In der St. Pius-Straße soll ein Stadtquartier entstehen

Größtes Mietwohnungsbau-Projekt seit Jahrzehnten

Größtes Mietwohnungsbau-
Projekt seit Jahrzehnten

So wie auf dieser Präsentation des Projektentwicklers Plan 74 Gruppe soll das künftige Quartier St. Pius-Straße aussehen.Repro: JOST

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Es soll das „größte Mietwohnungsbauprojekt seit Jahrzehnten in Bad Neuenahr-Ahrweiler“ werden, freut sich Bürgermeister Guido Orthen (CDU) schon jetzt auf die bevorstehende Quartiersentwicklung in der St. Pius-Straße zwischen den beiden großen Stadtteilen Bad Neuenahr und Ahrweiler. Auch die mit den Investoren vereinbarten Rahmenbedingungen seien bundesweit einmalig, glaubt er. Bei einer Pressekonferenz stellten Stadtverwaltung, Projektentwickler und Investoren das 25 bis 30 Millionen Euro teure Großprojekt vor.

Nach dem Motto „Wohnraum für Alle“ wolle die Stadt langfristig bezahlbaren Wohnraum sichern. Deshalb sei das „Quartier St. Pius-Straße“ mit einer Grundstücksfläche von etwa 1,2 Hektar eines der Vorzeigeprojekte der Kreisstadt. Gemeinsam mit der Basler Lebensversicherungs-AG als Investor und der Plan 74 Gruppe aus Neuwied als Projektentwickler und Generalübernehmer treibe die Stadt ein ambitioniertes und zugleich ökologisch und soziales Bauprojekt voran.

Als Mehrfamilienhäuser

und eine Plaza

Das städtebauliche Großprojekt in unmittelbarer Nähe der Erich-Kästner-Schule umfasst insgesamt elf Mehrfamilienhäuser, in denen mindestens 130 neue Mietwohnungen entstehen sollen. Die Wohnungen sollen zwischen 40 und 135 Quadratmeter groß sein und damit zu einer belebten Bewohnerstruktur beitragen. Eine besondere Energiebauweise soll für geringe Nebenkosten sorgen. Außerdem seien alle Wohnungen barrierefrei zugänglich. Elementarer Teil der Planung ist auch eine eigene Kindertagesstätte mit drei Gruppen, die den wachsenden Bedarf im Umfeld sowie im Quartier selbst abdecken soll. Sofern sich Betreiber finden, soll es auch Nahversorgungseinrichtungen wie beispielsweise eine Bäckerei oder einen Kiosk im neuen „Quartier St. Pius-Straße“ geben.

Geplant sind zentral angeordnete Gemeinschaftsbereiche, mit verschiedenen Gebäudetypen, unterschiedlichen Ausgestaltungen sowie verschiedenen Dachformen. Auch ist eine Tiefgarage geplant, in der die Bewohner ihre Fahrzeuge unterbringen können. Zudem soll ein zentraler gemeinschaftlicher Außenbereich als Plaza mit Spielplatz, Aufenthaltsbereichen sowie daran angrenzenden Gemeinschaftsräumen geschaffen werden. Insgesamt soll in den elf Gebäuden etwa 10.500 Quadratmeter Mietfläche in mehr als 130 Wohnungen und sechs Sondernutzungsbereichen entstehen. Die Grundrisse seien dabei wandelbar.

Nur für einheimische

Familien und Personen

Vertraglich geregelt ist, dass diese Wohnungen in den kommenden 20 Jahren nur an Personen und Familien vermietet werden, die im Stadtgebiet angestellt oder die bereits länger als zwei Jahre Einwohner von Bad Neuenahr-Ahrweiler sind. „Wir wollen damit gezielt den Wohnungsengpässen in der Stadt begegnen und Arbeitnehmer und Bürgern die Möglichkeit geben, neue und vor allem bezahlbare Wohnangebote wahrzunehmen“, so Orthen.

Entscheidend seien die Mietvereinbarungen: von den Investoren und den Projektentwicklern sei zugesichert worden ist, dass die vereinbarten Mieten bis zum Jahr 2042 nur um höchstens 1,7 Prozent pro Jahr angehoben werden dürfen. „So ist sichergestellt, dass die Bewohner ihre Mietkosten langfristig planen können“, so Orthen.

Darüber hinaus müssten mindestens 27 Prozent der entstehenden Wohnfläche als staatlich geförderter Wohnungsbau hergestellt und vermietet werden.

Der Mietpreis liege bei fünf Euro pro Quadratmeter in geförderten Wohnungsbau, die restlichen Wohnungen sollen ebenfalls deutlich unter zehn Euro pro Quadratmeter vermietet werden.

Auch für Menschen

mit Einschränkungen

Um einen Teil der Wohnungen auch für Menschen mit Einschränkungen oder einer Behinderung bewohnbar zu machen, sei zudem eine Kooperation mit Dienstleistern der Eingliederungshilfe geplant. Diese sollen beim Konzept für Wohnraumbedarf für Menschen mit Behinderung beratend mitwirken. Darüber hinaus soll es in den Gebäuden auch eine Tagespflege für demenziell erkrankte Personen geben.

