Verbandsgemeinde Bad Breisig wählt neuen Bürgermeister

Sebastian Goerke: „Wir müssen mutig vorangehen“

SPD schickt den IT-Berater als Kandidaten ins Rennen um das Amt

Sebastian Goerke:
„Wir müssen mutig vorangehen“

Sebastian Goerke ist vielen Bürgern in der Verbandsgemeinde Bad Breisig bekannt als Vorsitzender des SPD-Ortsvereins und Stadtratsmitglied. Jetzt wirft der IT-Berater seinen Hut in den Ring für die Wahl des Verbandsbürgermeisters. Foto: KMI

18.02.2020 - 12:28

Bad Breisig. Nachdem die CDU die heiße Phase des Bürgermeisterwahlkampfs in der Verbandsgemeinde Bad Breisig mit der Nennung ihres Wunschkandidaten Marcel Caspers eröffnet hatte, reagierte die SPD erwartungsgemäß mit der Bekanntgabe eines eigenen Bewerbers. 21 von 22 SPD-Mitgliedern (bei einer Enthaltung) votierten für Sebastian Goerke. „BLICK aktuell“ sprach mit dem frisch gekürten Kandidaten

BLICK aktuell: Herr Goerke, hat Sie diese frühe Kandidatenentscheidung der CDU überrascht? Hatte die SPD nicht geplant, selbst den ersten Schritt zu unternehmen?

Sebastian Goerke: Die frühe Kandidatenentscheidung der CDU hat uns schon ein Stück weit überrascht. Nein, die SPD hatte nicht geplant, selbst den ersten Schritt zu übernehmen. Man muss aber sehen, dass die Ankündigung und das in die Wege Leiten der Wahl ja zu einem recht späten Zeitpunkt stattfand. Vom Beschluss des Verbandsgemeinderats an gerechnet, sind es lediglich noch drei Monate Zeit bis zur Wahl, und das ist sehr knapp für eine Bürgermeisterwahl.

BLICK aktuell: Sie sind in der Verbandsgemeinde – wie übrigens auch im Stadtrat – angetreten, um mit allen Parteien gemeinsam die Zukunft der Verbandsgemeinde zu gestalten. Statt auf kontroverse und destruktive Auseinandersetzungen wollte die SPD auf Gespräche und Konsens setzen, ließen die Sozialdemokraten verlauten. Ziel sei ein fraktionsübergreifendes Miteinander. Nachdem die CDU aber den Stadtkämmerer Marcel Caspers ins Rennen warf, schienen Sie bei diesen Vorsätzen wieder zurückzurudern. Obwohl Caspers parteiunabhängig ist und auch kein CDU-Parteibuch besitzt, sagen Sie, er stehe für die CDU und für die Verwaltung, für die sich die SPD einen Neuanfang wünscht. Das klingt nicht gerade nach Konsens, oder?

Sebastian Goerke: Sagen wir mal so, wenn Marcel Caspers als wirklich parteiunabhängiger Kandidat antreten würde, hätte er sich nicht zu einem so frühen Zeitpunkt als CDU-Kandidat mehr oder weniger auf den Schild heben lassen. Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, sich über die Stellenausschreibung zu bewerben. Dann hätte man schauen können, ob man zu einer gemeinsamen Unterstützung kommt. Darüber hinaus hat die CDU auch keinerlei Anstalten gemacht, mit uns und, meines Wissens nach, auch nicht mit anderen Fraktionen darüber zu sprechen, ob man nicht gemeinsam einen parteiunabhängigen Kandidaten ins Rennen schickt. Von daher sehe ich nicht, warum die SPD hier nicht damit recht hat, dass Marcel Caspers natürlich der CDU-Kandidat ist, einmal unabhängig davon, ob er ein Parteibuch besitzt oder nicht. Was ihre Argumentation hinsichtlich des Konsenses angeht, denke ich, dass wir uns – und ich glaube, das merkt die Bevölkerung auch – durchaus auf die anderen zubewegt haben. Wir haben sehr viele Gespräche gesucht und versucht, Kompromisslösungen zu finden. Ich glaube auch, dass die Beratungen rund um die Haushaltskonsolidierung der beste Beweis dafür sind, dass wir interessiert sind, für die Bevölkerung das Beste zu erreichen und mit den anderen Parteien einen Konsens zu finden. Das schließt aber nicht aus, dass man trotzdem auf Missstände wie zum Beispiel bei den Kindergärten explizit hinweisen muss. Und wenn wir auf dem Weg der Kommunikation mit der Verwaltung merken, dass es offensichtlich nicht funktioniert, müssen wir damit an die Öffentlichkeit gehen. Das ist ein ganz normaler Prozess, der mit Transparenz und Verantwortung von Kommunalpolitik zu tun hat und zeigt, dass hier in Bad Breisig etwas passieren muss. Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht um einen Konsens mit den anderen Parteien bemüht wären.

