Niedererbacher Anwohner sollen bis zu 140.000 Euro für ihre Sackgasse bezahlen

Straßenbau treibt Bürger auf die Barrikaden

Anlieger sollen Tausende Euro für die Beendigung eines Provisoriums zahlen – Verwaltung sieht wenig Spielraum

19.11.2018 - 10:58

Niedererbach. In der Westerwaldgemeinde Niedererbach stehen sich Recht und Rechtsempfinden unversöhnlich gegenüber. Die 14 Anwohner der provisorisch gebauten Obererbacher Straße sollen für die Erschließung Beiträge von bis zu 140.000 Euro zahlen. Dagegen gehen sie im wahrsten Wortsinn auf die Straße – und protestieren: Der Beitrag von 30 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche sei zu hoch. Die Straße könne auch später gebaut werden, wenn die Preise niedriger sind. Die Verwaltung sagt: Die Erschließung ist vom Gemeinderat beschlossen, der Quadratmeterpreis von 30 Euro liegt im unteren Mittel.


Bedrohlich hohe Beiträge


Tatsächlich könnte das Projekt einige Anwohner in ihrer Existenz bedrohen. Die Grundstücke sind zum Teil sehr groß. In einem Fall ist von 5.000 Quadratmeter die Rede. Sollte der Eigentümer mit der gesamten Größe veranlagt werden, käme sogar ein höherer als der bisher genannte Betrag von 140.000 Euro heraus. Dem Vernehmen nach ist keins der 14 Anliegergrundstücke kleiner als 1.000 Quadratmeter.

Die betroffenen Bürger in der Obererbacher Straße sagen, bisher habe niemand in Niedererbach mehr als 14 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche für die Erschließung seiner Straße gezahlt. VG-Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich sagt im Gespräch mit „BLICK aktuell“: „30 Euro Erschließungsbeitrag liegen im Mittelmaß in der Verbandsgemeinde Montabaur. In anderen Gemeinden waren es auch schon 37 Euro.“ Der Bürgermeister versichert, die Verwaltung arbeite momentan mit Hochdruck daran, die Belastung für die Anlieger so gering wie möglich zu halten. Der ursprünglich auf acht Meter Breite mit Wendehammer geplante Bau der Straße sei auf sechs Meter ohne Wendehammer reduziert worden. Da es sich um eine Sackgasse handele, seien sechs Meter Breite das unterste rechtlich und technisch mögliche Maß für die Straße.


Wert der Grundstücke hat sich gesteigert


Der Bau der Straße sei auf Wunsch der Bürger immer wieder verschoben worden – und das bereits seit 50 Jahren. Die Grundstücke hätten in dieser Zeit eine Wertsteigerung vom Wert für einfache Grünflächen auf nunmehr 80 Euro pro Quadratmeter Fläche erfahren, ohne dass die Anlieger einen Cent für die Straße gezahlt hätten. Eine weitere Verschiebung der Erschließung, so Bürgermeister Richter-Hopprich, sei nicht möglich. Sie soll 2019 gemeinsam mit der Sanierung der angrenzenden Bergstraße erfolgen. Durch die gemeinsame Ausschreibung von Obererbacher- und Bergstraße würden die Arbeiten günstiger. Eine Verschiebung der Sanierung der Bergstraße sei nicht möglich. Auch sei nicht zu erwarten, dass durch ein Abwarten in Zukunft die Baupreise sinken, so Richter-Hopprich.


Richter-Hopprich: „Der Spielraum ist gering“


Der Bürgermeister erklärt: „Wir prüfen alle Möglichkeiten, wie man den Bürgern vielleicht noch entgegenkommen kann. Wir reden da über sehr viele Details.“ Zwei dieser Details sind ein Verzicht auf ein Trennwassersystem, zu dem die Anlieger eigentlich verpflichtet werden müssten. Und die Erhaltung eines talseitig gelegenen Abwasserkanals, damit dort keine Pumpwerke installiert werden müssen. Der Verwaltungs-Chef zu „BLICK aktuell“: „Wir werden nicht mit Gewalt an den Leuten vorbei arbeiten! Aber eine Verschiebung der Maßnahme würde es für die Bürger nur teurer machen. Der Spielraum der Gemeinde ist denkbar gering.“


Abschaffung von Ausbaubeiträgen ist Thema


Mittlerweile hört man, dass zwei Hausbesitzer ihre Immobilien wegen der zu erwartenden Straßenerschließungskosten bereits verkauft haben sollen.

Hohe Erschließungsbeiträge sind immer wieder ein Thema in Deutschland. Die Höhe des zu zahlenden Betrages stehe aber immer im direkten Zusammenhang mit der Größe der Grundstücke. In Niedererbach sei es auch so, dass nicht jeder Betroffene nur ein Haus in dieser Straße besitze.

Aus einer anderen Gemeinde im Westerwaldkreis hat sich aufgrund der Vorfälle in Niedererbach ein Ortsbürgermeister zu Wort gemeldet. Andreas Rath aus Hillscheid schreibt: „Seit diesem Sommer wird in den rheinland-pfälzischen Landtagsparteien lebhaft darüber diskutiert, ob zukünftig weiterhin Anliegerbeiträge für Straßenausbaumaßnahmen erhoben werden sollen. Ich selbst habe mich schon im Sommer in diese Diskussion eingebracht und werbe für ein Ende dieser Beiträge. Die Erhebung überfordert viele Grundstückseigentümer finanziell.“ Der Hillscheider Gemeinde-Chef will seinem Gemeinderat bis zur endgültigen Klärung dieser Frage keine Straßen zum Ausbau vorschlagen, die über Anliegerbeiträge finanziert werden müssten. Allerdings handelt es sich in Niedererbach nicht um einen Ausbau, sondern eine Erschließungsmaßnahme.

Gar von „ruinösen Straßenausbaubeiträgen in Niedererbach“ spricht der AfD-Landtagsabgeordnete Dr. Jan Bollinger: „Natürlich ist der großzügige Ausbau einer Sackgasse fragwürdig. Hier kann auch das Vorgehen der Kommune hinterfragt werden.“ Der Fall Niedererbach zeige sehr deutlich, dass erst die Straßenausbaubeiträge „den einen oder anderen kommunalen Entscheidungsträger dazu veranlassen, so großzügig zu planen“. Denn bezahlen müssten es letztlich die Anwohner. Anliegergebühren von bis zu 140.000 Euro seien ruinös für die Anwohner. Bollinger: „Welcher Normalbürger kann derartige Summen ohne weiteres kurzfristig beibringen? Eine derartig unmäßige Belastung der Bürger ist vollkommen inakzeptabel!“ Die Konsequenz könne nach Ansicht des Landtagsabgeordneten nur heißen: „Weg mit den Straßenausbaubeiträgen!“ Dazu habe seine Fraktion im Landtag einen Gesetzentwurf eingebracht.

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