Vor 70 Jahren - Borgward im Motorsport

Am Nürburgring vorne mit dabei

Am Nürburgring vorne mit dabei

Erster Sieg eines Borgward Rennsportwagens 1500 RS mit Joakim Bonnier (S) beim Schauinsland Bergrennen 1958. Foto: Ridder

Am Nürburgring vorne mit dabei

Der sehr leistungsfähige 1,5 Liter Motor wurde auch in der Formel 2 mit einem Cooper-Fahrgestell eingesetzt und wurde mit Stirling Moss (GB) inoffizieller ‚Formel 2-Weltmeister‘. Foto: Archiv Völker

Am Nürburgring vorne mit dabei

Eine große Werbetafel für Borgward Autos aus Bremen oberhalb der Boxengasse. Jahresmiete einige tausend DM. Foto: Ridder

Am Nürburgring vorne mit dabei

Drei Borgward Rennsportwagen vor den Boxen am Nürburgring. Ein Rennen mit den damals populären 1,5 Liter Rennsportwagen. Foto: Archiv Kunze

Am Nürburgring vorne mit dabei

Rekordfahrten waren in den 50iger Jahren noch sehr populär und somit werbewirksam. Hier der Borgward-Rekordwagen auf der Rennstrecke in Montlhery bei Paris (F).Foto: Archiv Ridder

Nürburg. Borgward, ein Name, an den man sich in der deutschen Automobilgeschichte der Nachkriegszeit gerne erinnert. Auch die Borgward Rennsportwagen mit 1,5 Liter Motoren waren vorne mit dabei. Hinzu kommen noch die Einsätze mit Borgward-Motoren in der Formel 2 mit der Motorsportlegende Stirling Moss.

Doch nach 70 Jahren erinnern sich nur noch wenige an die glorreichen Erfolge im Motorsport. Es war also an der Zeit, dass die Historiker sich der Motorsportära Borgward annahmen und zu Papier brachten, was sich damals auf den Rennstrecken der Welt mit Borgward Rennsportwagen und Borgward Rennmotoren ereignet hat. Und diese Autoren sind Kenner der Motorsportszene und haben die Borgward-Zeit teils miterlebt oder über Jahrzehnte aufgearbeitet: Bernhard Völker, der Gymnasiallehrer aus Stuttgart und seit Kindheit Nürburgringkenner und der Borgward-Historiker und Verleger Peter Kurze aus Bremen.

Zusammen mit Bernhard Völker habe ich als junger Motorsportfan Borgward Rennsportwagen am Nürburgring erlebt. Auch war ich beim ersten Sieg eines Borgward Rennsportwagen 1500 RS beim Schauinsland Bergrennen vor den Toren Freiburgs 1958 dabei. Der Schwede Joakim Bonnier siegte. Gut erinnere ich mich auch an eine große Werbetafel oberhalb der Boxen, die den Borgward-Werken wohl jährlich ein Vermögen an Miete gekostet hat.

Nach dieser Vorgeschichte komme ich zum Buch mit dem Titel „Borgward Rennsportwagen – Einsatz und Technik“.

Mit Rekordfahrten fing alles an

Im August 1950 erregt eine Nachricht nicht nur in Automobil-Fachkreisen erhebliches Aufsehen. In Montlhéry bei Paris hat ein Fahrzeug mit der Bezeichnung „Borgward Hansa 1500 Typ Inka“ zwölf internationale Rekorde der Klasse F (bis 1500 cm³ Hubraum) aufgestellt. In dem Betonoval mit Steilkurven, Rundenlänge 2,5 km, hat es über lange Distanzen – 1000 bis 5000 Meilen, 12 bis 48 Stunden – Geschwindigkeiten zwischen 144 und 172 km/h erzielt. Und das, während die Mehrheit der damals in Deutschland produzierten Autos Mühe hatte, 110 km/h zu erreichen!

