Andrea Nahles und ihre französische Amtskollegin Myriam el Khomri besuchten Koblenzer Metall- und Technologiezentrum
Ministerinnen lobten Flüchtlingsausbildung
Koblenz. Ungewöhnlicher Besuch im Koblenzer Metall- und Technologiezentrum der Handwerkskammer: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und ihre französische Amtskollegin Myriam el Khomri. Grund dafür waren Informationen über die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Zuerst besichtigten die beiden Politikerinnen die Werkstätten im HwK-Zentrum, wobei am meisten die Kfz-Ausbildungsstätte, hier insbesondere die Technik der Elektromobile, interessierte. Danach begann eine Podiumsdiskussion mit dem HwK-Präsident Kurt Krautscheid, der Leiterin der Arbeitsagentur Mayen-Koblenz Ulrike Mohrs, ihrer Vorgesetzten, Heidrun Scholz, Leiterin der Regionaldirektion der Arbeitsagentur Rheinland-Pfalz/Saarland, dem Staatssekretär David Langner, drei jungen Flüchtlingen, den Chefs zweier Handwerksbetriebe, Genoveva Bleser, Heizungs- und Sanitärbetrieb in Plaidt, sowie Hans-Werner Norren, Autohaus und Kfz-Service in Weißenthurm.
Dabei machte das Technologiezentrum seinem Namen alle Ehre, denn die Diskussion wurde per Kopfhörer simultan ins Französische bzw. Deutsche übersetzt. Kurt Krautscheid betonte, dass für Flüchtlingen in der Ausbildung auch das soziale Umfeld passen muss: „Ein Riesenvorteil ist, dass wir in der Handwerkerschaft gewachsene Strukturen haben und alle Innungen und Kreishandwerkerschaften vernetzt sind. So ist auch das Projekt Flüchtlingsnetzwerker entstanden. Wir sind aber auch froh, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen.“
Flüchtlingsnetzwerker geben Hilfestellung und vermitteln
Ein Flüchtlingsnetzwerker ist eine in der Handwerkskammer angestellte Person, wobei Heidrun Scholz auf die Finanzierung einging, für die zu je einem Drittel Handwerkskammer, Arbeitsagentur und Land aufkommen: „Es ist eine Institution, die wir schon hatten für Jugendliche, die nicht auf Anhieb eine Lehrstelle bekommen haben“, erläuterte die Regionaldirektorin. Sie betonte, dass bei Flüchtlingen der Aspekt Sprache das Haupthandlungsfeld sei.
Auf dem Ausbildungsmarkt in Rheinland-Pfalz sind im vergangenen Jahr 1500 Stellen offen geblieben, es gab aber auch 400 junge Menschen, die man nicht vermitteln konnte. „Hier stellen sich die Fragen, wo wohnen diese und welche Berufe wollen sie“, gab Heidrun Scholz zu bedenken. Die duale Ausbildung gliedere sich in anspruchsvolle Praxis und schulische Laufbahn, in der die Flüchtlinge oft Probleme hätten. Jedoch: „Ohne Ausbildung kann man lebenslang nicht beschäftigt sein“, meinte Heidrun Scholz.
Staatssekretär David Langner schlüsselte die Integrationskette auf, um Flüchtlinge in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. „In Erstaufnahmeeinrichtungen können sie bei Veranstaltungen ihre Fähigkeiten angeben, die genutzt werden, wenn die Menschen in die Kommunen kommen.“ Langner nannte hier das Lotsenhaus, dem ein Beschäftigungspilot angedockt ist. „Es ist einzigartig, dass die Kammern hier mit drin sitzen, denn dann sind auch Arbeitsplätze da“, lobe Heidrun Scholz das Koblenzer Lotsenhaus als Vorbild für das ganze Land. Größtes Problem bei Ausbildung und Arbeitsplatz ist die deutsche Sprache, ohne die man niemanden ausbilden kann, betonten die Vertreter der Handwerkerschaft. Als Beispiel nannte Genoveva Bleser den jungen Eritreer, der bald in dem Plaidter Handwerksbetrieb eine Ausbildung beginnt und schon jetzt zur Berufsschule geht: „Er ist handwerklich sehr gut, aber in der Schule versteht er vieles nicht, da die Anforderung an die Sprache hier sehr hoch ist. Es ist für ihn frustrierend, dass er in den Arbeiten nur 5er oder 6er hat.“
Arbeitsministerin Myriam el Khomri wollte wissen, ob die Lehrlingsausbildung bei Erwachsenen auch kürzer sein kann. Kurt Krautscheid meinte, dass bei einer Einstiegsqualifizierung, z.B. im HwK-Metall- und Technologiezentrum, als erstes Ausbildungsjahr angerechnet werden könnte. Dem widersprach Hans Werner Norren: „Trennen Sie sich von dieser Vorstellung. Ich wäre glücklich, wenn nach 3 Jahren alle Auszubildenden mit Note 3 abschließen würden.“ Die französische Arbeitsministerin lobte die Flüchtlingsausbildung: „Ich bin sehr beeindruckt von der allgemeinen Zusammenarbeit, das ist etwas ganz Besonderes.“ Sie fragte, ob man durch Zusammenarbeit mit der Botschaft auch junge Franzosen aufnehmen könnte. „Das werde ich gerne aufnehmen und die Botschaft kontaktieren“, versprach Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. Bevor zum Schluss den Gästen Geschenke übergeben wurden, lud Myriam el Khomri den HwK-Präsidenten Krautscheid zu einem Handwerkskammertreffen ins nordfranzösische Lille ein.
Bei der Podiumsdiskussion wurden alle Beiträge simultan in französisch bzw. deutsch übersetzt. Fotos: HEP
Im HwK Zentrum besichtigten Arbeitsministerin Andrea Nahles (2.v.l.) und ihre französische Amtskollegin (r.) die Kfz Werkstatt.
