Neuer Bürgermeister für die Stadt Neuwied

Peter Jung: „Sie kennen mich“

Kandidat der Koalition setzt sich knapp gegen Dr. Edith Ulferts durch

20.11.2020 - 08:19

Neuwied. Mit 23 Stimmen wurde Peter Jung, bislang Leiter des Büros vom Oberbürgermeister, vom Neuwieder Stadtrat zum Bürgermeister gewählt. Der 38-Jährige war der Wahlvorschlag der Mehrheitskoalition aus CDU, Bündnis90/Die Grünen und FWG. Die Favoritin von SPD, Linke und Ich tu´s, Dr. Edith Ulferts, erreichte mit 21 Stimmen ein achtbares Ergebnis. Ein Ratsmitglied enthielt sich. „Sie kennen mich“. Mit der Botschaft von Kanzlerin Merkel aus dem Bundestagswahlkampf 2017 warb Peter Jung in der Vorstellungsrunde erfolgreich für sich. Dr. Edith Ulferts zitierte Nanny McPhee aus dem Film „Eine zauberhafte Nanny“. „Wenn ihr mich braucht aber nicht wollt, dann muss ich bleiben, wenn ihr mich wollt aber nicht braucht, dann muss ich gehen“. Der Fachleiterin aus der Kreisverwaltung Stormarn, einer Metropolregion zwischen Hamburg und Lübeck, waren die bittere Vorgeschichte der Bürgermeisterwahl und die Turbulenzen im Rathaus um die Causa Mang bekannt. Die Verwaltungsdirektorin und Vorgesetzte von 130 Mitarbeitern berichtete von ihrer familiären Umbruchssituation, der Berufslaufbahn, die einst als Dekorateurin begann und davon, dass sie Herausforderungen sucht und Lösungen findet. Wenn auch nicht ausreichend, so hatte diese Karriere mit Stationen in ganz Deutschland sowie die anklingende Fachkompetenz im Sozialen mindestens sechs Ratsmitglieder anderer Fraktionen, über die Stimmen von SPD, Linke und Ich tu´s hinaus, beeindruckt. Vielleicht hatte auch Sven Lefkowitz (SPD) Argument einer externen Person, die unbefangen zu Werk geht, überzeugt. Jedenfalls lag er nicht falsch, als er eine breite Unterstützung der Kandidatin für möglich hielt. Mutmaßlich alle 22 anwesenden Ratsmitglieder der Mehrheitskoalition akzeptierten das Vorschlagsrecht der CDU. Mit Peter Jung, das hatten auch die anderen Parteien im Vorfeld bestätigt, wurde ein durchaus von allen Fraktionen geschätzter Verwaltungsexperte, zumal ohne Parteibuch, nominiert. Von einem „absoluten Gewinn“ für die Stadt Neuwied hatte CDU-Chef Martin Hahn in seiner Rede gesprochen. Ebenso von einem empathischen, sympathischen, authentischen, ehrlichen Menschen mit kraftvoller Ruhe, der für die Stadt Neuwied brennt. Besonders hob der CDU-Fraktionsvorsitzende den kommunikativen Führungsstil von Peter Jung hervor. Damit habe sich der Kandidat das Ansehen und Vertrauen von Politik und Verwaltung erarbeitet. Ebenfalls unterstrich Martin Hahn die Kompetenz des Bewerbers. „Ich habe Verwaltung von der Pike auf gelernt“, bestätigte Peter Jung und skizzierte seine Berufslaufbahn, beginnend mit der Ausbildung bei der Verbandsgemeinde Rengsdorf, über das Studium zum Verwaltungsfachwirt, bis hin zum Amtsleiter in der Stadtverwaltung Neuwied, zu der er 2014 wechselte. Der Vater zweier Söhne (6 Jahre und 22 Monate) hat sein ganzes Leben in Hardert verbracht. Der Unterschied zu Dr. Edith Ulferts könnte nicht größer sein. Wie schon bei der Wahl von Ralf Seemann zum Beigeordneten schätzt die Mehrheit der Neuwieder Lokalpolitik diese Berechenbarkeit. Der Fokus liegt auf einem guten Miteinander. „Wir arbeiten bereits vertrauensvoll zusammen“, sagte Peter Jung hinsichtlich seiner Stadtvorstandskollegen Jan Einig und Ralf Seemann. Er versprach einen verlässlichen und strukturierten Beitrag zum Wohle der Stadt leisten zu wollen. Die Motivation seiner Bewerbung liege darin, aus der beratenden Funktion in die gestaltende zu wechseln und Verantwortung zu übernehmen. Der neue Bürgermeister kündigte an, für bessere Rahmenbedingungen in Schulen und Kitas zu sorgen. Dazu zählt die Umsetzung des neuen „Gute-KiTa Gesetz“ und die Digitalisierung der Grundschulen, damit Kinder aller Gesellschaftsschichten gleiche Startchancen ins Leben haben. Das bedarf vor allem viel qualifiziertes Personal für die Kitas und technischer Experten für die Wartung der Endgeräte in den Schulen. Angesichts des Fachkräftemangels, keine leichte Aufgabe. Das Ehrenamt soll ein weiterer Schwerpunkt von Peter Jung werden. „Das Ehrenamt ist von enormer Bedeutung“, sagte der neue Dezernatsleiter für Jugend und Soziales. Die Hilfe für die Benachteiligten der Gesellschaft könnten Politik und Verwaltung allein nicht leisten. Hier komme es auf die karitativen Verbände, die Kirche und die Ehrenamtlichen an. „Ihnen verspreche ich, der persönliche Ansprechpartner und Kümmerer in der Verwaltung zu sein“, unterstrich Peter Jung.

