Gemeinderat Wachtberg streitet über Dringlichkeitsantrag
Flüchtlingsfamilie vom Schiff kann leider nicht aufgenommen werden
Bündnis 90/Die Grünen hatten beantragt, eine Flüchtlingsfamilie von der „Lifeline“ als humanitäre Geste in der Gemeinde aufzunehmen
Wachtberg. Eigentlich stand bei der jüngsten Sitzung des Wachtberger Gemeinderats kein spannendes Thema auf der Tagesordnung. Doch dann bat Grünen-Fraktionschef Oliver Henkel darum, die Tagesordnung im Rahmen eines Dringlichkeitsantrags um den Punkt „Unterbringung einer ‚Lifeline‘-Flüchtlingsfamilie“ zu erweitern. Doch da gingen die Meinungen auseinander.
Henkel begründete seinen Dringlichkeitsantrag so: „Im Mittelmeer spielen sich regelmäßig menschliche Dramen ab – mit der Lifeline, die mit 200 geretteten Flüchtlingen vor Malta festsitzt, hat dies noch eine neue Dimension erfahren. Die Stadt Bonn hat als humanitäre Geste angeboten, einige Menschen aufzunehmen. Wir sollten die Stadt Bonn damit nicht alleine lassen, diesem Beispiel folgen und ebenfalls einer Familie die Aufnahme ermöglichen. So können wir auch andere bestärken, es uns gleich zu tun. Die Kapazitäten dafür sollten in der Wiesenau vorhanden sein.“ Er plädierte dafür, in der Diskussion eine gemeinsame Position zu finden und damit ein Signal zu setzen, dass Bonn nicht allein steht.
CDU wollte Thema im Sozialausschuss behandeln
Doch die Christdemokraten und die FDP sahen das anders. Jürgen Meinberg (FDP) war der Ansicht, ein solcher Beschluss übersteige die Kompetenz des Gemeinderats, er hoffe auf Richtlinien aus Berlin, wie solchen Menschen bundesweit geholfen werden könne. Stephan Zieger (CDU) wäre es lieber gewesen, wenn der Antrag in der nächsten Sitzung des zuständigen Sozialausschusses behandelt worden wäre, und war ohnehin der Ansicht, die Initiative der Grünen spiele einzelne Flüchtlingsgruppen gegeneinander aus. Was Henkel wiederum als „unverschämte Unterstellung“ zurückwies. Vielmehr gehe es ihm darum, dass den auf der „Lifeline“ festgesetzten Flüchtlingen schnellstmöglich geholfen werde.
Bürgermeisterin Renate Offergeld formulierte schließlich den Beschlussvorschlag, dass sie sich zunächst bei der Bezirksregierung erkundigen solle, ob und wie eine solche Aufnahme von „Lifeline“-Flüchtlingen in Wachtberg überhaupt möglich sei. Dem stimmte die Mehrheit von SPD, Grünen, UWG und „Unser Wachtberg“ zu, während CDU (mit zwei Enthaltungen) und FDP das ablehnten. Mittlerweile hat die zuständige Bezirksregierung Arnsberg der Bürgermeisterin mitgeteilt, dass Wachtberg wohl in dieser Angelegenheit nicht helfen könne. Das Land sei nämlich nicht in der Lage, „Familien, die sich auf dem Schiff befinden, zu identifizieren“, weshalb man sie auch nicht vermitteln könne. Die Flüchtlinge hätten sich mit Hilfe von organisierten Schleppern illegal auf den Weg gemacht und könnten daher nicht legal nach Deutschland einreisen. Ohnehin obliege das Asylverfahren den Ländern, auf deren Boden sie an Land gingen. Einen Sonderweg könne nur der Bund finden.
Übereinstimmung fiel unter den Tisch
In einer Pressemitteilung kurz nach der Ratssitzung stellte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Hartmut Beckschäfer allerdings die Position seiner Partei noch einmal klar. Er fand es „ausgesprochen ärgerlich, dass die in der Diskussion erneut deutlich gewordene Übereinstimmung aller im Rat vertretenen Fraktionen im Umgang mit Flüchtlingen dabei unter den Tisch gefallen ist.“ Doch dem „schiefen“ Beschlussvorschlag der Bürgermeisterin, der die leidenschaftlich geführte Diskussion nur unzureichend wiedergebe, habe die Union nicht zustimmen können.
Beckschäfer bekräftigte, seine Fraktion hätte das Thema lieber im Sozialausschuss diskutiert, denn dort werde die flüchtlingsfreundliche, humanitäre Praxis bei der Aufnahme und Begleitung von Flüchtlingen sowie bei der Integration von anerkannten Asylbewerbern und Flüchtlingen mit Bleibeperspektive seit Jahren auf hohem Niveau erarbeitet und gesteuert.
„Die von dort ausgehende Realpolitik ist handlungsorientierte Praxis und zugleich ein ständiges, unübersehbares Symbolsignal Wachtberger Flüchtlingspolitik.“ Abgesehen davon könnten sich dann auch der Ökumenische Arbeitskreis und das Deutsche Rote Kreuz als tragende Säulen der Wachtberger Flüchtlingspolitik mit ihrer unverzichtbaren Kompetenz bei der Erarbeitung und Umsetzung von derartigen Absichten einbringen. Ob das Thema in der nächsten Ausschusssitzung noch einmal behandelt wird, solle bei der Besprechung der Fraktionsvorsitzenden geklärt werden.
JOST