Gerd Schreiner im Blick

„Das Wichtigste ist der Mut“

Der designierte Generelasekretär der CDU Rheinland-Pfalz beim Redaktionsgespräch in Sinzig

26.08.2019 - 11:31

Sinzig. Die Bundestags- und Kommunalwahlen sind an der CDU nicht spurlos vorbeigegangen. Auch wenn man nach wie vor die stärkste Kraft in der Parteienlandschaft ist, musste man deutlich Federn lassen. Deshalb wollen die Christdemokraten wieder für frischen Wind sorgen. Neuerungen sollen nicht nur programmatischer Natur sein; auch personell tut sich etwas. Einen neuen Generalsekretär für die rheinland-pfälzische CDU hat man beispielsweise schon gefunden. Gerd Schreiner aus Mainz wird mit seinen Parteikollegen eine neue zukünftige Marschrichtung angeben. Wie diese aussehen soll, erklärte er nun Hermann Krupp, Chefredakteur von BLICK aktuell und Geschäftsführer des Krupp Verlags, im Redaktionsgespräch. Unterstützt wurde Schreiner dabei von Guido Ernst und Horst Gies, den beiden Abgeordneten für den Kreis Ahrweiler im Mainzer Landtag. Themen waren unter anderem Infrastruktur, Bürokratie und die Wirtschaft im Land.


Erstmal „Danke! „ sagen


Seit vier Wochen steht es fest: Gerd Schreiner wird der neue Generalsekretär für die Landes-CDU. Nun stellt sich für Hermann Krupp zunächst die Frage, welche Aufgaben in den kommenden Wochen für Schreiner schwerpunktmäßig auf der Agenda stehen. Schreiner hat sich drei große Punkte vorgenommen. Zum einen bereise er derzeit alle rheinland-pfälzischen Landkreise, insbesondere um den Haupt- und Ehrenamtlern einmal „Danke“ für ihren Einsatz zu sagen. Dabei bot sich der Kreis Ahrweiler vergangene Woche geradezu an: In Maria Laach fand über zwei Tage die Klausurtagung der CDU des Landes statt. Außerdem möchte Schreiner die Planungen bis zur nächsten Landtagswahl im Mai 2021 in den Mittelpunkt rücken und wieder die wesentlichen Inhalte der CDU in den Fokus rücken. „Bildung, Infrastruktur, Sicherheit sind unsere große Themen,“ erläutert der studierte Architekt Schreiner. „Aber es gelte auch, den Begriff „Heimat“ wieder in ein positives Licht zu rücken“, fügt er hinzu.

Und gerade beim Thema Bildung sieht Schreiner Defizite im Land. „Ich habe die Sorge, dass das Kita-Gesetz gerade im ländlichen Raum nicht eingehalten wird“, sagt der Christdemokrat. Und Kitas stehen genauso im Fokus der CDU wie Grundschulen. „Dass Schulkinder vernünftig lesen, schreiben und rechnen lernen ist immens wichtig“, weiß er. Schreiner denkt noch einen Schritt weiter. „Wenn auf einem Zeugnis steht „Schüler X konnte gut lesen“, bringt das heute auch nicht viel“, so Schreiner. Stattdessen müssen neben der Bildung auch fundierte Fortbildungsmöglichkeiten angeboten werden.

Hermann Krupp hakt nach: „Derzeit gibt es eine Diskussion über Deutsch-Kenntnisse in Grundschulen. Wie stehen Sie dazu?“, möchte der BLICK aktuell-Chef wissen. Für Gerd Schreiner sei die Sprache ein essentieller Schlüssel zum Erwerb von Bildung. Seien einzelne Schüler nicht auf dem Stand der anderen innerhalb einer Klasse könne dieses Defizit vom Klassenverband aufgefangen werden. Problematisch sei es, wenn der Anteil von Schülern mit Sprachdefizit erhöht ist. Da müsse schließlich die Politik eingreifen. So sollen künftig ein Jahr vor der Einschulung die Kinder auf ihren Sprachstand überprüft werden. Ist dieser nicht auf einem angemessenen Niveau um dem Unterricht zu folgen, müsse man nachhelfen. Innerhalb eines Jahres sollen mit Nachhilfeprogrammen die zukünftigen Schüler so auf einen angemessenen Sprachstand für die Einschulung gebracht werden. „Dieses Programm gilt nicht nur für ausländische Schüler“, unterstreicht Schreiner. Es gäbe auch genug deutsche Familien in denen das Thema Spracherwerb vernachlässigt wird.


