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Olympia 2020 - neue Sportarten im Fokus
Tokio. Die Welt befindet sich im Wandel, darum haben die modernen Olympischen Spiele nicht mehr sehr viel gemeinsam mit den ersten Veranstaltungen im alten Griechenland. Vor allem treten die Athleten längst nicht mehr splitternackt auf, um das Muskelspiel an sämtlichen Körperstellen zu präsentieren. Auch die Auswahl der Sportarten würde der typische Altgrieche kaum wiedererkennen, denn alle paar Jahre kommen neue Attraktionen hinzu, während einige ältere eine Umstrukturierung durchleben. Ein detaillierter Blick auf die fünf neuen sportlichen Highlights 2020 in Tokio und eventuelle Anwärter, die noch in den Startlöchern stehen.
Tokio durfte schon 1964 die Spiele austragen
2020 ist es wieder so weit, in nicht einmal anderthalb Jahren starten am 24. Juli die XXXII. Olympischen Sommerspiele. Wieder einmal wird eine grandiose Eröffnungszeremonie erwartet, mit dem altbekannten und doch immer wieder begeisternden Höhepunkt: die Entzündung des olympischen Feuers. Die weltweit größte Sportveranstaltung endet am 9. August und jedes teilnehmende Land erhofft sich, an diesem Tag reichlich mit goldenen, silbernen und bronzenen Medaillen gesegnet zu sein. Tokio durfte schon einmal zuvor dieses Event austragen, das war im Jahr 1964, ist also schon mehr als 50 Jahre her. Die Bewerbungen für 1960 und 2016 wurden abgelehnt, doch nun haben es die Japaner endlich wieder geschafft.
Kurz vorgestellt: Die 5 neuen Olympia-Disziplinen
Kurz bevor die XXXI. Olympischen Spiele im Jahr 2016 in Rio starteten, benannte das IOC fünf neue Sportarten, die sich ab 2020 zum Programm gesellen sollen. Kurz gesagt waren das Baseball / Softball, Sportklettern, Skateboard, Karate und Surfen. Die Änderungen richten sich nach der Agenda 2020, initiiert von IOC-Präsident Thomas Bach, die für Kostensenkungen und mehr Wettbewerbe steht. Das Reformpaket wurde der Öffentlichkeit 2014 in Lausanne präsentiert und allgemein positiv, wenn auch nicht überschwänglich erfreut aufgenommen.
Nach der noch relativ neuen Agenda dürfen die Gastgeberstädte von Olympia selbst, neue Sportarten vorschlagen, die eine besondere Popularität in der betreffenden Region genießen. Die Entscheidung fiel diesmal für vier absolute olympische Neulinge und einen alten Hasen, der wieder zurückkehren darf. Base- und Softball, die in diesem Zusammenhang als eine einzige Disziplin gelten, gehörten schon in den Jahren 1992 bis 2008 den Olympia-Sportarten an. Danach wurden sie kurzzeitig gestrichen.
Baseball und Softball nun unter einem Weltverband
Softball ist eine Baseball-Variante, die hauptsächlich von Frauen gespielt wird. Beim regulären Baseball handelt es sich hingegen um einen männerdominierten Sport, weshalb in Tokio eine Geschlechtertrennung vorgenommen wird: Softball den weiblichen Athletinnen, Baseball den männlichen Sportlern. Dafür schlossen sich die beiden bisherigen Dachverbände zum Weltverband WBSC zusammen und vertreten ihre Sache nun gemeinsam. So konnten sie nach 12 Jahren Pause als eine Einheit zurückkehren, was sicher vor allem bei den US-Amerikanern für Freudenschübe sorgt.
In Europa galt Baseball lange Zeit als seltene Nischensportart, doch in den letzten 20 Jahren fand sie auch auf unserem Kontinent immer mehr Anhänger. In Lateinamerika und Ostasien erlebte das schnelle Ballspiel einen regelrechten Boom, hier gilt es in vielen Ländern inzwischen sogar als Nationalsport, ebenso wie schon seit Langem in den USA. Auch die Japaner lieben „ihr“ Baseballspiel: So hat es also ein einstiger Außenseiter wieder bis nach Olympia geschafft.
Der eine schafft’s, der andere leider (noch) nicht
Dass sehr unterschiedliche Disziplinen das Zeug dazu haben, olympisch zu werden, zeigt die Geschichte. Zwischen 1912 und 1948 wurden olympische Medaillen auch für künstlerische Leistungen wie zum Beispiel Architektur, Bildhauerei, Literatur, Malerei und Musik vergeben. Heutzutage gibt es zudem diverse neue Sportarten, die nicht nur den Körper, sondern auch den Geist beschäftigen. Dazu gehört auch das Spiel Poker, das sich großer Beliebtheit erfreut und immer wieder für die Spiele ins Gespräch gebracht wird. Allerdings muss es zunächst vom Internationalen Olympischen Komitee anerkannt werden und an dieser Stelle hakt es noch ein wenig.
Ebenso ergeht es dem Schachspiel, das der Weltschachbund schon lange bei Olympia sehen möchte. Immerhin hat das IOC Schach im Jahr 1999 als Sportart anerkannt, doch darüber hinaus sind die Entscheider noch nicht gekommen. Zumindest durften die Schachkoryphäen Viswanthan Anand und Alexey Shirov 2000 in Sydney ihr kniffliges Logik-Spiel in Form eines Demonstrationswettbewerbs repräsentieren.
