Maximilian Mumm, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Maifeld, zum kommunalen Finanzausgleich
„Arroganz der Macht“
Region. Seit ein paar Wochen müssen Städte und Gemeinden teilweise eine große Phantasie aufwenden, um einen ausgeglichenen Haushalt bei der Kommunalaufsicht vorzulegen. Der Grund ist bekannt. Das Innenministerium ist der Meinung, dass man mit einem „historischen“ Finanzausgleich den Kommunen so viel Gutes tut, dass man offenbar das Recht hat, „seinen“ Kommunen jetzt beizubringen, wie man richtig haushaltet. Es wundert mich, dass es seitens der Opposition im Landtag und den kommunalen Spitzenverbänden keinen anhaltenden Aufschrei gegen dieses Vorgehen gibt.
Ich bin jetzt 22 Jahre Bürgermeister, ehrenamtlich und hauptamtlich, darf also sagen, dass ich über ausreichend Erfahrung im kommunalen Bereich verfüge. Und diese Erfahrung hat mich gelehrt, dass der kommunale Finanzausgleich des Landes noch nie die Gemeinden mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattet hat. Nicht umsonst hat es in der Vergangenheit zwei Klagen gegeben und in beiden Fällen wurde das Land dazu verurteilt, einen angemessenen Beitrag für „seine“ Kommunen zu leisten. Um es vorweg zu nehmen: Das ist auch diesmal nicht gelungen! Man hat einfach wieder nur die Tischdecke, die ohnehin zu klein ist, einfach nur verschoben, so dass sie an einer anderen Ecke nicht passt. Aber darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass offenbar der neue Innenminister in erkennbarer Unkenntnis der Situation „seiner“ Kommunen in Manier eines Robert Habeck die Brechstange rausgeholt hat und uns Kommunen mal zeigen will, wie Haushaltsausgleich geht. Selbstkritisch kann man seitens der Kommunen sagen, dass es richtig und wichtig ist, sich im Blick der wachsenden Schulden natürlich Gedanken zu machen. Dabei sind auch die Hebesätze, freiwilligen Leistungen und Investitionen zu prüfen. Dies wird in meinen 18 Städten und Gemeinden durch die Bürgermeister/innen und meiner Finanzabteilung schon seit Jahren gemacht. Immer wieder kam man in meinen erwähnten 22 Jahren zu dem Schluss, dass es an der grundsätzlichen finanziellen Ausstattung des Landes liegt. Zwei Beispiele: Das Land hat bei der stufenweisen Abschaffung der KITA-Beiträge der Eltern den Kommunen keinen ausreichenden finanziellen Ersatz geliefert und beim neuen KITA-Gesetz, dass mindestens stark diskussionswürdig ist, fehlen ebenfalls die ausreichenden Mittel des Landes. Gemeinhin nennt man das Konexität oder auf gut deutsch: „Wer bestellt, der bezahlt!“
Also derjenige, der die Pflicht hat, die Kommunen ausreichend finanziell auszustatten, kommt nicht nur dieser Pflicht nicht nach, er besitzt neuerdings offenbar auch das Wissen, dass es nicht an ihm selbst liegt, sondern die Kommunen nicht in der Lage sind, mit Geld umzugehen. Der neue Innenminister ist daher augenscheinlich auch in der Lage, nach einem halben Jahr im Amt, so viel Wissen über „seine“ Kommunen zu haben, dass er nicht nur zum Haushaltsausgleich zwingt, sondern den Griff um den Hals „seiner“ Kommunen noch enger fasst und am 2. Mai dieses Jahres ein elfseitiges Schreiben verteilt. In diesem Schreiben wird klar formuliert, dass die „Haushaltssanierung“ auch mit Hebesätzen von bis zu 995 % für Gewerbetreibende und Hauseigentümer zu erfolgen hat. Zum Vergleich: In München liegt der Hebesatz für Eigenheimbesitzer bei 515 %. Jeder Bürger kann in dem Bescheid seiner Kommune nachsehen, wieviel Grundsteuer B er für sein Eigenheim bezahlt, dass muss er dann einfach nur verdoppeln oder verdreifachen.
Zum Schluss wird auf Seite 11 des Schreibens des Innenministers deutlich formuliert, dass Gemeinden nur noch Zuschüsse des Landes erwarten können, wenn sie über eine „dauernde Leistungsfähigkeit“ verfügen. In klaren Worten heißt dass nichts anderes, als das nur noch die Kommunen vom Land Geld bekommen, die einen ausgeglichenen Haushalt haben, egal wie.
Ein weiterer Punkt sind die 3 Milliarden Euro, mit denen das Land die Hälfte der sog. Liquiditätskredite der Kommunen übernimmt. Klingt erstmal gut und ist unbestritten eine Menge Geld. Bei näherer Betrachtung kommen dann aber Zweifel auf, ob das wirklich sinnvoll ist. Liquiditätskredite sind das, was wir alle als „Dispokredit“ bezeichnen, wenn ich also mein Konto überziehe, sagen wir mal um 1000 Euro. Da ich also offenbar mit meinen Einnahmen nicht auskomme, müssten diese höher sein, sprich, das Land müsste den Kommunen mehr Geld geben, was es nicht tut. Und die Kommune kann nicht noch mehr sparen. Jetzt sagt das Land, von den 1000 Euro übernimmt es 500 Euro und die anderen 500 Euro soll die Kommune in den kommenden 30 Jahren selbst abbauen. Wenn aber schon meine Einnahmen nicht ausreichen, wie soll dann die Kommune diese 500 Euro abbauen, wenn logischerweise wieder das Konto überzogen werden muss. Das leuchtet zumindest mir nicht ein und an dieser Stelle wären die 3 Milliarden Euro im kommunalen Finanzausgleich sicher besser aufgehoben.
Damit ich nicht falsch verstanden werde. Auch wir als Kommunen sind in der Pflicht, sorgsam mit Steuergeld umzugehen. Und wir müssen auch bereit sein, dem Bürger zu erklären, dass es durchaus sein kann, dass die Gemeinde Steuern anheben muss, um eben diese Gemeinde auch lebenswert und die Infrastruktur in Schuss zu halten. Keine Landrätin und kein Landrat, keine Bürgermeisterin und kein Bürgermeister, egal, ob ehren- oder hauptamtlich hat Lust, ständig unausgeglichene Haushalte vorzulegen und jeder versucht es nach bestem Wissen und Wollen gut zu machen.
Wenn ich aber höre, dass man in Mainz tatsächlich der Meinung ist, dass die Rahmenbedingungen für ausgeglichene Haushalte nie besser gewesen sind, so zeigt mir das, wie weit sich die Landespolitik von den Kommunen entfernt hat. Denn wenn es so wäre, wären die, aus meiner Sicht, überzogenen Maßnahmen des Innenministers nicht notwendig. Wenn es auch die hauptamtlich Tätigen trifft, so ist für mich der ganz große Bereich unserer ehrenamtlichen Bürgermeister/innen und Ratsmitglieder besonders wichtig.
Rheinland-Pfalz war immer das Land des Ehrenamtes und das wird im politischen Ehrenamt gerade mit Füßen getreten und trifft all diejenigen, die sich seit Jahren und Jahrzehnten für ihren Ort in ihrer Freizeit einsetzen. Und wenn ein Innenminister jetzt hingeht und diesen Menschen das Gefühl gibt, dass ihre ganze Mühe und Arbeit eigentlich nichts wert ist – dann ist das für mich die Arroganz der Macht.
Maximilian Mumm,
Bürgermeister der
Verbandsgemeinde Maifeld