Fast 3.800 Vollzeitbeschäftigte können im Rhein-Lahn-Kreis nicht von ihrer Arbeit leben:

Der Urlaub fällt aus

12.07.2019 - 11:15

Rhein-Lahn-Kreis. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist statistisch betrachtet nach wie vor gut, doch der Arbeitsmarkt hat einen gravierenden Schönheitsfehler, denn Deutschland hat einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa. Laut einer DIW-Studie sind inzwischen – unter Berücksichtigung der Teilzeit- und Nebenjobs – bundesweit mehr als neun Millionen Menschen davon betroffen. Der Bruttolohn von 10,80 Euro ist die nach internationalen Standards in Deutschland geltende Grenze für Niedriglohn.

Besonders dramatisch ist, dass es inzwischen deutschlandweit mehr als vier Millionen Menschen gibt, die in einem Vollzeitjob arbeiten, deren Lohn aber nicht ausreicht, um ein auskömmliches Leben zu führen. Allein in Rheinland-Pfalz waren 2017 im Jahresdurchschnitt 146.885 Menschen in Vollzeit beschäftigt zu Stundenlöhnen von weniger als 10,80 Euro. Das entspricht 18,6 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten.

Noch deutlicher sieht es im Rhein-Lahn-Kreis aus: 19,3 Prozente aller Vollzeitbeschäftigten erhalten Niedriglohn, das sind 3776 Menschen.

Besonders hoch ist der Anteil bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss (43,9 Prozent), bei und bei Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (50,1 Prozent), wie die beigefügte Grafik zeigt. Auffällig ist auch, dass es bei den Frauen doppelt so viele sind (29,3 Prozent) wie bei den Männern (14,6 Prozent).

Für Monique Menzel, Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes Rhein-Lahn, ist dies ein Politikum: „Es darf nicht sein, dass Menschen Vollzeit arbeiten, davon nicht leben können und damit auch nicht in Urlaub fahren können. Wir setzen uns dafür ein, dass Vollzeitarbeit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht – jetzt und auch im Alter.“

Zentraler Punkt zur Veränderung ist für Menzel die Stärkung der Tarifbindung, denn immer mehr Arbeitgeber sind ohne Tarifvertrag – auch durch sogenannte Mitgliedschaften ohne Tarifbindung – in den Arbeitgeberverbänden. Stärkung heißt vor allem Erleichterung von Erklärungen zur Allgemeinverbindlichkeit, Verbesserung der Nachwirkung von Tarifverträgen, sowie Einführung von umfassenden Tariftreueregelungen im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe.


In Branchen, die Niedriglöhne zahlen, ist die Tarifbindung extrem gering


Zugleich muss die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtert werden. Denn gerade in den Branchen, die Niedriglöhne zahlen, ist die Tarifbindung extrem gering, wie z.B. in der Gastronomie. Außerdem muss der gesetzliche Mindestlohn perspektivisch auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben werden.

Notwendig ist auch ein deutlich verbessertes Anreiz- und Unterstützungssystem, welches Geringqualifizierten hilft, einen beruflichen Abschluss zu erwerben. Denn zu oft gehen niedrige Löhne einher mit niedriger Qualifikation.

Daher fordert die Gewerkschafterin alle handelnden Akteure in den Jobcentern, Arbeitsagenturen, aber vor allem auch die Arbeitgeber dazu auf, Geringqualifizierten Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten, um ihnen damit den beruflichen Aufstieg und eine anständige Entlohnung zu ermöglichen. Schon in der Schule muss so gefördert werden, dass alle Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss geführt und anschließend in ein Ausbildungsverhältnis eintreten.

Pressemitteilung

DGB Kreisverband Rhein-Lahn

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12.07.2019 12:28 Uhr
Uwe Klasen

Wenn mehr als Hälfte des Gehaltes für Steuern und Abgaben den Arbeitnehmern genommen wird muss man sich fragen warum und wofür? Menschen arbeiten, der Staat nimmt davon einen Großteillu, und die Gewerkschaften haben nichts besseres zu tun als auf die gleichfalls, durch den Staat, hoch belasteten Arbeitgeber los zu gehen. Hier sollte gemeinsam gegen die Politikdarsteller vorgegangen werden!



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