Allgemeine Berichte | 27.11.2015

Wenn Babys nicht alleine atmen können

Der Bunte Kreis Rheinland hilft Familien, die mit „Sorgenkindern“ an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geraten

Johann mit Mutter Sandra Beu, Bruder Paul und Schwester FranziskaBunter Kreis Rheinland/ Arne Flander

Region. Eine ganz normale Schwangerschaft hatte Sandra Beu, bis eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin die Herztöne ihres Johann nicht mehr zu hören waren und das Baby noch am gleichen Tag - am 11. Juni 2012 im Bad Neuenahrer Krankenhaus per Kaiserschnitt geholt werden musste. Zum ersten Mal sah Mama Beu ihren Sohn aber erst zwei Tage später, auf der Intensivstation im Bonner Marienhospital. Dort lag Johann vier Monate, zu 100 Prozent geistig und körperlich schwer behindert. Er ist blind, kann nicht schlucken und darum auch nicht weinen, nicht essen und muss sein Leben lang beatmet werden. Bis heute kann niemand diagnostizieren, was genau mit Johann geschehen ist, vermutet wird ein schwerer Sauerstoffmangel im Mutterbauch kurz vor seinem Geburtstermin.

Das Leben der Eltern verändert sich schlagartig

Für die Eltern ein riesiger Schock, ihr Leben hatte sich in einer einzigen Minute schlagartig verändert. Sandra und Christian Beu besuchten Johann jeden Tag in der Klinik, seine drei Geschwister werden von den Großeltern zuhause in Walporzheim versorgt.

Zufällig fiel Mama Beu ein Flyer des Bunten Kreis zum Taschenlampenkonzert im Sommer 2012 in die Hände. Darauf abgebildet war ein kleines Mädchen im Rollstuhl und Sandra Beu suchte sich hier Hilfe. Sie nahm Kontakt zu Dagmar Kirsche vom Bunten Kreis auf und bekam Unterstützung in vielen sozialrechtlichen und finanziellen Fragen. „Wir wussten, dass Johann bald nachhause kommen würde, aber wie das alles funktioniert, das wussten wird nicht,“ so Sandra Beu. Neben der moralischen Unterstützung mussten ganz konkrete Probleme gelöst werden. Johann brauchte Transportmöglichkeiten für das Haus und die Straße, ein spezielles Bett und verschiedene medizinische Geräte. Seine Schwerbehinderung musste bei den Ämtern gemeldet und vor allem musste ein geeigneter Rund-um-die-Uhr Pflegedienst gefunden werden. Darüber hinaus betreute der Bunte Kreis zeitweise die drei Geschwister von Johann. Franziska (4), Paul (7) und Julian (10) konnten an verschiedenen Veranstaltungen teilnehmen und sich mit anderen Kindern austauschen.

Hilfe vom Bunten Kreis Rheinland

Und dann änderte sich das Leben der Familie Beu auch in ihrem eigenen Haus mit einem Schlag. Seit Johanns Entlassung im September 2012 war die Familie nicht einen Tag mehr alleine, 24 Stunden lang wechseln sich in drei Schichten verschiedene Krankenschwestern in der pflegerischen Versorgung von Johann ab. Über einen künstlichen Magenzugang wird er ernährt, werden ihm seine Medikamente verabreicht und über das Tracheostoma, eine operativ angelegte Öffnung der Luftröhre, wird er mit Sauerstoff versorgt. Darüber wird dann auch in regelmäßigen Abständen seine nicht verschluckte Bronchien- und Speichelflüssigkeit abgesaugt. Johann hat ein Zimmer im Erdgeschoss gleich neben der Küche bekommen, Christian Beu baut noch an einem Rampenzugang, damit Johann leichter ins Haus geschoben werden kann.

Ein gewöhnungsbedürftiger Familienalltag

„Unser neuer Familienalltag war am Anfang für alle sehr gewöhnungsbedürftig. Die Krankenschwestern bekommen ja so gut wie jede Intimität oder jeden Streit, jede Unterhaltung in der Familie automatisch mit. Inzwischen haben wir uns aber damit arrangiert, dass ständig jemand hier ist und uns sogar mit einigen der Schwestern angefreundet,“ meint Sandra Beu.