„Dass wir eine gemeinsame vertragliche Grundlage finden konnten, die all dies sicherstellt und wir darüber hinaus klimapolitische Ziele festlegen konnten, freut uns umso mehr. Damit ist das Bauprojekt gleichermaßen ein ökologisches, soziales und wirtschaftspolitisches Versprechen an die Bürger der Stadt“, berichtet Orthen weiter. Insbesondere gehe es hier darum, Wohnraum für in der Stadt arbeitende Menschen zu schaffen und damit gleichzeitig auch um die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschafts- und Wohnstandorts Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Thema Klimaschutz

spielt eine gewichtige Rolle

Denn neben den bereits angesprochenen Vertragsinhalten spielt das Thema Klima eine gewichtige Rolle. So sollen beim Bau in großem Umfang nachwachsende Rohstoffe verwendet werden. Neben einem Car-Sharing-Angebot für die Bewohner sollen etwa 35 Ladestationen für E-Autos entstehen. Der Anschluss an die Fernwärme soll genau wie die Dachbegrünung und einer Photovoltaikanlage eine Zertifizierung in Gold der deutschen Gesellschaft Nachhaltiges Bauen (DGNB) sichern. Mit einer hybriden Bauweise aus Stahlbeton und vorgefertigten Holzrahmen will man die Vorgaben erreichen. Heizung und Warmwasser sollen so 100 Prozent aus erneuerbaren Energien und Fernwärme entstehen, Fotovoltaikanlagen mit etwa 250 Kilowatt Leistung samt Stromspeicher sollen für einen hohen Anteil dezentrale Stromerzeugung sorgen. Auch das Regenwasser soll genutzt werden.

Peter Happ, Geschäftsführer der für das Projekt verantwortlichen plan74-Gruppe aus Neuwied: „Uns liegt eine besonders nachhaltige, ökologische und energieeffiziente Bauweise sehr am Herzen. Seit vielen Jahren ist das wesentlicher Bestandteil all unserer Bauprojekte. Umso mehr freue ich mich, an diesem tollen Standort mit der Basler Versicherung einen zuverlässigen Partner gefunden zu haben, dem Nachhaltigkeit und eine dauerhafte Werthaltigkeit wichtiger ist als das letzte bisschen Rendite.“

Andreas Cordes, bei der Basler Versicherung für den Fachbereich Immobilien verantwortlich, ergänzt: „Im Bereich Kapitalanlagen werden gut 40 Geschäfts- und Wohnhäuser der Unternehmensgruppe direkt kaufmännisch und technisch betreut, hinzu kommen weitere Bestände in Grundstücksgesellschaften, Beteiligungen und Immobilienfonds.“ Das städtische Grundstück sei für insgesamt 1,75 Millionen Euro erworben worden, alles in allem werde sein Unternehmen hier 25 bis 30 Millionen Euro investieren.

Stadtrats-Fraktionen sehen das Projekt durchweg positiv

Auch die im Stadtrat vertretenen Fraktionen sehen die Quartiersentwicklung positiv. CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Kniel sieht darin ein Projekt, das unter vielen Gesichtspunkten zukunftsweisend für die Stadt sein werde. „Der solvente Investor erstellt Objekte zum Zwecke der langfristigen Vermietung von Wohnungen in verschiedensten Größen und Ausstattungen, für unterschiedliche soziale und arbeitsmarktpolitische Gruppenbelange, in sehr ordentlicher und ansprechender Architektur.“ Der eingeplante 3-Gruppen-Kindergarten helfe zudem, mögliche Engpässe bei der Kinderbetreuung zu entschärfen. Gregor Sebastian (FWG) ergänzte: „Zum ersten Mal können wir hier bezahlbaren Wohnraum mit einem größeren Anteil an kleinen Wohnungen anbieten.“

Werner Kasel (SPD) wusste: „Lange Zeit führte der Mietwohnungsbau in unserer Stadt eher ein Randdasein. Es entstehen erstmals seit Jahrzehnten wieder bezahlbare Mietwohnungen in nennenswertem Umfang.“ Dies auch noch in einem architektonisch, ökologisch und sozialstrukturell ambitionierten und nachhaltigen Projekt. Die Tatsache, dass mehr als ein Viertel der Wohnungen auf Betreiben des Stadtrats sozial gefördert werde, öffne auch Menschen mit niedrigen Einkommen bessere Wohnungschancen. Auch Wolfgang Schlagwein (Grüne) freute sich: „Mit dem Stadtquartier hält der nachhaltige Mietwohnungsbau auch in der Kreisstadt Einzug.“ Mit seinen sozialen, klimapolitischen und nachhaltigen Aspekten zeige der Weg in die richtige Richtung.

Signalwirkung

für weitere Investoren

Rolf Deißler (FDP) verband mit der Umsetzung des geplanten Bauvorhabens große Erwartungen. Erfreulich sei es, dass insbesondere bei den Vermietungen Bürger der Stadt oder Menschen, die in der Kreisstadt arbeiteten, berücksichtigt werden sollen. „Zum anderen wird das gesamte Bauvorhaben unter Wahrung aller aktuellen ökologischen Gesichtspunkte errichtet. Das mit Fördermittel unterlegte Projekt wird unsere Stadt noch attraktiver und interessanter machen und dazu beitragen, einer Ausrichtung nur auf Besserverdienende zu begegnen.“ Und die Tatsache, dass ein großer Versicherungskonzern als Investor auftrete, zeige zudem die Attraktivität der Stadt und könne eine Signalwirkung für andere Investoren sein.

Schon in den kommenden Tagen soll das Baufeld hergestellt werden, denn im Sommer diesen Jahres soll der Bau beginnen. Dafür muss allerdings noch der Bebauungsplan geändert werden, was bereits auf den Weg gebracht wurde. Mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts rechnet man zum Start der Landesgartenschau im Frühjahr 2022. Ein Gebäude mit 18 Wohneinheiten, einer Home-Office-Etage und einem kleinen Nahversorger bildet dann den Auftakt. Bis zum Sommer 2023 soll das gesamte Projekt fertig sein.