Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Andernach

Entwicklung des Krahnenbergs

Nach Einschätzung der Grünen hat das Vorhaben eines Skywalks einen Geburtsfehler und vor allem eine Achillesferse

05.03.2018 - 12:00

Andernach. Im Historischen Rathaus wurden sieben Entwürfe für einen Skywalk auf dem Krahnenberg vorgestellt. Die Präsentation von Studenten der FH Koblenz war beeindruckend, sie hatten spektakuläre und originelle Lösungen erarbeitet und mit phantastischen Modellen veranschaulicht. Der Wettbewerb ging auf einen Antrag der CDU-Fraktion zurück, die damit den Krahnenberg als touristisches Ziel wiederbeleben wollte. Unabhängig von der weiteren Entwicklung hat dieser Antrag bereits eine Dynamik erzeugt, die Voraussetzung für eine Verbesserung der Situation ist.

Die seit dem Bau eines festen Rheinkrans „Krahnenberg“ genannte Erhebung am nördlichen Rand des Neuwieder Beckens kann mit Fug und Recht als Andernacher Hausberg gelten. Gerade die Kanzel, die in Zeiten des Wahlkampfs auch gerne als Hintergrund für die Präsentation von Kandidaten gefragt ist, ist den Andernachern ans Herz gewachsen. Sie bietet einen Blick ins Neuwieder Becken und rheinabwärts Richtung Hammerstein.


Beliebtes Ausflugsziel mit wechselvoller Geschichte


Die plötzliche Verengung des Rheintals und der Durchbruch durch die Ränder des Mittelrheinischen Beckens wird auch „Andernacher Pforte“ genannt. Dieses charakteristische Landschaftsbild wurde schon früh als besonders reizvoll wahrgenommen. Bekannt ist ein Portrait von Albrecht Dürer mit dem Krahnenberg im Hintergrund. In den meisten Darstellungen der Stadt von Matthäus Merian bis zu den zahlreichen illustrierten Reiseführern des 19. Jahrhunderts wird Andernach meist am Fuße der Andernacher Pforte dargestellt.

Nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870-71 war der Krahnenberg neben der Loreley und dem Drachenfels dann sogar kurz als Standort für den Bau eines Nationaldenkmals im Gespräch, welches ab 1877 oberhalb von Rüdesheim errichtet wurde. 1895 plante man einen hohen Aussichtsturm auf dem Krahnenberg, der als „Drei-Kaiser-Turm“ an die Ereignisse des Jahres 1888 erinnern und zugleich eine weite Fernsicht bieten sollte.


Bedürfnis nach Erholung


Durch die Industrialisierung mit ihren festen Arbeitszeiten entstand Ende des 19. Jahrhunderts ein starkes Bedürfnis nach Erholung. Wanderwege wurden angelegt, an vielen Orten wurden Ausflugslokale gebaut. Um diese Nachfrage in Andernach zu bedienen, bildete sich die „Krahnenberg-Gesellschaft“, die ab 1884 die „Krahnenburg“ baute. Wahrscheinlich auf Betreiben dieser Gesellschaft wurde dann für einen erleichterten Zugang ab 1889 eine Drahtseilbahn mit Wasserballastantrieb gebaut, die 1896 den regelmäßigen Betrieb in den Sommermonaten aufnahm. Sie erfreute sich zunächst starker Nachfrage, begünstigt auch durch die Eröffnung einer weiteren Gastronomie, des Hotels Kaiserburg, welches bis 1960 etwa auf halber Höhe zwischen Krahnenburg und Kanzel stand. Es gab dann aber mehrere Eigentümerwechsel, bis die Stadt die Bahn 1917 zum Preis von 32.000 Mark übernahm und verpachtete. Der Betrieb musste Anfang des Zweiten Weltkriegs eingestellt werden. Die Krahnenbergbahn wurde in den letzten Kriegsmonaten getroffen und bereits kurz nach Kriegsende verschrottet.