BLICK aktuell: Bei der Wirtschaftsförderung setzen Sie auf die Ansiedlung nicht produktionsabhängiger Jobs. Wie müssen wir uns die Umsetzung vorstellen? Sebastian Goerke: Ich habe in meiner Bewerbungsrede skizziert, dass wir vor allem die Chancen der Digitalisierung beim Schopf packen müssen. Das bedeutet eben auch, dass wir hier unsere Wirtschaftspolitik durchaus daran ausrichten sollten, was technologisch heutzutage möglich ist und in der Zukunft möglich sein wird. Wenn wir uns anschauen, welche eingeschränkten Möglichkeiten wir hier in puncto Gewerbegebiete haben, muss man einfach feststellen, dass wir für das produzierende Gewerbe eigentlich kaum noch attraktive Flächen vorweisen oder entwickeln können. Das geht vielleicht noch bis zu einem gewissen Grad, aber es ist schwierig. Deswegen sollten wir überlegen, wie wir die digitale Wirtschaft, die Kreativwirtschaft, also diejenigen, die gar nicht darauf angewiesen sind, an einem bestimmten Ort zu arbeiten und beispielsweise in einem Homeoffice arbeiten könnten oder sich in einem Co-Working-Space treffen, anziehen können. Wie kriegen wir die in unsere Verbandsgemeinde? Wir bieten mit unserer Lage einen weichen Standortvorteil, denn hier kann man wunderbar seine Mittagspause verbringen und in der Landschaft Muße für seine Arbeit suchen, die man vornehmlich am Rechner verbringt. Dieses digitale Arbeiten wird immer wichtiger für die Zukunft, und hier sollten wir Akzente setzen, um unsere Verbandsgemeinde zukunftsfähig zu machen und als attraktiven Standort aufzubauen für Unternehmen, die in dieser Branche unterwegs sind.

Dazu hatte ich ja entsprechende Vorschläge gemacht, dass wir digitale Bildung und Kompetenzen stärker in den Schulen vermitteln, dass wir optimale Ausbildungsmöglichkeiten bereitstellen, insbesondere auch durch ein Bildungszentrum für Jugendliche in Kombination mit einem Coworking Space.

Eventuell auch in Kombination mit einem Digital-Labor, einer Einrichtung, in der Bürgerinnen und Bürger aktuelle und Zukunftstechnologien selbst ausprobieren können, selbst sehen, was geht heutzutage schon und was man daraus an Ideen entwickeln kann. Und wenn wir ein kreatives Milieu schaffen, fördern wir damit auch Innovation vor Ort und das können wir ganz ohne große Gewerbegebiete schaffen.

BLICK aktuell: Sie erwähnen das Thema neue Gewerbegebiete. Ist damit hauptsächlich das schon seit längerem ins Visier genommene Gewerbegebiet in Waldorf an der Autobahn 61 gemeint? Und wenn nicht, wo sehen Sie im Verbandsgemeindegebiet geeignete Flächen? In Waldorf müssen ja auch noch die Politik bzw. die Bürger zustimmen, sehen Sie da Probleme?