Karate zieht nach langen Bemühungen mit Taekwondo gleich
Taekwondo und Karate, die beiden asiatischen Kampfsportarten, bemühen sich ungefähr seit den 80er Jahren um die Aufnahme ins olympische Programm. Seit Sydney 2000 ist Taekwondo am Ziel angelangt und es dauerte lange 20 Jahre, bis die weltbesten Karateka endlich folgen durften. Die eingeleitete Professionalisierung und die eifrige Bearbeitung der Regeln tragen also im nächsten Jahr ihre Früchte, allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Skeptiker meinen, dass die Charakterschulung im Karate zu kurz kommen könnte, wenn diese Sportart vermehrt dem harten Wettbewerb verfällt.
Andere Profi-Kämpfer jedoch sehen die Sache eher pragmatisch und denken an die neuen Fördermittel, die es für ihren Sport nun geben wird. Damit lässt sich nicht nur der Leistungsbereich finanziell unterstützen, sondern auch der Breitensport. Zudem wird sich durch das frisch angeknipste helle Rampenlicht auch die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verändern, sodass Karate vielleicht viele neue Anhänger findet. In Tokio wird es getrennte Wettbewerbe für Männer und Frauen geben, die in den beiden Disziplinen Kumite und Kata ausgetragen werden.
Sportklettern als Dreikampf ausgelegt: ein neuer Mix
Mit dem Sportklettern möchten die Olympischen Spiele schlichtweg mehr Trendgefühl zeigen und das junge Publikum an sich binden. Die ehemalige Randsportart hat sich in letzter Zeit allmählich in einen Breitensport verwandelt, der regen Zulauf findet. Auch hier beginnen die Fördermittel vom Bundesinnenministerium nun zu fließen, sodass sich die Sportvereine den Antritt zu vielen Wettkämpfen leisten können, die bislang außerhalb ihres Budgets lagen. Das olympische Kräftemessen findet allerdings nicht draußen am Berg statt, wo sich der durchschnittliche Kletterer am liebsten aufhält, sondern in der Halle.
Deutschland gehört in diesem Sinne zu den am besten ausgerüsteten Ländern der Welt: Nirgendwo sonst gibt es so viele Kletterhallen wie hier. Ob das allein schon für eine Goldmedaille reicht, bleibt abzuwarten. Der olympische Wettkampf wird als Dreikampf ausgetragen: Speed-Klettern, Bouldern und Schwierigkeitsklettern stehen für die Olympioniken auf dem Plan. Diese Mischung gab es bislang noch nicht, die Herausforderung erscheint entsprechend groß.
Surfen und Skateboarden: Olympia jetzt ganz „hipp“
Diese beiden Disziplinen werden wahrscheinlich für alle Zeiten als jugendlich und „hipp“ gelten – auch, wenn sie noch so sehr in die Jahre gekommen sind. Die Wakeboarder mussten im Jahr 2013 bereits eine herbe Enttäuschung hinnehmen, als ihr Sport vom IOC keine Zulassung erhielt. Stattdessen gelangte das Surfen auf eine Shortlist zur späteren Verwendung. Doch jetzt hat Olympia doch noch zugeschlagen, Tokio als Gastgeber benannte die Wassersportart im August 2016 als Newcomer für 2020! Gemeint ist das klassische Wellenreiten mit Shortboards, so legten es die Entscheider fest. Am Wettbewerb nehmen insgesamt 40 Sportler teil: 20 Männer und 20 Frauen. Das Skateboarden erscheint für Laien wie eine Art Wellenreiten an Land, nur ohne Wellen. Die Dynamik geht allein vom Sportler und seinem rollenden Brett aus, die Hindernisse bleiben starr. Zu Olympia 2020 werden insgesamt 80 Skateboarder antreten, gleich viele männliche und weibliche Protagonisten. Auf dem Plan stehen die beiden Disziplinen Park und Street. Titus Dittmann, der allgemein als „Vater der deutschen Skateboard-Szene“ gilt, gibt sich ein wenig skeptisch: „Skateboarding braucht kein Olympia, aber Olympia braucht Skateboarding. Die Olympischen Spiele sind alt geworden und Skateboarden gilt als zeitgeistig, als Lifestyle.“ Doch das hält ihn nicht davon ab, sich für Tokio 2020 starkzumachen und seinen Sport zu promoten, wann immer es geht. Schließlich trägt dieser Mann das Skateboard im Herzen und lässt sich diese Chance garantiert nicht entgehen.
Speedskating und Sumo-Ringen weiter auf der Warteliste
Im Gegensatz zum Park- und Street Skating wartet das Speedskating weiterhin auf seine olympische Zulassung. Hierbei geht es nicht um Akrobatik, sondern um pure Schnelligkeit. Die Sportart lehnt sich eng an den Eisschnelllauf an, nur der Untergrund unterscheidet sich. Während die Eisläufer scharfe Kufen für ihr Eis benötigen, besitzen Speed-Skates hintereinander angeordnete Räder für den harten Boden. Wahrscheinlich liegt es an der Ähnlichkeit der beiden Disziplinen, dass nur eine von ihnen zu Olympia gehört.
Die Sumo-Ringer dürfen ihre Kräfte ebenfalls nicht im Rahmen der Olympischen Spiele messen. Obwohl diese Form des Ringkampfes ursprünglich aus Japan stammt, hat sich Tokio nicht dafür entschieden, die feisten Muskelmänner ins Programm aufzunehmen. Doch immerhin gibt es seit 2001 eine Sumo-WM für Frauen, die es wahrscheinlich dem IOC schmackhaft machen soll, sich die Sache noch einmal anders zu überlegen. Wer weiß, eventuell im Jahr 2024?