Neue Branchen für den Klimaschutz


Hermann Krupp lenkt das Thema in Richtung Klimaschutz. „Dass Bäume CO² binden lernt man in der Grundschule – warum stehen die Themen „Wald“ und „Bäume“ gerade jetzt wieder derart im Fokus der Politik?“, möchte Krupp wissen. Gerd Schreiner weiß die Antwort: „Wir müssen wieder an dem großen ökologischen Thema Wald arbeiten“, so der Christdemokrat. Natürlich sei im Allgemeinen bekannt, dass Bäume CO²-Senker sind. Aber man müsse diese Tatsache irgendwann auch wirklich umsetzen. Dazu gehört auch eine Stärkung des emotionalen Aspekts des Themas „Wald“, der für Schreiner den Inbegriff von Heimat darstellt. Aber: Laut Schreiner dürfe auch der wirtschaftliche Aspekt nicht aus den Augen gelassen werden. Aus verschiedenen Verfahren der CO²-Bindung können neue wirtschaftliche Branchen entstehen, „Branchen, die unseren Wohlstand nachhaltig sichern“. Somit könne Klimaschutz auch ein Geschäftsmodell werden. „Alle anderen Volkswirtschaften schauen auf uns“, erklärt Schreiner die Situation. „Und gelingt es uns, den Wohlstand auch in diesen ökologischen Zeiten mit nützlichen wirtschaftlichen Ideen zu sichern, ziehen alle anderen automatisch nach.“

Zu dem erwähnten Heimatgefühl gehöre auch ein Gefühl der Sicherheit. „Sicherheit wird von Menschen geschaffen“, sagt Schreiner. „Das gilt unter anderem für Mitglieder der Polizei, der Feuerwehr, dem DRK und der Pflege“, fügt der Generalsekretär hinzu. „Und um diese Menschen möchten wir uns in Zukunft wieder kümmern“. Insbesondere ein neues Gefühl der Wertschätzung gehöre dazu.

„In den USA ist Trump an der Macht und bringt die Weltwirtschaft durcheinander. Macht sich das auch auf die rheinland-pfälzische Wirtschaft bemerkbar?“, fragt Hermann Krupp. Für Schreiner ist die Antwort ein eindeutiges „Ja“. Doch für Schreiner ist dies kein Grund zu verzweifeln. „Wir sind ja nicht alleine“, hebt er hervor. Innerhalb der Europäischen Union ist auch Rheinland-Pfalz ein Wirtschaftsstandort – wenn auch ein kleiner. Aber dennoch Teil dieser großen Partnerschaft. Viel gewichtiger als die Entwicklung in den USA wiege für Gerd Schreiner der Werdegang Großbritanniens und die Gefahr durch den Brexit. „Der Ausstieg aus der EU ist das Ergebnis jahrzehntelanger Misspolitik“, findet Schreiner klare Worte. „Und das Resultat ist eine tief gespaltene Gesellschaft auf der Insel und der Irrglaube, es alleine besser zu können“, fügt er hinzu.


„Bürokratie muss Sinn machen“


Für Hermann Krupp als Unternehmer steht der Bürokratieabbau an einer hohen Stelle und fragt: „Wie stellen Sie sich einen Bürokratieabbau vor?“. Für Schreiner ist Bürokratie nicht pauschalisierbar. Denn „viele Regeln machen auch Sinn“, sagt er. Aber: Eine Regel macht nur dann Sinn wenn sie gut sei. Und dann würden sie auch freiwillig befolgt. Schreiner nennt ein Beispiel: „Es macht ja auch Sinn, eine rote Ampel nicht zu überfahren“, sagt der Generalsekretär. Und deshalb würde sich auch ein Großteil der Menschen daran halten, das rote Licht zu respektieren. Nach dieser Prämisse solle es auch bei der Bürokratie in Verwaltungen laufen. Deshalb solle die Verwaltung durch sinnvolle und transparente Regelungen auch wieder verstärkt als Dienstleister auftreten. „Verwaltung muss für den Bürger da sein“, sagt Schreiner. „Umgekehrt muss auch wieder der Bürger die Verwaltung als Freund sehen“. Außerdem fordert Schreiner von der Verwaltung eine Form der „Unschuldsvermutung“ gegenüber Bürgern und Wirtschaft zum Beispiel bei der Datenschutzgrundverordnung oder der Einhaltung von Arbeitszeiten. So solle die Verwaltung nicht dann einschreiten, um einen Missstand zu suchen, sondern erst wenn davon ausgegangen wird, dass „wirklich etwas schief läuft“, erläutert Schreiner.

