungen seien jedoch unrentabel, da sie erheblich zu teuer seien. Deshalb werde unbedingt eine staatliche Bezuschussung der Versicherungsprämien gebraucht, wie es in anderen EU-Ländern bereits der Fall sei. Das wäre effektiver und unbürokratischer als mehrfach jährlich zu erbringende staatliche Hilfen im Katastrophenfall. Der Staat müsste dafür bundesweit rund 300 Millionen Euro in die Hand nehmen, werde mit der Maßnahme aber eine hohe Marktdurchdringung erreichen, so Horper. Obwohl die Landwirtschaft immer häufiger Opfer des Klimawandels wird, werde zugleich mit dem Finger auf sie gezeigt, weil sie vor allem wegen der Methan- und Lachgas-Emissionen als Mitverursacher des Klimawandels gilt.


Lösungsansätze mit Potential


Horper: „Dennoch sind die deutschen Bauern ein bedeutender Teil der Lösung und nicht nur des Problems.“ Die Landwirtschaft liefere schon heute Lösungsansätze mit großem Potential, wie beispielsweise die Produktion nachwachsender Rohstoffe für die Erzeugung von Biokraftstoffen. Und ganz nebenbei „stehen auf unseren Flächen“ die meisten Windkraftanlagen des Landes. Neben den vielen dunklen Wolken am Himmel der deutschen Landwirtschaft gibt es also offenbar auch Lichtblicke. Die Landwirtschaft habe sich in den letzten Jahren schon stark verändert, sagte Horper. Die Ställe in der Rinderhaltung hätten sich zum Beispiel enorm gemausert. Sie seien heute „fast schon Wohlfühloasen“ für die Tiere. Und auch bei der Schweinehaltung sei im Lande vieles an Verbesserungen auf dem Wege. Zu den positiven Meldungen gehört zudem der reduzierte Einsatz von Düngemitteln mithilfe von Digitalisierung. Da ist die Rede von Sensoren, die den Bedarf der Pflanzen ermitteln, wonach der Dünger viel gezielter aufgebracht werden kann. Abschließend stellte Horper heraus, dass nirgendwo Nahrungsmittel auf so hohem Niveau produziert werden, wie in Mitteleuropa. Somit scheint es eine Berechtigung für die Frage zu geben, was die konventionelle Landwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Produkten der Politik wert ist. Horper: „Auch Steuergelder wären dafür gut angelegt.“ Fest steht, dass es in der Landwirtschaft neue und nachhaltige Konzepte wird geben müssen, um den Folgen des Klimawandels Kontra zu bieten und weiterhin Qualität statt Masse zu liefern.

BSB

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