FF

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25.11.2020 16:56 Uhr
Gabriele Friedrich

Hat man etwa immer noch "Angst" vor starken Frauen?
Das aber Frauen die Kandidatin nicht mehr unterstützt haben, ist ein trauriges Beiwerk.
Gerade bei solchen Wahlen in den Kommunen sind Frauen gefragt. In Mayen haben die Frauen die Kandidatin auch nicht gestützt. Ein fataler Fehler, das wird die Zeit zeigen.
Noch immer wählen Männer eben Männer, weil sie mit Frauen nicht zurecht kommen, die dann noch evtl. klüger sind als sie selber. Dann lieber "der gute Schlabbes" ? Mager !



25.11.2020 13:25 Uhr
Helmut Gelhardt

Siegfried Kowallek hat als Kommentator den Sachverhalt klug und zutreffend analysiert.



20.11.2020 09:35 Uhr
Siegfried Kowallek

Dass Edith Ulferts mit ihrer Kandidatur für das Neuwieder Bürgermeisteramt knapp verlor, regt zu einigen für manche Zeitgenossen unangenehmen Überlegungen an. Mit Peter Jung wurde einem grundsoliden Kandidaten der Vorzug gegeben. Man sagt dazu auch „guter Schlabbes“. Die Gegenkandidatin imponierte indes durch Engagement, Innovationsfreudigkeit und Stärke. Insofern ist es schon erstaunlich, dass die grünen Frauen im Stadtrat sich nicht dazu durchringen konnten, dem Anspruch ihrer Partei zu genügen, im Sinne von Feminismus beeindruckende Frauen zu fördern. In der Konsequenz muss man somit grüne Positionierungen zu Feminismus mit nachsichtigem Humor zur Kenntnis nehmen und als letztlich belanglose Folklore ignorieren. Mir ist aber auch zu Ohren gekommen, dass sich für progressiv haltende Männer froh darüber waren, dass Peter Jung gewonnen hatte. Das kann ich sogar nachvollziehen. Von ihrer Performance in der Stadtratssitzung beeindruckt, ist Edith Ulferts als Powerfrau sicherlich für auch sich politisch links verortende Under-Cover-Machos bedrohlich und kränkend. Was bleibt? Immerhin muss man es als Verdienst ansehen, dass SPD, Linke und Neuwieder Bürgerliste den Versuch gewagt haben, Neuwied aus seiner Mittelmäßigkeit herauszuführen. Andererseits. Mit den bisherigen Wirkungsorten von Edith Ulferts kann unsere Stadt möglicherweise nicht mithalten. Dann wären die drei Fraktionen lediglich mit ihrem Versuch gescheitert, nach den Sternen zu greifen. So können viele zufrieden sein. Die Vormodernen sowieso und die mit dem mehr als oberflächlichem Lack zu wertenden progressiven Touch klammheimlich auch.

Siegfried Kowallek, Neuwied



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