Forstwirtschaftsplan der Stadt Rheinbach
Trockenheitsschäden und ungewöhnlich starker Schädlingsbefall führen zu hohem Defizit
Stadtförster Sebastian Tölle berichtete im Rheinbacher Haupt- und Finanzausschuss von einem katastrophalen Waldzustand
Rheinbach. Schlechte Nachrichten hatte Stadtförster Sebastian Tölle für den Rheinbacher Haupt- und Finanzausschuss. Auch der Rheinbacher Stadtwald ist von den Trockenheitsschäden und damit einhergehend auch von enormem Schädlingsbefall betroffen, was sich auf die Erlössituation auswirkt. So rechnet Tölle für den Forstwirtschaftsplan 2020 mit einem Defizit von 137.000 Euro, dennoch stimmte der Ausschuss dem Zahlenwerk einstimmig zu. „Die Wirtschaftlichkeit steht bei uns im Stadtwald nicht im Vordergrund“, bemerkte Bürgermeister Stefan Raetz (CDU) und wies auch auf die Bedeutung als Naherholungsfläche hin. Die endgültige Entscheidung über den Forstetat trifft der Rat in seiner nächsten Sitzung am 10. Februar.
Zwar sei die Witterung im Rheinbacher Wald 2019 gegenüber der allgemeinen Situation in Deutschland nicht außergewöhnlich schlecht gewesen, räumte Tölle ein. Ohne das Trockenjahr 2018 wäre es wohl zu keinen größeren Ausfällen bei Baumbeständen gekommen. Doch die starken Schädigungen aus dem Vorjahr habe man wegen fehlender Nässe nicht kompensieren können. „Daraus ergibt sich für den allgemeinen Waldzustand ein katastrophales Gesamtbild, welches jedoch differenziert betrachtet werden muss.“
Der Fichte geht es am schlechtesten
Am schlechtesten gehe es aktuell der Fichte. „Aufgrund der Massenvermehrung beim Borkenkäfer droht hier in den kommenden Jahren ein kompletter Ausfall“, so Tölle. Unabhängig vom Witterungsverlauf sei die Population an Borkenkäfern seit Frühjahr 2018 um mehrere 1000 Prozent angestiegen. „Diese Masse an Käfern schafft es problemlos, große Mengen an Bäumen, die noch gesund sind, zu befallen und sich dann weiter zu vermehren.“ Er vermute, dass ein Rückgang der Population erst durch den Wegfall der Nahrungsquelle, sprich aller Fichten, eintreten werde.
Ebenfalls größere Ausfälle seien bei den älteren Buchenbeständen zu verzeichnen. Insbesondere der Sonne ausgesetzte Exemplare seien 2018 schlichtweg vertrocknet. Das ganze Ausmaß dieser Schäden sei jedoch erst im Sommer 2019 zu erkennen gewesen. Bäume, die im Frühjahr noch grün geworden seien, hätten aufgrund vertrockneter Wurzeln nicht mehr ausreichend Feuchtigkeit bekommen und von der Spitze an zu welken begonnen. Davon seien insgesamt 5000 Kubikmeter Buche betroffen, was in etwa dem doppelten Jahreszuwachs entspreche.
Douglasie bringt die stärksten wirtschaftlichen Einbußen
Weiterhin schlecht gehe es der Douglasie. Hier seien wirtschaftlich für die Zukunft die größten Einschnitte zu befürchten. Auch 2019 sei der bereits aus dem Vorjahr zu erkennende Nadelabwurf weiter fortgeschritten. „Die ersten beiden älteren Douglasienbestände mussten fast komplett gefällt werden. Auslöser für diese Schädigung scheint weiterhin primär die Douglasiengallmücke zu sein, die aus Nordamerika eingeschleppt wurde“, erklärte Tölle. Allein die Fichte und die Douglasie hätten im Rheinbacher Wald einen Anteil von 18 Prozent, was eine Gesamtfläche von fast 150 Hektar ausmache.
Ungünstigerweise sei auch noch der Fichtenpreis komplett eingebrochen. Für hochwertige Hölzer, für die Anfang 2018 noch fast 100 Euro gezahlt worden seien, liege der aktuelle Marktpreis bei nur noch 30 Euro. Minderwertige Holzsortimente könnten aktuell nicht einmal mehr kostendeckend eingeschlagen werden. Auch für die zu fällenden Buchen seien die Preise schlecht. Hier liege es aber besonders an der geringen Holzqualität. Ehemals hochwertige Sägehölzer seien nur noch als Brennholz abzusetzen.
Dennoch habe sich der Forstwirtschaftsbetrieb 2019 getragen. Weil man wegen des Käferbefall außerplanmäßig viel Holz schlagen musste, habe man im Holzverkauf entsprechend deutlich höhere Erlöse erzielt. Sie beliefen sich auf über 400.000 Euro. „Dieses Ergebnis ist jedoch kein Grund zu feiern, da hierfür über 6000 Kubikmeter Schadholz eingeschlagen werden mussten. Das ist fast das Doppelte eines normalen Jahres.“ Parallel seien jedoch auch die Kosten für die Holzfällung deutlich höher gewesen, als es geplant wurde. Ein Teil der höheren Erlöse beim Holzverkauf wurden bereits hier wieder verschlungen.
Erlöse werden deutlich niedriger ausfallen
Eine ähnlich hohe Einschlagszahl sei auch für das Jahr 2020 zu vermuten. Allerdings werden die Erlöse deutlich geringer sein, da der Markt nicht mehr hergebe, sagte Tölle voraus. Planmäßige Einschläge werde es 2020 vermutlich nicht mehr geben, der Forstbetrieb beschränke sich auf die zwangsweise anfallenden Schadholzmengen, insbesondere in den stärker frequentierten Waldbereichen. In abgelegenen Beständen, wo auch die Verkehrssicherheit nur eine untergeordnete Rolle spiele, werde das Schadholz in großen Mengen als Totholz stehen gelassen. „Es dient so dem Naturschutz deutlich mehr, als wenn man es vermarktet.“
Bezüglich der Erlössituation gehe man von weiter deutlich sinkenden Preisen aus und wolle einen Mindestertrag von 220.000 Euro erwirtschaften. Parallel müsse man höhere Ausgaben für die Beschaffung geeigneter Ersatzpflanzen eingeplant. „Wegen der intensiven Nutzung unseres Stadtwaldes als Naherholungsgebiet sind wieder Unterhaltungsmaßnahmen am Wegenetz vorgesehen“, erläuterte Tölle weiter. Wie in der Vergangenheit werde weiterhin versucht, die Wanderwegunterhaltung auf einem hohen Niveau zu gewährleisten. In gleicher Weise kümmere man sich auch um das Reitwegenetz. Die Mittel hierfür würden vom Land NRW gegenfinanziert, sodass hier für die Stadt keine Kosten anfielen.
JOST