Weniger bekannt als die legendäre Standseilbahn ist ein Vorhaben aus den späten 1950er Jahren, welches die örtliche CDU damals nach Kräften bewarb und von dem sie sich wirtschaftlichen Aufschwung und den Aufstieg „in die Reihe weltbekannter internationaler Fremdenverkehrsorte“ versprach. Die Stadt schloss einen Vorvertrag mit der amerikanischen Del-Hill-Corporation. Nach Entwürfen des amerikanischen Architekten M. Guttman sollte auf dem Krahnenberg ein 61 Meter hohes Luxushotel mit 18 Stockwerken entstehen (zum Vergleich: der Runde Turm misst 56 m). Das Vorhaben sollte ein Investitionsvolumen von 65 Millionen Mark haben, vorgesehen war auch die Erschießung von Bauland, ja sogar ein neues Stadtviertel in Höhenlage. Es kam anders.


Skywalk – Vorhaben mit Geburtsfehler und Achillesferse


Nach Einschätzung der Grünen hat das jetzt angedachte Vorhaben eines Skywalks einen kleinen Geburtsfehler und vor allem eine Achillesferse.

Ein Skywalk ist erst dann besonders reizvoll, wenn er ein neues Landschaftserlebnis und andere Blicke ermöglicht. Von der Kanzel hat man heute bereits einen schönen Blick rheinabwärts Richtung Hammerstein und rheinaufwärts ins Neuwieder Becken. Das Gelände um die Kanzel herum fällt zum Rhein hin mit einer Neigung von rund 45 Grad ab. Ein Skywalk würde auch bei einer relativ weiten Auskragung um 20-30m das Blickfeld des Besuchers jedoch nur um wenige Grad erweitern. So bliebe etwa der Geysir auf dem Namedyer Werth weiterhin verdeckt.


„Panorama-Mehrwert“ ermitteln und Erschließung überdenken


Bei der Präsentation der sieben Entwürfe wurde leider bei keinem erläutert, wie sich das Blickfeld des Besuchers durch einen Skywalk verändern bzw. erweitern würde. Falls in den nächsten Jahren auf dem Krahnenberg eine wie auch immer gestaltete Aussichtsplattform entsteht, sollte unbedingt geprüft werden, wie sich das auf das Panorama auswirkt. Heute kann man das etwa mit einer Drohne und Kamera relativ einfach recherchieren.

Die Besucher der Kanzel reisen heute fast alle mit dem Auto über die Felster an. Die Felster ist zwar keine Wohnstraße, kann aber wegen der Haarnadelkurve an der Unteren Richthöll und wegen der auf beiden Seiten angeordneten Stellplätze nur sehr begrenzt zusätzlichen Verkehr aufnehmen. Mit einem touristischen Magneten wie dem angedachten Skywalk käme sie schnell an ihre Kapazitätsgrenze.

Wenn nun ein neuer Anziehungspunkt geschaffen wird, muss daher über eine alternative Erschließung nachgedacht werden. Eine Zuwegung durch eine neue Straße über den Kirchberg oder gar von Eich wäre mit einem hohen Flächenverbrauch und hohen Kosten verbunden, sie würde die Landschaft weiter zerschneiden. Theoretisch denkbar sind aber auch ein Aufzug, ein Schrägaufzug oder eine steil geführte Standseilbahn, wie es sie in Bad Ems mit der Kurwaldbahn gibt.

Die immer noch im städtischen Besitz befindliche alte Trasse der Krahnenbergbahn käme dafür jedoch nicht in Frage, denn sie ist durch den Bau der B9, welche aus dem Krahnenberg einen Kragenberg machte, zerschnitten. Möglich wäre aber eine Trasse direkt aus dem Rheintal auf das Plateau, nämlich in Höhe des Alten Krans nach dem Motto „Vom Kran auf den Krahnenberg“.

Die Stadtratsfraktion der Grünen beantragt, neben dem touristischen Großprojekt „Skywalk“ auch eine bescheidenere Alternative zu prüfen, bei der die jetzige Kanzel saniert und die Bäume zurückgeschnitten werden. Beides brächte bei geringem Aufwand eine unmittelbare Verbesserung und gäbe Zeit, um über eine mögliche weitere Entwicklung nachzudenken. Dabei sollte dann auch die Gestaltung und Aufwertung des Umfeldes und vor allem die Erschließung eine zentrale Rolle spielen.

Pressemitteilung

Bündnis 90/Die Grünen Andernach

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