Sebastian Goerke: Mit der Einrichtung neuer Gewerbegebiete ist durchaus auch die Idee gemeint, die ja aus der Landesplanung kommt, ein Gewerbegebiet in Autobahnnähe in Waldorf zu errichten. Aber hier muss man natürlich berücksichtigen, dass die Entwicklung solcher Gewerbegebiete immer unter der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger stattfinden muss, und da müssen wir ganz eng mit den Ortsgemeinden und der Stadt zusammenarbeiten. Ich plädiere dafür, in unserer Verbandsgemeinde ein Flächenmanagement einzuführen und in enger Kooperation zwischen Stadt und Ortsgemeinden zu überlegen, wie wir unsere Verbandsgemeinde gemeinsam nach vorne bringen und Flächen auch strategisch entwickeln können. Dazu gehört als ganz elementarer Bestandteil, den Flächennutzungsplan in naher Zukunft fortzuschreiben und weiterzuentwickeln.

BLICK aktuell: Sie sagen, als Sozialdemokrat liegt Ihnen besonders die Bekämpfung der Kinderarmut am Herzen, was können Sie als Verbandsgemeindebürgermeister hier konkret tun?

Sebastian Goerke: Bei diesem Thema muss man sich einmal die Situation vergegenwärtigen, in der wir uns hier befinden und die entsprechenden Zahlen heranziehen. Dabei sieht man schnell, dass die VG Bad Breisig und insbesondere die Stadt Bad Breisig beim Thema Kinderarmut, wie übrigens auch bei der Altersarmut und generell bei der Zahl der Menschen, die Sozialleistungen empfangen, Spitzenreiter im Kreis sind. Hier müssen wir als Kommune unbedingt etwas tun, und wir können ja durchaus auch eine kommunale Sozialpolitik gestalten. Das ist hier bislang eigentlich zu kurz gekommen. Ich würde vielleicht sogar so weit gehen, zu sagen, das Thema Kinderarmut ist bislang hier noch nie groß angegangen worden. Was können wir konkret als Verbandsgemeinde oder die Person des Verbandsbürgermeisters tun? Kinderarmut tritt zum Beispiel immer dann verstärkt auf, wenn die Kinderbetreuung nicht optimal gewährleistet werden kann.

Und immer dann, wenn ein Elternteil zuhause bleiben muss, weil ein Kind betreut werden muss, das nicht in einem Kindergarten unterkommt, bedeutet das für die Familie, weniger Einkommen und dadurch eine soziale Schwächerstellung.

Hier können wir ganz konkret als Kommune gegensteuern, indem wir dafür sorgen, dass das Angebot an Kindergartenplätzen und an Betreuung hier vor Ort optimal stattfindet. Und wir alle kennen die Situation, dass im Kindergarten Sonnenschein aktuell zwei Gruppen weniger betreut werden als möglich, weil wir zu wenig Personal haben.

Dann planen wir auch noch einen neuen Kindergarten in der Stadt Bad Breisig. Das heißt, wir haben einen dringenden Bedarf an Kindergartenplätzen. Aber es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite einen neuen Kindergarten planen und auf der anderen Seite Gruppen schließen. Hier muss das Management bei der Bewirtschaftung der Kindergartenplätze einfach stringenter und wir professioneller werden. Eventuell kann auch das Thema Kindergartenzweckverband eines sein, mit dem wir der Situation begegnen können, indem wir auf Verbandsgemeindeebene enger kooperieren. Da sind wir mit der CDU-Fraktion im Stadtrat einer Meinung.

BLICK aktuell: Wie schätzen Sie selbst als Kandidat Ihre Unterstützung durch die Freien Wähler und die FDP ein?

Sebastian Goerke: Insbesondere mit der Freien Wählergruppe und der FDP haben wir seit den Kommunalwahlen sehr intensive Gespräche über Positionierungen zu bestimmten Themen geführt und auch oftmals einen gemeinsamen Nenner gefunden. Ich gehe davon aus, dass beide Gruppierungen grundsätzlich zu Gesprächen über eine potenzielle Unterstützung bereit sind. Diese Gespräche werde ich auch aktiv suchen. Dabei wird man sehen, wie die beiden Parteien sich platzieren.

Am Ende des Gesprächs definiert der SPD-Bürgermeisterkandidat noch einmal sein oberstes Ziel: „Mir geht es im Kern darum, das Leben der Bürgerinnen und Bürger in meiner Heimat zu verbessern – und nicht um den Job“.

KMI

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