Politik | 27.03.2013

Vortrag über das Schicksal des ersten Koblenzer Polizeipräsidenten

In den Jahren der NS-Diktatur unangepasst geblieben

Erinnerung an Ernst Biesten: (v.l.) Joachim Hennig, Gerd und Irmingard Hattingen, Roger Lewentz und Horst Eckhardt. UKO

Koblenz. Sein Lebensmotto lautete „Tue recht und scheue niemand“. Dr. Ernst Biesten war der erste Polizeipräsident von Koblenz und er hatte es in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit einem brutalen Gegner zu tun, den Nationalsozialisten. Furchtlos trat er in der Endphase der Weimarer Republik für Gesetz und Ordnung ein, wurde aber bald aus dem Amt entfernt. In einem Vortrag im Polizeipräsidium Koblenz erinnerte Joachim Hennig, stellvertretender Vorsitzender des Koblenzer Fördervereins Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus, an den früheren Polizeipräsidenten.

Polizeipräsident Horst Eckhardt begrüßte zu Beginn der Veranstaltung zahlreiche Mitarbeiter des Polizeipräsidiums und Vertreter anderer Behörden. Unter den Zuhörern weilte auch die Tochter von Ernst Biesten, Irmingard Hattingen und Ehemann Gerd aus Unkel. Eckhardt sprach an, dass sich die Polizei nach 1945 kaum mit dem befasst habe, was vor 1945 gewesen sei, und er dankte dem Referenten für die Hilfe beim Versuch, diese Zeit nach und nach aufzuarbeiten. Ein Grußwort sprach der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz, der rückblickend feststellte, es sei schwer für einen Menschen in der damaligen Zeit gewesen, geradlinig zu bleiben. Lewentz fand keine eindeutige Antwort auf die Frage, wie ein Deutscher der Gegenwart sich in der damaligen Situation verhalten hätte. In jedem Fall habe Mut dazugehört, Widerstand zu leisten. Zur traurigen Wahrheit der Nazi-Zeit und der Kriegsjahre gehöre, dass Polizeibataillone als Teil von Einsatzgruppen an Erschießungen im Osten beteiligt waren und der Minister regte an, eine aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte zu suchen. Denn das Wissen um die Vergangenheit sei ein wichtiges Rüstzeug für junge Beamte im Polizeidienst. In diesem Zusammenhang lobte Lewentz den Förderverein Mahnmal und namentlich Joachim Hennig für die „permanente Erinnerungsarbeit“, die seit Jahren geleistet werde.

Vier Epochen hat Ernst Biesten in seinem Leben erlebt, Joachim Hennig sprach in seinem 40-minütigen Vortrag die wichtigsten Ereignisse im Leben des Juristen an, der in den NS-Jahren unangepasst blieb. Biesten wurde 1884 in Niederlahnstein geboren, er besuchte in Koblenz das heutige humanistische Görres-Gymnasium, das damals Kaiserin-Augusta-Gymnasium hieß. Nach dem Abitur studierte er Jura, zuletzt in Bonn. 1914 heiratete er, wurde besoldeter Beigeordneter in Koblenz und schließlich Soldat im Ersten Weltkrieg. Schwer verwundet kehrte er nach Koblenz zurück und setzte seine Beigeordnetentätigkeit fort. Auf Initiative der amerikanischen Besatzer übernahm er im Herbst 1919 das Polizeidezernat. Hennig nannte Biesten einen überzeugten, aufrechten Demokraten, der nach seinem demokratischen Grundverständnis gehandelt habe, mit den Jahrzehnten aber in Vergessenheit geraten sei. Biesten sei entschiedener Gegner des Nationalsozialismus gewesen, immer wieder geriet er in den Fokus von Artikeln in nationalsozialistischen Hetzblättern, was der Referent mit Beispielen belegte. Besonders empörend empfanden es die Nazis, als Braunhemden aus Köln und Koblenz, die in Nastätten im Taunus randaliert hatten, auf ihrem Nachhauseweg in Koblenz festgenommen wurden, unter ihnen war auch der Kölner Gauleiter Robert Ley. Dieses Einschreiten vergaßen die Nazis Biestig nicht, und ihr Vorgehen bei der sogennanten „Blutkirmes von Horchheim“ kann als Racheakt verstanden werden. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, war es aus ihrer Sicht folgerichtig, Ernst Biesten aus dem Amt des Polizeipräsidenten zu entfernen. Voller Häme wurde dieses Ereignis in der NS-Zeitung „Westdeutscher Beobachter“ gefeiert, mit Biesten mussten eine Reihe weiterer „unwürdiger Staatsstelleninhaber“ gehen - wegen „politischer Unzuverlässigkeit“. Biesten wollte als Rechtsanwalt beruflich Fuß fassen, was ihm aber verwehrt wurde, in Frankfurt arbeitete er stattdessen in führender Position in einer Schuhgroßhandlung. Es waren erneut die Amerikaner, die nach Kriegsende Biesten wieder in seinem alten Wirkungsbereich Koblenz einsetzten. Im Juni 1945 wurde er zum Polizeipräsidenten für den Regierungsbezirk Koblenz ernannt, später bestätigten ihn die Franzosen in seinem Amt. Neben anderen Aufgaben wurde Biesten 1946 damit beauftragt, eine Verwaltungsschule zu installieren, er war maßgeblich an den Vorarbeiten für die rheinland-pfälzische Verfassung beteiligt und einer der Mitbegründer der CDU in Koblenz. 1953 starb Ernst Biesten, er wurde auf dem Koblenzer Hauptfriedhof beigesetzt. Joachim Hennig sprach in seinem Vortrag auch die Rolle der Polizei an, die nach der Machtübernahme für die Zwecke der Nazis instrumentalisiert wurde und auch in Koblenz an der Verfolgung politischer Gegner und deren Deportation beteiligt war. Im Anschluss an den Vortrag wurde eine kleine Ausstellung mit der Biografie von Dr. Biesten eröffnet, die auch an das Schicksal acht weiterer NS-Opfer in Koblenz erinnert. Mehr Informationen gibt es beim Förderverein Mahnmal Koblenz, www.mahnmal-koblenz.de.

Erinnerung an Ernst Biesten: (v.l.) Joachim Hennig, Gerd und Irmingard Hattingen, Roger Lewentz und Horst Eckhardt. Foto: UKO

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