Interessante Führung durch den Domsteinbruch in Berkum

Die Tränen des Kölner Doms

Historikerin Dr. Barbara Hausmanns brachte 100 Interessierten die wechselhafte Geschichte des Steinbruchs nahe

20.09.2013 - 10:00

Berkum. Niemand kann so bildhaft und anschaulich über den Domsteinbruch in Berkum erzählen, wie die Historikerin und Wachtberger Gemeindearchivarin Dr. Barbara Hausmanns. Das erlebten fast 100 Interessierte bei einer der überaus seltenen Führungen der Volkshochschule Rheinbach durch den pittoresken Trachyt-Steinbruch, der sich seit vielen Jahren in Privatbesitz der Familie Edmund Jung befindet. Dabei hat das mittlerweile etwas verwilderte Gelände eine recht wechselvolle Geschichte hinter sich, ebenso wie das dort gebrochene Trachyt-Gestein, das den melancholischen Beinamen trägt: „Die Tränen des Kölner Doms“.


Abfuhr der schweren Blöcke auf Holzkarren


Schon die alten Römer nutzten den Steinbruch am Berkumer Hohenberg. Der Trachyt wurde insbesondere im Straßenbau, aber auch für Militär- und Städtebau gebraucht. Die Römer hatten ihre liebe Mühe, den in Berkum gebrochene Trachyt von der Höhe herab in die Militärlager Bonn und Remagen zu transportieren. Die Abfuhr der schweren Blöcke auf Holzkarren war überaus mühsam. Auch mehr als 1600 Jahre später stellte der Transport der Steinquader die Steinhauer vor große Probleme, denn schließlich sollten grob „bossierte“ Steinblöcke in das gut 40 Kilometer entfernte Köln transportiert werden. Dort brauche man sie für die lange überfällige Fertigstellung des Domes. Dombaumeister Zwirner fädelte eine abenteuerliche Transaktion mit mehreren Mittelsmännern zum Ankauf der Steinbrüche ein. Doch der Bruch bot schlechte Voraussetzungen. So sollte von einem tieferen Punkt des Berghangs ein Abfuhrweg anlegt werden, um an die gewünschten Blöcke zu kommen. Wider Erwarten stieß man bei den Einschnittarbeiten auf jede Menge soliden Fels. Zeitweise arbeitete nur noch ein einsamer Mann an der Erschließung des neuen Bruches, und schließlich drohte das ganze Unternehmen in der zweiten Hälfte des Jahres 1840 zu platzen. Bis eine Kabinettsorder der preußischen Regierung noch einmal eine Geldspritze zu Verfügung stellte. So dauerte es bis März 1841, als die ersten brauchbaren Steine aus dem neuen Bruch die Dombauhütte in Köln erreichten.


Nicht so witterungsbeständig wie gedacht


Leider zeigte sich schon bald, dass die Steine nicht so witterungsbeständig waren, wie Dombaumeister Zwirner anfangs vermutet hatte. Schädliche Umwelteinflüsse bewirken nämlich, dass sich nach wenigen Jahrzehnten große Stücke der aus diesen Steinen hergestellten Teile lösten und von der Domfassade zu Boden fielen. So kam der Berkumer Trachyt Ende des 19. Jahrhunderts zu seinem wenig schmeichelhaften Etikett: „Tränen des Kölner Doms“.


Gefährliche Arbeiten


Dabei war die Arbeit im Domsteinbruch alles andere als einfach und auch durchaus gefährlich, wie Zeitzeugen berichteten. So ließen sich die Männer an dicken Seilen, die an Bäumen oberhalb des Buchs befestigt waren, zu den steilen Felsen herab. Dann bohrten sie mit Handbohrern Löcher in den Stein und stopften dort Sprengladungen hinein. Wenn das Hornsignal erklang, wurde es höchste Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Die Wucht der Sprengladungen ließ nicht nur die Steine auf den Grund des Bruches kullern, sondern verursachte auch so manchen Hörschaden bei den Steinmetzen. Zugleich wurden große Mengen Feinstaub aufgewirbelt, dem die Männer mehr oder minder schutzlos ausgeliefert waren, was nicht selten zu der gefürchteten Staublunge führte. Schließlich wurden die rohgebrochenen Felsen mit Muskelkraft zum Platz der Steinmetze gebracht, die dort den Trachyt in schweißtreibender Arbeit mit Hammer und Meißel in transportfähige Quader verwandelten, wobei große Mengen Abfallmaterials übrig blieben.


Erzgrube Laura war der attraktivere Arbeitgeber


Dort, in der historischen Steinhauerwerkstatt aus dem Jahr 1842, lebte einst Steinhauermeister Pauly samt Ehefrau und achtköpfiger Kinderschar. Davon ist heute nur noch das liebevoll restaurierte „Haus der Steinmetze“ mit seinen eindrucksvollen Torbögen und Fenstersimsen erhalten, das mittlerweile als Pferdestall dient. Doch nach der Blütezeit des Domsteinbruchs in den 1840er Jahren ging der Bedarf an Berkumer Trachyt langsam zurück. Der Vertrag mit Pauly wurde zwar bis 1874 verlängert, es wurde aber immer schwieriger, Arbeiter für die anstrengende und gefährliche Beschäftigung zu finden. Die nur wenige Kilometer entfernte Erzgrube Laura in Kürrighoven erwies sich als der attraktivere Arbeitgeber, bei dem offenbar mehr für die „Malocher“ herauskam, wie Hausmanns erläuterte. So musste sich Steinhauermeister Pauly den Zeitläuften stellen und dem Steinbruchgeschäft „Adieu“ sagen. Er eröffnete 1872 eine Gastwirtschaft in Berkum, wurde dennoch am 20. Februar 1874 vom Gerichtsvollzieher aus dem Anwesen am Steinbruch geworfen, weil er die fälligen Pachtzahlungen an den Dombaumeister nicht mehr erbringen konnte. Viel war allerdings aus dem Bruch nicht mehr herauszuholen, so dass der letzte Pächter die Arbeit am Berkumer „Hohenberg“ im Jahre 1907 einstellte.


Theateraufführungen im Steinbruch


Die Berkumer machten das Beste aus der Situation, und das wildromantische Gelände wurde in den folgenden Jahrzehnten Zeuge für manch ungestörtes Schäferstündchen der örtlichen Jugend, berichtete Hausmanns augenzwinkernd. Es gab auch einen kleinen Festplatz mit einer Naturbühne und einem terrassenförmig aus Abraum errichteten Atrium, von hohen Felswänden umschlossen, die als beliebter Veranstaltungsort diente. Neben stimmungsvollen Musikveranstaltungen gab es dort ausgelassene Sommer-, Bürger- und sogar Pfarrfeste. Höhepunkte seien wildbewegte Theateraufführungen der Berkumer Gesellschaft „Erholung“ gewesen , bei denen dramatische Stoffe bis hin zu Wilderergeschichten szenisch umgesetzt worden seien. Diese Tradition habe sich bis in den Sommer 1944 gehalten.

Heute ist das weitläufige, nicht ungefährliche Steinbruchgelände nicht mehr öffentlich zugänglich, die Gemeinde Wachtberg hat jedoch schon vor Jahren den ehemaligen Domsteinbruch als Bodendenkmal eintragen lassen und damit als erhaltungswürdiges Kulturgut anerkannt, das die 2000-jährige Handwerks- und Technikgeschichte der Region belegen soll.

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