Borgward ist allen ein Begriff: Die Unternehmensgruppe aus Bremen, die auch die Marken Goliath und Lloyd umfasste, hatte die schlimmsten Kriegsschäden überwunden und stellte neben Pkw auch Lastkraftwagen und Omnibusse her. Im Jahr 1949 wurde der Typ Hansa 1500 auf dem Genfer Automobilsalon präsentiert, der durch seine neuartige Karosserie beeindruckte. Das war das erste Fahrzeug in Deutschland in Ponton-Form, d.h. ohne abgesetzte Kotflügel über den Rädern. Aber „Inka“? Das hat doch wohl kaum etwas mit der faszinierenden Hochkultur in Südamerika zu tun, die im 16. Jahrhundert von den spanischen Konquistadoren vernichtet wurde? In der Tat nicht: Es ist die Abkürzung für „Ingenieur-Konstruktions-Arbeitsgemeinschaft“. Eine Gruppe von Fachleuten der ehemaligen Auto Union hatte sich aus der Sowjetischen Besatzungszone in den Westen abgesetzt und in der Nähe von Oldenburg ein selbständiges Büro für innovative Entwürfe gegründet.

Rennsportwagen ab 1952

Die Klasse der Rennsportwagen bis 1,5 Liter war anfangs der 50er Jahre populär: Dabei waren Veritas Rennsportwagen auf der Basis der Vorkriegs-BMW 328, da war der Porsche Spyder 550, Gordini aus Frankreich, Maserati und Osca aus Italien sowie später noch Cooper aus England und AWE/EMW aus der ehemaligen DDR. Ein komfortables Starterfeld, auch mit Grand-Prix-Fahrern der Vorkriegszeit sowie F1-Rennfahrern der 50er Jahre. Und die Borgward Rennsportwagen aus Bremen mischten in diesem internationalen Feld vorne mit.

Auch am Nürburgring waren die Borgward Rennsportwagen durchaus erfolgreich, so belegten die ‚Bremer Renner‘ beim ersten 1000km-Rennen 1953 sogar einen vielbeachteten 3. Platz im Gesamtklassement. 1954 gelang sogar ein Doppelsieg beim Eifelrennen – und in Schweden wurde auf Plakaten von dem Doppelsieg berichtet. 1958 wieder ein Start beim 100km-Rennen mit drei Fahrzeugen und mit der Starbesetzung Hans Herrmann und Joakim Bonnier. Doch alle drei Borgwards fielen aus.

Aus finanziellen Gründen zog Ende 1958 Borgward die wunderschönen Rennsportwagen 1500 RS aus der Motorsportszene zurück. Allerdings taucht beim Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring hin und wieder mal ein neu aufgebauter Borgward 1500 RS auf, pilotiert von Fritz Jüttner, dem Sohn von Fritz Jüttner Senior, der erfolgreich die Rennsportwagen aus Bremen mit entwickelt und auch gefahren hat.

Auf all diese Ereignisse gehen die Autoren Völker und Kurze im Detail ein.

Doch die Einsätze der Rennsportwagen waren teuer und belasteten das Budget der finanziell angeschlagenen Borgward-Werke schwer. Die Firma Borgward musste 1961 in Konkurs gehen, weil es keine finanzielle Hilfe vom Land Bremen (wie bei BMW in Bayern) gab.

Hans Hermann, Rennlegende aus Stuttgart und Werksfahrer der Borgward 1957 und 1958, schreibt dazu: „Gerade weil diese Truppe so überschaubar war, ging man locker miteinander um, in einer familiären Atmosphäre, mit Scherzen und Lachen. Leider wurden die Männer der Versuchsabteilung, die für den Rennsport zuständig waren, von der Firmenleitung weit weniger unterstützt als die in Zuffenhausen bei Porsche – und das wirkte sich natürlich aus. Aber gerade deswegen ist bemerkenswert, was sie geleistet haben, denn in ihren besten Zeiten waren die Wagen aus Bremen ihren Konkurrenten fast ebenbürtig.“

Während der motorsportliche Teil des Buches vor allem von Bernhard Völker, einem exzellenten Kenner der historischen Rennsportszene, geschrieben wurde, befasst sich Peter Kurze vor allem mit der Technik. So werden die einzelnen Motoren in Wort und Bild beschrieben und die Technik der unterschiedlichen Radaufhängungen mit exzellenten Zeichnungen dargestellt.

Resümee

Fast 10 Jahre hat Borgward Motorsport betrieben und das auch gegenüber der großen Firma Porsche erfolgreich. Es macht Spaß, in dem Buch über die einmalige Geschichte der Rennsportwagen aus Bremen zu lesen.

Das Buch mit 120 Seiten im Format A 4 kann für 24,90 Euro direkt beim Autor und Verleger Peter Kurze bezogen werden (pk@peterkurze.de)

Klaus Ridder