Ermittlungen gegen einen Grundschullehrer im Westerwaldkreis

Lehrer unter Verdacht: Vorwurf der sexuellen Belästigung einer Schülerin

Indiskretion schadet nicht nur dem mutmaßlichen Opfer – Der Beschuldigte wurde nicht vom Dienst suspendiert

Lehrer unter Verdacht: Vorwurf der sexuellen Belästigung einer Schülerin

Symbolbild. Foto: Pixabay/NeiFo

21.01.2019 - 14:59

Westerwaldkreis. Sexuelle Belästigung einer Minderjährigen, einer Schutzbefohlenen. Dieser Vorwurf wiegt schwer – insbesondere bei einem Lehrer, der Grundschüler unterrichtet. Kein Wunder, dass die Elternschaft in Aufruhr geriet, als dieses Thema an einer Westerwälder Grundschule aufkam. Mittlerweile hat sich ein Konflikt entsponnen, bei dem die vorgeworfene Tat fast aus den Augen verloren wird. Die Ermittlungen dauern an, der Lehrer unterrichtet derweil weiterhin an der Schule. Der Schulträger hat sich gegen eine Suspendierung entschieden, da dies „einer Vorverurteilung gleichkäme“, heißt es in einem Schreiben.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz nahm Anfang Januar offiziell die Ermittlungen auf. Es wird dem beschuldigten Lehrer vorgeworfen, vergangenes Jahr „in sexuell bestimmter Weise eine Schülerin körperlich berührt und dadurch belästigt“ zu haben, so die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage. Nähere Details will sie nicht preisgeben, da das Verfahren andauert und es sich um einen Fall mit „besonders schutzwürdigen privaten Interessen der betroffenen Schülerin und des Beschuldigten“ handelt. So ist es üblich in Fällen dieser Art, zum Schutz aller Betroffenen. Diese Diskretion wahren allerdings nicht alle Beteiligten.


Namen der Schülerin und des Beschuldigten veröffentlicht


Mitte Dezember wurde im Namen der Vorsitzenden des Trägervereins ein Vorstandsbrief an die Schulgemeinschaft versandt, in dem nicht nur der Name einer im Fall engagierten Lehrerin genannt wird, sondern auch der Name des Beschuldigten sowie der volle Name des mutmaßlichen Opfers. Das Schriftstück liegt der Redaktion vor.

Mittlerweile hat die erwähnte Lehrerin eine Versetzung an eine andere Schule erwirkt und sechs Schüler wurden von der kleinen Schule abgemeldet. Letzteres führt die Vorsitzende des Trägervereins allerdings weniger auf den im Raum stehenden Verdacht gegen eine Lehrkraft zurück, äußert sie gegenüber BLICK aktuell. Vielmehr befürchten ihrer Ansicht nach die Eltern, ihre Kinder könnten nicht mehr hinreichend beschult werden nach dem Weggang der Lehrerin. Die kleine Schule könne den personellen Verlust zwar durch Vertretungslehrer ausgleichen, doch die Schulgemeinschaft sei aktuell spürbar in Aufruhr. Die dünne Personaldecke sei auch ein Aspekt, der gegen eine Suspendierung des Beschuldigten gesprochen habe. Bei einer kurzfristig einberufenen Mitgliederversammlung habe die Elternschaft sich jedoch mit Nachdruck hinter die Entscheidung des Schulträgers gestellt, den Lehrer weiter zu beschäftigen, so die Vorsitzende. Insider berichten, dass es auch stimmen gab, die sich deutlich für eine Suspendierung aussprachen, um den Sachverhalt gründlich aufklären zu können.


