Leserbried zum Thema Frankensiedlung
Eine verpasste Chance
Viel Herzblut und viel Arbeit haben die Mitglieder des Vereins „Frankensiedlung Nithrindorp“ in ihr Projekt gesteckt und stehen nun nach der negativen Entscheidung des Gemeinderates Grafschaft vor den Scherben ihres Schaffens. Dies ist ein Grund traurig zu sein. Unter Ausblendung der Standortfrage sollten auch diejenigen, die dem Projekt ablehnend gegenüberstanden, ein Gefühl des Bedauerns empfinden, zumindest besteht kein Anlass für Schadenfreude und Häme.
Die Menschen, die den Verein getragen haben, wollten das Leben von Menschen in der frühen fränkisch-germanischen Zeit um 500 nach Christus erlebbar machen. Sie sahen in dieser Lebensweise früher Vorfahren von uns ein Leben des Menschen im Einklang mit der Natur. Dieses Erleben früher Lebensformen wäre auch als Anregungsgeber für unser heutiges Leben ein Gewinn gewesen. Allein dies hätte den Keim von Bedeutung gehabt, der über die Gemeinde Grafschaft und den Kreis Ahrweiler hinausgewirkt hätte.
Persönlich sehe ich einen weiteren Aspekt von überregionaler Bedeutung. Die offene, etwas romantisierende und unvoreingenommene Herangehensweise an die fränkisch-germanische Geschichte hatte Charme und bot die Chance eines Erkenntnisgewinnes. Zu oft wird Geschichte verbogen und instrumentalisiert, um Gegenwärtiges zu rechtfertigen, dies ist insbesondere bei Diktatoren ein beliebtes Mittel, um Macht und Ideologie den Anschein von Legitimität zu geben.
So geschehen auch bei uns. Adolf Hitler und seine braune Bande beriefen sich auf die germanische Vorgeschichte und verbogen auf brutalste Weise die germanische Geschichte, damit diese die morbide und menschenverachtende nationalsozialistische Ideologie stützen sollte.
Zutiefst bedauerlich ist, dass diese Verformungen eines Teilbereiches unserer Ursprünge so erfolgreich war, so dass im kollektiven Bewusstsein der Deutschen diese Verformungen noch wirksam sind. Letzteres ist zugleich für viele eine innere Sperrmauer, um Anschluss an diesen Teil deutscher und europäischer Geschichte zu finden. Der unbekümmerte Zugang des Vereins „Frankensiedlung Nithrindorp“ an die fränkisch-germanische Zeit war eine Chance für uns, wieder einen freien, neuen und offenen Blick auf einen Teil unserer Geschichte zu werfen. Schade. Mögen die Reste der Wirkungsstätte des Vereins und das Biotop zumindest erhalten werden und ein Zeugnis für ein Leben im Einklang mit der Natur abgeben.
Dr. Dieter Bornschlegl, Grafschaft
Als der Gemeinderat Grafschaft im Dezember 2020 die Frist für den Verein beschlossen hat, war das einstimmig, inkl. der SPD und auch Herrn Dr. Bornschlegl. Als eine Bürgerinitiative zeitgleich mit einer Petition bemängelte, die Verwaltung würde das Projekt Zitat "durch unverhältnismäßige Auflagen und Beauftragung stets neuer Gutachten auf Kosten des Trägervereins torpedieren", wurde das vom Gemeinderat als gegenstandslos zurückgewiesen - einstimmig, inkl. der SPD und auch Herrn Dr. Bornschlegl. Alles noch nachzulesen im Ratsinfosystem von Grafschaft, Sitzung vom 10.12.2020, TOPe 15 und 16.
Ich verstehe nicht, wieso man erst so ein Stimmverhalten zeigt, und dann später darüber traurig ist. Gilt nicht nur für Dr. Bornschlegl, unbekannterweise, sondern auch für andere politische Vertreter insbesondere der Grafschafter SPD. Die mediale Darstellung nach dem nun finalen (?) Beschluss passt nicht zu den vorherigen Abstimmungen zum Projekt. Das ist sehr unredlich, auch dem Verein gegenüber.