Ausstellung im Koblenzer Mittelrhein-Museum eröffnet
Romantischer Blick auf Italien
Schau bis 2. November widmet sich Carl Wilhelm Götzloff, einem fast vergessenen Maler der Romantik
Koblenz. Mit der neuen Sonderausstellung „Carl Wilhelm Götzloff - Ein Dresdner Landschaftsmaler am Golf von Neapel“ macht das Mittelrhein-Museum Koblenz Kunstfreunde und Freunde des mediterranen Lichts auf sich aufmerksam. Die Ausstellung des umfangreichen malerischen und zeichnerischen Werks des 1799 geborenen Künstlers wird veranstaltet in Kooperation mit dem Museum Behnhaus Drägerhaus in Lübeck, wo die Exponate noch bis zum 20. Juli gezeigt wurden.
Die Sehnsucht der Nordländer nach dem Süden bedient
Die fehlende Präsenz in Deutschland habe den Ruf des Künstlers hier recht schnell verblassen lassen, führte Dr. Markus Bertsch, Direktor des Mittelrhein-Museums Koblenz, bei der Ausstellungseröffnung aus. Götzloff ging nämlich schon 1821 als Absolvent der Kunstakademie in Dresden mit einem Stipendium in der Tasche nach Italien, zunächst nach Rom, und besuchte von da an nur noch gelegentlich sein Heimatland. In Italien führte er sein Studium unter südlichem Himmel fort und erschloss sich reisend das Land. Götzloff, der ab 1825 in Neapel lebte, erlangte einen ausgezeichneten und weit reichenden Ruf als herausragender Meister der Genre- und Landschaftsmalerei. Seinen Kundenstamm habe er vornehmlich unter Italien-Reisenden rekrutiert, deren Erwartungshaltung nach einem bildnerischen Reise-Andenken er kongenial bedient habe, so Bertsch.
Genau wie die Sehnsucht der Nordländer nach dem Süden, bestätigte später Dr. Alexander Bastek, der Leiter des Museums Behnhaus Drägerhaus. Warum Götzloff nun gerade in Koblenz gezeigt wird, erklärte Bertsch damit, das Projekt schon aus Hamburg mitgebracht zu haben, wo er als Ausstellungskurator und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der „Kunsthalle“ tätig war, bis er im März 2012 der neue Direktor des Koblenzer Mittelrhein-Museums wurde. Götzloff, der nach seinem Tod 1866 in Neapel als Maler alsbald vergessen wurde, erhält jetzt auch in Koblenz eine seinem Werk würdige Bühne und wird damit zurück ins allgemeine Bewusstsein gehoben. Bertsch will mit diesem Projekt außerdem einen Beitrag leisten, die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Götzloff zu fördern. Tatkräftig unterstützt bei der Realisierung der Ausstellung habe ihn besonders Ernst-Alfred Lentes, „der Götzloff-Experte schlechthin“, indem er den Weg zu Privatsammlern gebahnt habe. Die rund einhundert ausgestellten Objekte sind allesamt private und museale Leihgaben, weshalb allein aus Kostengründen eine Kooperation mit einem anderen Museum notwendig war. Ein Glücksfall, wie Bertsch sagte, durch den es möglich wurde, das in motivischer und zeichnerischer Hinsicht vielgestaltige Werk des romantischen Malers in Koblenz zu präsentieren.
Italienisches Volksleben neben Landschaften
Die Ausstellung ist eine Art Chronologie der Götzloff-Werke. Als erstes begegnet der Besucher Götzloffs Dresdner Frühwerk, bei dem besonders deutlich der Einfluss von Caspar David Friedrich erkennbar ist, dessen Privatschüler Götzloff war. Eine maßgebliche künstlerische Zäsur sind die folgenden Bilder von 1821 mit Darstellungen der römischen Stadtlandschaft und der landschaftlichen Umgebung. Über die Bilder von Amalfi, Sorrent und Capri gelingt die langsame Annäherung an den Golf von Neapel. De Darstellungen von Neapel und Sizilien bilden eine eigene Exponaten-Gruppe. Ein gesondertes Kapitel widmet die Ausstellung Götzloffs Genrearbeiten aus dem italienischen Volksleben, wie „Tanzende Italiener vor dem Palazzo Donn’Anna“. Mit solchen Darstellungen sei er gerade in Neapel sehr erfolgreich gewesen, führte Bertsch aus. Im Werkverzeichnis des Künstlers tauchen viele motivisch sehr ähnliche Gemälde auf. Einige Ansichten malte er gleich mehrfach, nur mit anderen Lichtverhältnissen, zu einer anderen Tages- oder Jahreszeit oder einem anderen Jahr. Die stete Wiederholung ein und desselben Motivs - die Steilküste von Sorrent soll er allein 46 Mal gemalt haben - habe seinem Ruf damals allerdings eher geschadet. Wie die Bilder sich dennoch unterscheiden, erkennt man beispielsweise bei dem Vergleich des 1835 und 1850 gemalten Motivs „Blick auf Palermo mit dem Monte Pellegrino“. Bei dem jüngeren Bild ist eine geradezu explosive Steigerung hinsichtlich Farbkraft und Detailreichtum auszumachen. Ähnlich sind sich auch die vielen Ansichten von Buchten, wie die von Pozzuoli, vor Sorrent oder des Golfs von Neapel. Links und rechts umrahmte der Künstler sie meist mit mediterranen Pflanzen, begrenzte das Meer mit Bergen oder Klippen und ließ darüber den südlich blauen Himmel mit kleinen Sommerwolken Stimmung machen. Neben den Ölgemälden zeigt die Ausstellung einige persönliche Dokumente, Bildnis-Studien und Porträtzeichnungen, in denen der Künstler auch Familienmitglieder verewigt hat. Besonders eindrucksvoll erscheinen die Zeichnungen und Radierungen des noch jungen Künstlers wie „Blick aus dem Inneren des Kolosseums“.
In dem von Bastek und Bertsch gemeinsam herausgegebenen 240-Seiten-Katalog zur Ausstellung finden sich neben der von Lentes verfassten Götzloff-Biografie sechs sehr lesenswerte Essays rund um das Wirken und Leben des Künstlers sowie ein aktualisiertes Werkverzeichnis, das mit 196 Arbeiten (sechzig mehr als bei der letzten Erfassung) deutlich macht, dass immer noch „viel passiert auf dem Kunstmarkt“, wie Bertsch sagte. Man müsse sich klar freimachen von der Idee, mit einer derartigen Ausstellung die letzten Antworten geben zu wollen, stellte Bastek fest.
Wenn die Sonder-Ausstellung am 2. November in Koblenz endet, ist Markus Bertsch schon nicht mehr der Direktor des Mittelrhein-Museums. Im Oktober geht er zurück zur Hamburger Kunsthalle, wo er Kurator für Kunst des 19. Jahrhunderts wird. Doch zuvor feiert Koblenz am 6. September noch die „Lange Nacht der Museen“, an der sich neben rund zwanzig Häusern auch das Mittelrhein-Museum mit einem vielseitigen Programm beteiligen wird.