Staatswald des Forstreviers Rhens
Kein freier Fall für Riesen-Douglasie
Die Fällung des 54 Meter hohen Baumes war selbst für Forstleute etwas Außergewöhnliches
Koblenz. Der Niederfeller Staatswald im Aspelbachtal ist seit einigen Tagen um ein paar Douglasien ärmer. Nicht Sturm Xaver hat sie zu Fall gebracht, sondern gestandene Forstwirte. In einer spektakulären Aktion wurde dabei auch der stattliche 54 Meter hohe, etwa hundert Jahre alte Baum, einer der höchsten Bäume in Deutschland, gefällt. Die höchste Douglasie ist die über 90-jährige „Waldtraud vom Mühlenwald“ mit rund 65 Metern. Sie steht im Stadtwald von Freiburg im Breisgau.
Douglasien sind ein in Nordamerika heimisches Nadelgehölz, das in Europa seit etwa 1880 forstlich angebaut wird und sich zur wichtigsten, nicht-heimischen Forstbaumart entwickelt hat. Es wachse selbst auf anspruchslosen Böden und habe ein breites Wärmespektrum. Wegen dieser Eigenschaft sei im Hinblick auf den Klimawandel die Douglasie als Nadelbaum eine Option für die Fichte, die klimatisch bei uns nicht so gut komme. Zudem wachse der Baum schnell und bringe daher schnelle Erträge, erklärt der Leiter des Koblenzer Forstamtes, Eberhard Glatz. Er will natürlich dabei sein, wenn im Forstrevier Rhens, das dem Forstamt Koblenz zugeordnet ist, eine Douglasie solchen Ausmaßes gefällt wird. Dieser ganz besondere Baum scheint von dem ihm bevorstehenden Schicksal noch nichts zu ahnen. Dem Sturm der vergangenen Nacht hat er getrotzt und steht jetzt da am Wegesrand, gerade und stolz, reckt seine Krone in den blauen Himmel. Eine Nachbar-Douglasie, nicht wesentlich schlanker, liegt bereits gefällt am Boden. Von ihren Ästen ist sie schon per Motorsäge befreit worden. Andreas Oster räumt das Grün gerade mit seinem PS-starken „HSM“-Forstspezialschlepper, der wie eine Riesenkrake auf Rädern aussieht, an die Seite, bevor er den in zwei Hälften gesägten Stamm den Waldweg hochzieht. Schließlich muss Platz geschaffen werden für die Fällung der Königin der Douglasien. Zudem ist eine Rückweiche erforderlich, damit im Fall der Fälle niemand durch ein Stolpern zum falschen Zeitpunkt sein Leben in Gefahr bringt. Dann machen sich die beiden staatlichen Forstwirte Michael Laux und Stefan Gruber an die vorbereitenden Arbeiten. Zunächst wird ein Seil hoch in das Astwerk des Baumes geschossen, das später zusammen mit den Seilwinden des Schleppers als Fällhilfe dienen soll. Doch erst einmal sägen die Männer einen Fallkerb in den Baum, der die Fallrichtung exakt bestimmt. Kontrolliert wird die Fallrichtung, indem sich einer von ihnen mit baumbreit auseinander gestellten Füßen direkt vor den Fallkerb stellt und die Hände dann nach vorne zusammenführt. So ist ziemlich genau zu ermitteln, wohin der Baum tatsächlich fallen wird. Was danach kommt, klingt blutrünstig. „Jetzt kommt der Stechschnitt durchs Herz“, sagt Forstwirtschaftsmeister Karl Josef Ternes vom Forstrevier Untermosel. Der Fallkeil wird gesetzt, dann hallt es laut „Achtung“ durch den Wald. Knarrend und stöhnend bewegt sich der Baumriese in Richtung Boden, wo er schließlich mit einem lauten Knall aufschlägt. Die Umherstehenden sind begeistert. „Das sieht man nicht alle Tage“, sagen selbst die alten Hasen, die den Baum jetzt richtig begutachten können. „Wunderschön gewachsen, eine super Holzqualität“, ist das erste Urteil des Revierleiters Dieter Kaul, bevor er zur Vermessung schreitet. Am dicken unteren Ende ermittelt er mit seiner Schieblehre einen Durchmesser inklusiv Rinde von 1,20 Metern, in einer Höhe von gut sieben Metern ist der Stamm noch rund 93 Zentimer dick. Glatz schätzt, der Baum werde etwa 16 Festmeter Ertrag bringen. Bei einem niedrig angesetzten Durchschnittspreis von 125 Euro pro Festmeter würden damit etwa 2.000 Euro erzielt werden können. Ein Teil der wertvollen Stücke des Baumes wird an ein dänisches, Dielen herstellendes Familienunternehmen verkauft, der Rest wird auf einer von Landesforsten Rheinland-Pfalz organisierten Submission am Wertholzlagerplatz zwischen Pfaffenheck und Emmelshausen an die Meistbietenden abgegeben.
„Astrid vom Aspelbach“, wie der Name der Douglasie lauten könnte, interessiert das alles nicht mehr. Sie liegt dort wie ein gestrandeter Wal, ihre Äste ragen wie Knochen in die Luft. Zu diesem Anblick drängt sich unweigerlich der alte Schlager auf: „Mein Freund der Baum ist tot“. Zwar hatte die Douglasie das ideale Erntealter, aber: Nicht gefällt hätte sie möglicherweise eine noch viermal so lange Lebenszeit vor sich gehabt.
Der Schlepper hebt den Stamm an.Fotos: BSB Karl Josef Ternes, Dieter Kaul und Andreas Oster in Aktion.