Das Kindeswohl muss an erster Stelle stehen


Vollkommenes Unverständnis für das Verhalten des Schulträgers hat Johannes Heibel, Vorsitzender der Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen e.V., seines Zeichens diplomierter Sozialpädagoge. „Ich bin der Meinung, dass man auch außerhalb des Strafrechts, insbesondere bei Pädagogen, einen Rahmen setzen muss. Da ist auch mal ein Dienstherr gefragt“, fordert Heibel. Für ihn ist klar: Der beschuldigte Lehrer hätte umgehend suspendiert werden müssen, bis der Fall zweifelsfrei aufgeklärt ist.

„Meiner Meinung nach geht es in allererster Linie um den Schutz der Kinder. Der Justiz dagegen geht es um die Aufklärung einer Straftat. In der Strafjustiz ist das Opfer nur Mittel zum Zweck“, führt Heibel aus. „Es ist ein Ungleichgewicht zwischen Beschuldigtem und mutmaßlichem Opfer gegeben in der Strafjustiz. Darum müssen wir alle auf die Kinder ganz besonders aufpassen! Deshalb gehört es sich, dass in so einem Fall der Beschuldigte suspendiert wird, das ist seit Jahren so die Regel.“

Bei den staatlichen Schulen ist die ADD, die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, als Dienstherr zuständig für solche Suspendierungen. Im Fall der Westerwälder Schule wurde sie zwar informiert, kann aber in ihrer Funktion als Schulaufsicht keine dienstrechtlichen Maßnahmen ergreifen, weil der Lehrer nicht im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz beschäftigt ist. So schreibt es die ADD auf Nachfrage der Redaktion. Man habe den Sachverhalt nach Bekanntwerden an die Polizei weitergegeben, heißt es weiter.

Im Zuge der Ermittlungen der Polizei wurden neben der Schülerin, deren Eltern den Verdacht äußerten, bereits weitere Mitglieder der Schulgemeinschaft befragt. Die Ergebnisse dieser Befragungen sind nicht öffentlich, da der Fall noch nicht abgeschlossen ist. Allerdings kursierten im Umfeld der Schule laut der Vorsitzenden des Trägervereins „die wildesten Gerüchte“. So soll es WhatsApp-Unterhaltungen geben, in denen es gleich um mehrere Betroffene geht, in denen die sofortige Schließung der Schule verkündet wird, in denen brisante Details diskutiert werden. Die Eltern sind in Aufruhr. Da stellt sich die Frage: Wie können sie in einer solchen Situation, in der sie sich um ihre Kinder sorgen, mit diesen Informationen umgehen und behutsam herausfinden, wie es ihrem Kind geht, ob es eventuell ähnliche Erfahrungen gemacht hat.


Wie beschütze ich mein Kind?


BLICK aktuell sprach mit Eva Schäfer vom Kinderschutzdienst des DRK über die Schwierigkeit, über das Thema Grenzüberschreitung und sexualisierte Gewalt mit Kindern zu sprechen. Sie empfiehlt: „Grundsätzlich sollten wir den Kindern glauben und ihnen zuhören.“ Allerdings weiß sie auch, dass Kinder Situationen sehr unterschiedlich wahrnehmen und auch unterschiedlich gut kommunizieren können. Je nach dem, wie alt ein Kind ist, könnte es die Dinge unterschiedlich benennen, so Schäfer, darum müssten Eltern stets aufpassen, dass sie nicht mehr hören, als das Kind sagt.

Eltern, die unsicher sind oder vermuten, dass ihr Kind grenzüberschreitende Erfahrungen gemacht haben könnte, steht der Kinderschutzdienst gern zur Seite. „Für uns als Beratungsstelle ist es erstmal nicht relevant, ob eine Anzeige gestellt wird. Im Vordergrund steht, dass das Kind geschützt werden sollte vor Übergriffen oder merkwürdigen Geschichten. Wir brauchen keinen Beweis, dass es tatsächlich so geschehen ist, sondern wir schauen, wie es dem Kind geht, was das Kind braucht“, berichtet Eva Schäfer von ihrer Arbeit.