Und Jessica Plontsch vom ambulanten Pflegedienst aus Koblenz sagt:“Hier im Haus ist immer viel los. Ich fühle mich hier voll akzeptiert und freue mich, wenn Johanns Geschwister manchmal ins Zimmer kommen und sich mit Johann beschäftigen.“

Inzwischen geht Johann in einen Integrations-Kindergarten, wo er einen heilpädagogischen Platz hat. Jeden Tag begleitet ihn die diensthabende Krankenschwester und verbringt mit ihm sechs Stunden im Kindergarten, was ihm sehr viel Spaß macht. Abends ist er dann sehr müde und kuschelt mit Papa Beu noch eine Weile - die Krankenschwester trinkt derweil einen Tee oder schaut einfach zu. „Vielleicht hätten wir uns damals entschieden, Johann in ein Heim zu geben, wenn wir nicht so viel Hilfe und Unterstützung vom Bunten Kreis, vom Pflegedienst, von unserer Familie und unseren Freunden bekommen hätten. Es ist viel los bei uns zuhause, aber ein Leben ohne Johann ist für uns alle nicht vorstellbar“, sagt Sandra Beu.

Schicksalschläge und neue Zuversicht

Auch Familie Blauhut aus Bad Neuenahr-Ahrweiler wollte ihr beatmetes Kind zuhause pflegen. Als ihr Sohn Phil zwei Jahre alt war, kam Lukas im Februar 2013 auf die Welt. Nach einer normal verlaufenden Schwangerschaft diagnostizierte die erste kinderärztliche Untersuchung eine Zwerchfellhernie; ein Riss im Zwerchfell, über den Bauchorgane in den Brustkorb treten, die Lunge belasten und das Herz verdrängen. Eine angeborene Zwerchfellhernie kommt bei ca. 0,02 Prozent der Neugeborenen vor.

Nach einem kurzen Aufenthalt im Bonner Marienhospital verlegte man Lukas dann auf die neonatologische Intensivpflegestation (NIPS) auf den Venusberg. Hier wurde das Baby 13 Monate medizinisch versorgt, operiert, über einen Luftröhrenschnitt beatmet, über eine PEG-Magensonde ernährt - und viel zu klein, um seine Schmerzen, seine Ängste und seine Bedürfnisse artikulieren zu können. Schwester Hava, Krankenschwester auf der NIPS, kümmerte sich rührend um den kleinen Lukas - und um seinen Vater. Sie war da, wenn man sie brauchte, sie erklärte Alexander Blauhut die vielen Instrumente, an die Lukas angeschlossen war und sie war es, die der Familie den Bunten Kreis Rheinland ans Herz legte, für den sie als Nachsorgeschwester arbeitet. Hier gab es endlich Hilfe und Entlastung für die Familie. Dagmar Kirsche regelte auch hier alle sozialrechtlichen Fragen und finanzieller Angelegenheiten mit den Krankenkassen oder dem Arbeitsamt. Auch die Fürsorge für Phil übernahm der Bunte Kreis, der bis dahin zwischen Verwandten und Freunden hin- und hergeschoben wurde. Nach dreizehn Monaten durfte Lukas dann endlich nach Hause. Der ortsansässige Pflegedienst hatte die Aufgabe, sich rund um die Uhr um den kleinen Lukas zu kümmern, jedoch musste Lukas nach vier Wochen wieder zurück in die Klinik. Im April 2014 verstarb Lukas; er hatte keine Kraft mehr zu kämpfen.

. Eigentlich wollte die Familie kein Kind mehr, aus Angst, es wieder zu verlieren. Aber heute besuchen sie mit der zweijährigen Emma und Phil regelmäßig das Grab von Lukas, denn Phil möchte mit seinem Bruder reden und mit den Autos auf seinem Grab spielen.

Infos

Bunter Kreis Rheinland

Wilhelmshöhe

Dorotheenweg 3-5

53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler

Telefon 02641.80 977 33

www.bunterkreis.de

Johann mit Mutter Sandra Beu, Bruder Paul und Schwester FranziskaFoto: Bunter Kreis Rheinland/ Arne Flander

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