Borromäerinnen verlassen Ende des Jahres das St. Nikolaus-Stiftshospital
„Der Abschied berührt uns tief, wir werden sie sehr vermissen!“
Andernach. „Unsere Sorge - der Mensch“, so überschrieb nicht nur das St. Nikolaus-Stiftshospital sein Leitbild, dieses Motto ist zugleich selbstverständliche Maxime für die im Andernacher Krankenhaus nun schon seit fast 170 Jahren wirkenden Borromäerinnen. Die christliche Tradition des Hauses, so versichert Geschäftsführerin Cornelia Kaltenborn, wird weiterhin Bestand haben, doch die lange Geschichte des liebevollen Einsatzes der Borromäerinnen und die vertraute Begegnung der Patienten und des Krankenhauspersonals mit den menschfreundlichen und ehrfürchtigen Frauen im schwarzen Habit geht dem Ende entgegen.
Einsatz in vielfältigen Bereichen
1845 kamen die ersten drei Borromäerinnen ins Hospital. Hier wirken die Nachfolgerinnen bis heute in vielfältigen Funktionen. Die „Barmherzigen Schwestern vom hl. Karl Borromäus“, kurz Borromäerinnen genannt, zählen zu einer katholischen, caritativ tätigen Ordensgemeinschaft, die 1652 in Nancy gegründet wurden. Zwei der sieben selbstständigen Kongregationen befinden sich in Deutschland, für die des Schwestern St. Nikolaus-Stiftshospital mit dem Mutterhaus in Trier.
Früher organisierten die Ordensschwestern in Andernach die gesamte Einrichtung, ihre Fürsorge galt den Kranken, Armen und Waisenkindern. Auch sorgten sie dafür, dass Menschen die Sakramente der Kirche gespendet wurden. In den letzten Jahrzehnten wurde die menschliche Zuwendung des derzeit aus sechs Borromäerinnen bestehenden Andernacher Konvents, schwerpunktmäßig den Patienten des Krankenhauses und den Senioren des Marienstifts zuteil. Der Aufgabenkatalog der noch im St. Nikolaus-Stiftshospital lebenden und arbeitenden Schwestern Adeltrudis, Edeltrud, Lucella, Erika und Teresa, die die erkrankte Oberin Maria-Theresia vertritt, gestaltet sich immer noch vielseitig. So sind die Ordensschwestern zum Beispiel in der Seelsorge, im Küsterdienst in der Hospitalkirche, im Altenheim und im Service Wohnen tätig. Aber auch in der Patientenverwaltung, der Krankenhausbücherei und an der Pforte des Seniorenzentrums Marienstift trifft man auf sie.
„BLICK aktuell“ im Gespräch mit Schwester Teresa und Cornelia Kaltenborn
„BLICK aktuell“: „Wann und wie haben Sie von der geplanten Auflösung ihres Konvents erfahren?“
Schwester Teresa: „Unsere Generaloberin brachte mich und zwei Mitschwestern aus Trier im Juni mit dem Auto in Urlaub. Das war ungewöhnlich. Nachdem wir auf dem Arenberg eingetroffen waren, eröffnete sie mir, dass man im Orden überlegt habe, wie es mit dem Konvent in Andernach weitergehen könne. Der Beschluss der Auflösung stand schon fest, da kein Ersatz für die erkrankte Oberin Sr. Maria-Theresia zur Verfügung steht. Für mich war es dann auch der richtige Zeitpunkt für die Maßnahme, denn wäre Ersatz entsendet worden, hätte ein anderer Konvent schließen müssen. Und schließlich, wir werden auch nicht jünger und die Belastbarkeit der Schwestern (Anmerkung: Durchschnittsalter weit über dem regulären Rentenzeitpunkt) ist nur noch sehr eingeschränkt dem Arbeitsalltag gewachsen.“
Cornelia Kaltenborn: „Bevor uns der mit dem Orden vereinbarte Gestellungsvertrag gekündigt wurde, hatte ich Gelegenheit, bei einem Besuch der Generaloberin zusammen mit Schwester Maria-Theresia über die geplante Auflösung zu sprechen. Da habe ich sie gefragt, ob wir irgendetwas für den Verbleib der Schwestern in unserem Hause tun können. Die Generaloberin Schwester M. Elisabeth Mues hat mir dann aber nach einigen Tagen mitgeteilt, dass sie keine Möglichkeit sehe. Dann kam Ende Juni, wie angekündigt, der Brief mit der Kündigung.“
„BLICK aktuell“: „Wie war ihre erste Reaktion?“
Cornelia Kaltenborn: „Der Abschied der Schwestern berührt uns tief. Wir werden sie sehr vermissen.“
„BLICK aktuell“: „Schwester Teresa, sie sind jetzt zehn Jahre im Stiftshospital. Wann haben sie diesen Abschied kommen sehen?“
Schwester Teresa: „ Von Anfang an. Mit Blick auf das Durchschnittsalter im Konvent.“
„BLICK aktuell“: „Wie haben ihre Mitschwestern auf den Rückruf reagiert?“
Schwester Teresa: „Mit einem zwiespältigen Gefühl, auch in mir. Einerseits würde man gerne alles weiterlaufen lassen, man ist integriert, hat seinen Freundes- und Bekanntenkreis, die Arbeit macht Freude, man hat hier sein Zuhause. Andererseits atmet sicherlich die eine oder andere Schwester auf, weil sie nun abgeben kann.“
„BLICK aktuell“: „Frau Kaltenborn, die Borromäerinnen waren fest in verschiedene Aufgabenbereiche eingebunden. Wie wollen sie die zahlreich entstehenden Lücken ausgleichen?“
Cornelia Kaltenborn: „Mit Pfarrer Wagner, Pastoralreferentin Dorothee Strietholt und einer ehrenamtlichen Seelsorgemitarbeiterin haben wir weiterhin ein Seelsorgeteam, aber der Weggang von Sr. Maria Theresia, die sich einfühlsam um die Sterbenden und ihre Angehörigen gekümmert hat, reißt eine Lücke. Wir sprechen derzeit mit Interessenten für den Küsterdienst. Ehrenamtlich wird sich auch jemand um die Patientenbibliothek kümmern. Wir werden sicherlich die Aufgaben verteilen können, aber der vertraute Anblick der Ordensschwestern ist nicht zu ersetzen. Sie waren für uns auch oft wie eine „Feuerwehr“ in Ausnahmesituationen.“
„BLICK aktuell“: „Wie werden Sie und ihre Mitschwestern künftig eingesetzt beziehungsweise leben?“
Schwester Teresa: „Wir werden in verschiedene Konvente unserer Gemeinschaft gehen, z.B. nach Boppard, nach Wallerfangen, Auw oder auf den Petrisberg und das Priesterseminar in Trier.“
„BLICK aktuell“: „Eine 170-jährige Tradition beendet man wohl nicht mit einem „Tschüss“. Wie werden sie die Verabschiedung der Schwestern feiern?“
Cornelia Kaltenborn: „Am 8. Dezember um 16 Uhr werden wir den Abschied in der Hospitalkirche mit einem feierlichen Gottesdienst begehen, dem Weihbischof Jörg Michael Peters vorsteht. Im Anschluss empfangen wir die Gäste im Saal unseres Wohnheimes.“
„BLICK aktuell“: „Schwester Teresa, ich wünsche Ihnen und Ihren Mitschwestern von Herzen alles Gute für die Zukunft, Gottes Segen und dass Ihnen viel von der Liebe und Zuwendung zurückgegeben wird, die Sie in Ihrem Leben den Menschen geschenkt haben.“
Das Gespräch führte Michael Krupp.