Sie rät den Eltern, mit ihrem Kind zu sprechen, nachzuhören, und auf Präventionsbausteine zu setzen. „Es sollte ganz normal sein, mit Kindern über ihre Gefühle zu sprechen“, sagt Schäfer. „Sie sollten wissen, dass der Körper ihnen gehört, und dass es gute und schlechte Geheimnisse gibt. Ein schlechtes Geheimnis weiterzusagen ist kein Petzen.“ Präventionsmaßnahmen werden an Schulen und Kindergärten durchgeführt, und auch für Eltern gibt es entsprechende Schulungen, damit sie ihr Kind bestmöglich behüten können.

-MX-

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06.02.2019 19:20 Uhr
juergen mueller

Mir war nicht bekannt, dass die Lehrperson auf eigenen Wunsch im Amt bleiben möchte. Das wird sie sich wohl genau überlegt haben u.wissen was sie tut.An meiner Meinung über "Anonymität ändert sich daraus folgernd allerdings nichts.Das ist halt ein Markenzeichen unseres Landes.



05.02.2019 22:55 Uhr
Anonym

Sehr geehrter Herr Müller,

ich freue mich zu lesen, dass Sie Eier haben und scheinbar haben Sie auch ein entsprechend großes Ego.

Wenn die betroffene Lehrperson aus eigenem Willen im Dienst bleiben möchte, warum sollte er dann bei Unschuldsvermutung suspendiert werden?

Zu den Hinweis von B.
Ich habe nicht behauptet, dass nur Töchter Opfer werden können. Mir ist jedoch nicht bekannt, dass auch Eltern von Jungen befragt wurden. Darüber hinaus ist für mich fraglich, ob im vorliegenden Fall Fürsorge mit Missbrauch verwechselt wird. Das wird ja sicherlich zum Schluss das Ergebnis der Ermittlungen zeigen. Solange sollte wie von Herrn Klassen geschrieben die Unschuldsvermutung gelten.



31.01.2019 22:03 Uhr
Juergen mueller

Schwachsinn - wer als Beschuldigter im Fokus der Öffentlichkeit steht gehört zu seinem eigenen Schutz erst einmal suspendiert. Ganz einfach aus dem Grunde,um ihn erst einmal aus der Schusslinie der Medien zu nehmen,Gerüchten u nicht bewiesenem dümmlichen,sensationslüsternem Geschwätz den Wind aus den Segeln zu nehmen. Und,Apropo "Anonym" - Wer keine Eier hat seine Meinung unter seinem Namen mitzuteilen,der sollte ganz einfach den Mund halten.



29.01.2019 12:53 Uhr
Uwe Klasen

Die Unschuldsvermutung ist ein, im Rechtsstaat, existentieller strafrechtlicher Grundsatz: Der Beschuldigte in einem Strafverfahren muss, bis zum Nachweis der Schuld, als schuldlos gelten und dementsprechend auch so behandelt werden!



28.01.2019 14:16 Uhr
B.

An Herr Anonym, nicht nur Töchter, können Missbrauchsopfer werden.



23.01.2019 23:26 Uhr
Anonym

Unsere Tochter geht auch in diese Grundschule. Der Sachverhalt ist somit bekannt. Bei der Darstellung mag man sich Fragen, was den Trägerverein dazu bewegt den beschuldigten Lehrer nicht zu suspendieren oder warum solch ein Brief verfasst wurde.
[...] (Bearb. d. Red.)
Mir als Vater einer Tochter stellt sich die Frage, warum die betroffenen Eltern ihre Tochter noch wochenlang bei Belästigung an der Schule belassen haben? Auch andere Eltern von Töchtern an der Schule wurden von der Polizei befragt [...] (Bearb. d. Red.). Interessant ist, dass diese Eltern sich hinter die Lehrkraft stellen und den aktiven Dienst befürworten. Das tut auch die überwiegende Mehrheit der Elternschaft. Warum? Wohl weil der persönliche und individuelle Umgang mit den Kindern eine Stärke der Schule ist.



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