Christoph Noebel verfasst Trilogie zur Gesellschaftsanalyse
Von Missständen und wie sie zustande kommen
Der erste Band „Gemeinwohl“ ist im Handel
Remagen. Von einem Galeristen erwartet man nicht zwangsläufig, dass er Bühcher schreibt. Aber Christoph Noebel, der in Remagen eine Produzentengalerie betreibt, macht erneut als Autor auf sich aufmerksam. 2012 kam sein Buch „Der Subjektive Faktor – Auf der Suche nach dem Wesen und Sinn der Kunst“ heraus. In diesem Jahr will er gleich eine ganze Trilogie vorlegen. Damit hat der gebürtige Bonner bereits angefangen: Seit kurzem ist der erste Band „Gemeinwohl“ der Trilogie „Vertrauen und Verantwortung“ im Selbstverlag erschienen.
Noebel bemängelt angesichts der täglich auf die Menschen einströmenden Nachrichten und Meinungen über Missstände in Wirtschaft, Politik und Behörden die Konzentration auf Einzel-Ereignisse und Details. Sie führe dazu, dass in öffentlichen Debatten übergeordnete Gesellschaftskonzepte kaum vorkommen. „In einer zunehmend komplexen Welt schürt der lückenhafte Diskurs ein generelles Gefühl der Ohnmacht und Überforderung“, stellt Autor Noebel fest.
In seiner dreibändigen Gesellschaftsanalyse versucht er, „auf systematische Weise zum Verständnis von Missständen und Problemen in der Gesellschaft beizutragen“. Zwar hat Noebel nicht nur Einblick in die Welt der Kunst und des Kunstmarktes. Bevor er sich den Herzenswunsch einer Galerie erfüllte, folgte er gänzlich anderen Berufspfaden. Er studierte an der London School of Economics (LSE) bei Nobelpreisträgern Amartya Sen, George Akerlof und der US Finanzministerin Janet Yellen und arbeitete als Ökonom und Finanzanalyst in der City of London. Gut sechzehn Jahre lang hat er sich zudem als Aktivist in der britischen Friedens- und Umweltbewegung engagiert.
Den Wald als Ganzes erkennen
Doch was genau bewog ihn, sich der Buch-Thematik anzunehmen? Noebel: „Abgesehen davon, dass ich mich bereits seit meiner Schulzeit mit Gesellschaftskonzepten politischer, wirtschaftlicher und kultureller Art befasse, waren es die Verwerfungen der Finanzmärkte in 2008 und 2010 sowie die akute Thematik der Klimapolitik, die mich dazu anregten, mich den Fragen der Verantwortung in einem Buchprojekt zu widmen.“
Begonnen hat er Anfang 2013 „mit groben Vorstellungen, wohin die Reise gehen sollte“. Zu dem Zeitpunkt war ihm bereits klar, „dass die Thematik des Vertrauens zusätzlich eine wesentliche Rolle als Bindemittel des sozialen Zusammenhalts zu spielen hat“.
Auf mehreren Ebenen den Ursachen von Missständen nachzugehen, stellte durchaus eine Herausforderung dar: „Mir ging es darum, mit einer strukturierten und systematischen Verfahrensweise ein gewisses Maß an Klarheit zu verschaffen“, erklärt Noebel. Im Kapitel „Die Kunst der Abstraktion“ beschreibt er das Konzept als einen Versuch, „den Wald als Ganzes zu erkennen, indem man sich nicht auf einzelne Bäume konzentriert“.
Hinsichtlich der notwendigen Sachkenntnisse bezieht sich Noebel zunächst auf seine Erfahrungen als politischer Aktivist, als Schüler, der Leistungskurse wie VWL und Soziologie hatte und als Student an der LSE, wo er die Nebenfächer Psychologie und Völkerrecht belegte. Zugute kamen ihm insbesondere auch das Forschen für eine Doktorarbeit und die Tätigkeiten als Computerprogrammierer (MF Systems), als Ökonom und Finanzanalyst im Investmentbanking bei der DB (Anleihenmärkte). Nicht zuletzt profitiert er von seinen Erfahrungen als freischaffender Künstler und als Kleinunternehmer in Remagen.
Die Trilogie hat den diskussionsfreudigen Remagener – er leitet derzeit auch die Philosophiegespräche in der Galerie Artspace K2 - Zeit und Geistesanstrengung abverlangt. Hinzu kommen beträchtliche Ausgaben für den Kauf der zitierten Bücher: „Diese enthalten meist originelle und konstruktive Beiträge, einige davon, Bestseller eingeschlossen, sind jedoch aus Gründen der Kritik von Interesse, weil sie polemisch/oberflächlich sind und einer vernünftigen Debattenkultur schaden.“
Wirtschaft, Soziales und Staat
Es überraschte den Verfasser der Trilogie zunehmend, „dass Sachdebatten sehr konfrontativ geführt und gegebenenfalls mit Feinbildern unterfüttert werden; hier war ich erstaunt, dass im Gegensatz zu Großbritannien in Deutschland das Klischee und Vorurteil des Homo oeconomicus in öffentlichen Diskursen weit verbreitet ist. Dieser Sachverhalt bewog mich, ein neues Lehrkonzept zu entwickeln, das eine einseitige Position vermeidet“. Und noch eines verblüffte ihn: „Ich war ebenso überrascht, dass Wirtschaft als eine eigene Kategorie gehandhabt wird getrennt von Soziales und Staat. Nicht nur sind beide Bereiche eng verzahnt, die wichtigsten Überraschungen werden in Teil III thematisiert, da ich entdeckte, dass Probleme im Staatswesen überwiegend auf individuelle Verhaltensmuster sowie institutionelle und systembedingte Ursachen zurückzuführen sind, die auch auf im Wirtschaftssystem vorkommen.“
Mit elementaren Gesellschaftskonzepten befasst, geht es im ersten Teil der Trilogie „Gemeinwohl“ um Begriffsklärungen von Vertrauen und Verantwortung. Zur Sprache kommen in diesem Band Themen der öffentlichen Debattenkultur, mithin Fürsorge und soziale Verantwortung, Recht und Gerechtigkeit, Glück, Freiheit, Wohlstand und Wachstum, Wohlfahrt, Natur, Umwelt und Bildung, um nicht einmal alle Unterpunkte herauszugreifen. Der Band schließt mit einer Definition des Gemeinwohls, die als Grundlage der weiterführenden Gesellschaftsanalyse dient. Teil zwei konzentriert sich auf die Wirtschaft, stellt demnach „Das Marktsystem auf dem Prüfstand“. Teil drei schließlich verfährt in derselben Weise mit dem Staatswesen.
Das Taschenbuch Vertrauen und Verantwortung, Band 1 „Gemeinwohl“ (ISBN: 978-3-754116-16-6), erschienen beim epubli Verlag, Berlin, 208 Seiten, 22 Diagramme, ist im Buchhandel erhältlich.