„Wie sieht es in Sachen Infrastruktur im Land aus?“, möchte Krupp wissen und spielt auf die teilweise maroden Zustände der Landesstraßen an. Für Schreiner steht fest, dass man das Thema Infrastruktur habe schleifen lassen und zielt dabei insbesondere in Richtung der Grünen ab. „Das man unsere Straßen und Brücken so hat verkommen lassen, war sehr unklug“, sagt er. Außerdem herrsche ein großer Investmentstau in Sachen Infrastruktur.


Bahnlärm zu verursachen muss weh tun


Ein großes Problem im Mittelrheintal ist der Bahnlärm wie Hermann Krupp unterstreicht. Obgleich dies ein Thema für den Bund ist, möchte er von Gerd Schreiner wissen, wie man als Bundesland mehr Einfluss generieren kann. Dazu zeichnet Schreiner zunächst ein Bild des gegenwärtigen Zustandes. „Man kann den Schienenverkehr nicht reduzieren, im Gegenteil“, weiß er. „Die Auslastung der Güterzüge wird noch steigen“, so Schreiner. Denn der Bedarf würde immer größer. Dass der Lärm reduziert werden muss ist aber auch für Schreiner von essentieller Bedeutung. Die Lösung sieht Schreiner nicht bei der Bundesregierung, sondern bei der Wirtschaft selbst. So sollen sich die Benutzer des deutschen Schienennetzes zwischen leisen, günstigen Waggons und lauten, teuren entscheiden müssen. Dabei darf der Preis nicht nur symbolisch sein. „Die lauten Waggons müssen für die Unternehmen so teuer sein, dass es wehtut“, sagt Schreiner über das Konzept.

Zum Thema Infrastruktur gehört auch das schnelle Internet. Gerd Schreiner muss einräumen, dass Deutschland im internationalen Vergleich deutlich hinterherhinke. In Ostdeutschland sei der Stand des Ausbaus zwar fortschrittlicher als im Westen; nun gelte es jedoch „hinterher zu rücken“. Für Schreiner läge die Zukunft des Internets aber ganz klar in den funkgestützten Technologien.


Kommune: Kooperation statt Fusion


Nun geht es Hermann Krupp um das Thema Finanzen: „Die rheinland-pfälzischen Kommunen sind teilweise stark verschuldet. Wie lässt sich dieses Problem lösen?“ Grundsätzlich habe der neue Generalsekretär der Landes-CDU einen simplen, aber wirkungsvollen Plan. „Man kann nur so viel ausgeben, wie man hat“, sagt er. Das Prinzip kenne jeder aus dem Privathaushalt. Zu diesem Konzept müsse man jedoch erst wieder zurück. Denn gelebt sei dies über Jahre nicht. „Die Landesregierung wollte so weitermachen wie bisher, obwohl das Geld fehle“, sagt Schreiner. Um dies zu gewährleisten sei sich bei den Kommunen bedient worden. „Deshalb kommen auch fünf der zehn höchst verschuldeten deutschen Kommunen aus Rheinland-Pfalz“, zeigt Schreiner die Bilanz auf. „Hier ist viel falsch gelaufen“, sagt er und fügt hinzu: „Und vieles davon war verfassungsrechtlich bedenklich.“

„Kann eine Kommunalreform Abhilfe schaffen?“, möchte Krupp wissen und spielt dabei besonders auf die Zusammenlegung von Kommunen, wie es derzeit im Kreis Neuwied im Gespräch ist, an.

Dem widerspricht Gerd Schreiner. „Funktionelle Probleme sind höchstens in Einzelfällen durch Fusionen zu lösen“, so der Christdemokrat. Stattdessen baue man bei der CDU grundsätzlich vielmehr auf interkommunaler Kooperation statt einer Fusion. Ob und wie Gemeinden oder vergleichbare Gebietskörperschaften zusammengehen, sei vielmehr als natürlicher Prozess zu betrachten, der kaum zu erzwingen sei.

Zum Schluss wünschte sich Hermann Krupp von Gerd Schreiner einen Ausblick in die Zukunft. „Wie soll Rheinland-Pfalz in zehn Jahren aussehen?“, möchte er wissen. „Das wichtigste ist der Mut“, zitiert Gerd Schreiner Konrad Adenauer. Er wünsche sich, dass das Land unter einem Ministerpräsidenten Christian Baldauf gute Rahmenbedingungen für Menschen mit mutigen Ideen schaffe. Das gelte sowohl für unternehmerische Entscheidungen als auch politische Ideen sowie im sozialen Bereich. „Wir möchten eine Atmosphäre schaffen, die nicht mehr zu dem Gefühl der Einengung führt“, sagt Gerd Schreiner.

Text/Fotos: Daniel Robbel

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